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Künstler der Schaufel: Erzählungen aus Kolyma 3 (German Edition)

Künstler der Schaufel: Erzählungen aus Kolyma 3 (German Edition)

Titel: Künstler der Schaufel: Erzählungen aus Kolyma 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warlam Schalamow
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an eine Abspaltung von der Verbrecherwelt dachten sie nicht im Geringsten – weder früher, noch jetzt. Die verletzte Eigenliebe der Autoritäten, die keine Autoritäten mehr waren, das Bewusstsein der Vergeblichkeit des eigenen Handelns, das zum Verrat an den Kameraden erklärt wurde, die Erinnerung an die harte Zeit des Kriegs – all das verschlechterte die Beziehungen und heizte die Atmosphäre in der Unterwelt aufs Äußerste an. Es gab unter den Dieben auch solche, die aus Seelenschwäche in den Krieg gezogen waren – man hatte ihnen mit Erschießung gedroht, und man hätte sie damals auch erschossen. Die Schwächeren folgten den Anführern, den Autoritäten – das Leben ist immer das Leben, sind die Menschen.
    Die großen Ganoven, die »Anführer der Kriegertruppe«, waren verblüfft, aber nicht bestürzt. Nun gut, wenn das alte »Gesetz« sie ablehnt, dann verkünden sie ein neues. Und sie verkündeten ein neues Gesetz der Diebe – 1948 in der Etappe in der Bucht von Wanino. Siedlung und Hafen Wanino waren im Krieg gebaut worden, nach der Explosion im Hafen der Nachodka-Bucht.
    Die Anfänge dieses neue Gesetzes waren mit dem halb legendären Namen eines Ganoven mit dem Beinamen »König« verbunden, eines Mannes, von dem die Diebe »im Gesetz«, die ihn kannten und hassten, viele Jahre später respektvoll sagten: »Na, wie auch immer, einen Ducho hatte er …«
    Geist, Ducho, ist ein eigener Begriff der Diebe. Er bedeutet Kühnheit und Hartnäckigkeit und Schreihalsigkeit und eine Art Draufgängertum, außerdem Beständigkeit neben einer gewissen Hysterie und Theatralik …
    Der neue Moses besaß diese Qualitäten in vollem Maße.
    Nach dem neuen Gesetz war es den Ganoven erlaubt, im Lager als
starosta
, als Arbeitsanweiser, als Vorarbeiter, als Brigadier zu arbeiten und eine weitere ganze Reihe der zahlreichen Posten im Lager zu übernehmen.
    Der König vereinbarte mit dem Chef der Etappe etwas Schreckliches: er versprach, in der Etappe vollkommene Ordnung herzustellen und mit den Dieben »im Gesetz« aus eigenen Kräften fertigzuwerden. Wenn es im äußersten Fall zu Blutvergießen komme – bitte er, darüber hinwegzusehen.
    Der König erinnerte an seine militärischen Verdienste (man hatte ihm im Krieg einen Orden verliehen) und deutete an, dass die Leitung vor einem Zeitpunkt stehe, zu dem die richtige Entscheidung das Verschwinden der Verbrecherwelt, der Kriminalität in unserer Gesellschaft herbeiführen könne. Er, der König, nehme diese schwierige Aufgabe auf sich und bitte, ihm nichts in den Weg zu legen.
    Wahrscheinlich hat der Chef der Etappe Wanino sofort die oberste Leitung informiert und die Zustimmung zur Operation des Königs erhalten. In den Lagern geschieht nichts aus Willkür der lokalen Leitung. Umso mehr, als nach der Regel jeder jedem nachspioniert.
    Der König verspricht, sich zu bessern! Ein neues Gesetz der Diebe! Was will man mehr? Das ist es, wovon Makarenko träumte, die Erfüllung der sehnlichsten Wünsche der Theoretiker. Endlich sind die Ganoven »umgeschmiedet«! Endlich ist sie da, die langerwartete praktische Bestätigung der vieljährigen theoretischen Übungen, angefangen von Krylenkows »Gummiband« und endend mit der Theorie der Vergeltung bei Wyschinskij .
    Die Lagerleitung, daran gewöhnt, in den »
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« und den »Fünfunddreißigern« »Volksfreunde« zu sehen, achtete wenig auf die verborgenen Prozesse, die in der Verbrecherwelt abliefen. Keinerlei bedrohliche Information traf von dort ein, die Lagerleitung hatte ihr Netz von Denunzianten und Informanten an ganz anderen Stellen. Mit den Stimmungen und den Fragen, die die Verbrecherwelt umtrieben – befasste sich niemand.
    Die Diebe hätten sich schon lange bessern sollen – und schließlich war der Moment gekommen. Zeichen dafür, sagte die Leitung, war das neue Diebesgesetz des Königs. Es war das Ergebnis der wohltätigen Wirkung des Krieges, der sogar in den Kriminellen patriotische Gefühle geweckt hatte. Wir haben doch Werschigora gelesen, wir haben von den Siegen der Rokossowskij-Armee gehört.
    Die Veteranen unter den Chefs, die im Lagerdienst ergraut waren, glaubten zwar nicht, dass »von Nazareth Gutes kommen« kann, aber fanden bei sich, dass die Spaltung, die Feindschaft der beiden Diebesgruppen untereinander nur Gutes und Gewinn für die übrigen, gewöhnlichen Menschen bringe. Minus mal Minus ergibt Plus – mahnten sie. Versuchen wir es.
    Der König bekam die Zustimmung zu seinem

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