Kuenstlernovellenovellen
Martyrium des Mannes und den Applaus der Menge. Kam diese da als Kollegin, als Komödiantin zum Künstler? Wollte sie Rat holen, wie man nach ganz hohen Erfolgen greift? Er hatte von ihren Worten nichts erfaßt, glaubte keines; er fragte erregt: „Aber, was führt Sie her?"
„Die Liebe zu Ihnen, Mario Malvolto", wiederholte sie, und ihre Stimme zitterte leicht.
„Contessina, Sie sind ein Kind. Wenn Sie mich liebten, warum haben Sie nicht einen Ihrer Freunde beauftragt, mich Ihnen vorzustellen? Ich hätte mich Ihnen zu Füßen gelegt."
„Zu Hause wären wir nicht frei gewesen. Um uns lieben zu dürfen, hätten wir uns heiraten müssen."
„Ah!"
Er empfand eine böse Genugtuung.
„Die Contessina Cantoggi würde mich nicht zum Mann wollen!"
Und sie, ohne zu verstehen:
„Sie würden sich mir versprochen haben, Mario, ohne zu wissen, wer ich bin. Sie würden versichert haben, mich zu lieben, und hätten vielleicht geheuchelt. Wenn ich das merkte, wäre alles aus. Ich will, daß wir uns lieben, ohne daß jemand darum weiß. Sie können sich nicht ausmalen: ich werde von der schönen Cantoggi geliebt, und ganz Florenz weiß es. Hören Sie? Das können Sie nicht."
Er murmelte:
„Glaubst du, ich sei so niedrig eitel?" „Nein, ich glaub' es nicht! Verzeih! Ich bin eifersüchtig im voraus. Ich möchte dich einschließen hier." Sie trat lebhaft auf ihn zu, in sein Zimmer hinein. „Und ich könnte nicht ertragen, daß wir uns vor Fremden sehen, uns mit Zurückhaltung sprechen müßten. Ich möchte vor dir immer - du, ich liebe dich!" Sie öffnete, über eine letzte Schüchternheit hinwegspringend, rasch die Arme: „Ich möchte vor dir immer nackt sein!" Ihn überkam eine Wallung; er griff nach ihr. „Wenn ich glauben könnte, daß du wirklich da in meinen Armen liegst!"
Den Mund auf ihrem Haar, stöhnte er. Die seltene Frau, die mit unbedachter Leidenschaft ihn reich machen wollte: da war sie, da war das Wunder. Eins der jungen Mädchen, klaräugig hervorspähend aus ihrer Welt, in die kein Weg führte: da war es, da war das Wunder.
„Wenn ich es glauben könnte!"
„Du fühlst mich", sagte sie bebend. „Und daß ich dich liebe, das mußt du doch fühlen."
„Ich fühle", sagte er, mitleidig mehr mit sich als mit ihr.
„Und du willst mich lieben?"
„Ich will. Ob ich will?" rief er schmerzlich. Sie fragte, das Gesicht versteckt an seinem Halse:
„Hast du mich schon einmal schön gefunden? Hättest du mich haben wollen?"
„Immer dich!"
Und er wußte, daß er lüge und dennoch aufrichtig sei. Er hatte alle begehrt, würde immer alle begehren. Aber hielt er nicht alle in dieser? Vielleicht, vielleicht. „Auch ich", sagte sie und sah groß auf. „Immer dich!" „Dann wußtest du, daß du heute abend durch das Loch im Vorhang ein Auge trafst, und wessen Auge?" „Nein."
„Nicht? Hast du mich nicht viele Male in den Logen bemerkt? Und heute auf der Bühne, als gerufen ward?" „Nein. Ich wußte noch immer kaum, wie du aussahst. Als du eintratest, zögerte ich. Es konnte auch ein Fremder, ein Freund von dir sein." Er war sprachlos.
„Wir haben so lange in San Gimignano gewohnt", erklärte sie. „Erst seit Papa tot ist und mein Bruder in Florenz in Garnison steht, wohne ich hier." „Also kommst du, weil ich berühmt bin." „Berühmt? Ich weiß nicht. Vielleicht hat man in meiner Gegenwart einiges dummes Zeug über dich geredet; ich wußte aber nicht, daß du gemeint seiest. Ich hatte deine Bücher gelesen, aber ohne nach deinem Namen zu sehen."
Mario Malvolto dachte: ,Das ist der Ruhm.'
„Es waren Menschen darin,die ich verstand. Ich sagte mir: so hätte ich gehandelt, so würde ich fühlen, wenn „Wenn
„Wenn ich diesen Mann fände. Bei meinem Verlobten, das wußte ich, konnte ich davon nichts erleben." „Ja, Sie sind verlobt."
„Ich war es. Ich habe, bevor ich zu dir kam, ihm abgeschrieben."
„Ich fasse das alles nicht."
„Es ist so einfach. Heute abend, in deinem Stück, sah ich dieselben Menschen leben und sterben, die ich aus deinen Büchern kannte. Sie waren heftiger als die Leute, mit denen ich diniere und Korso fahre. Sie lächelten nicht soviel, und ich konnte ihnen glauben - weil sie ja starben!"
„Weil sie starben."
„Zu Hause sah ich nach dem Namen des Verfassers auf den Romanen. Es war deiner, da fuhr ich her." Er war entzückt. Welche vertrauensvolle, entschlossene Leidenschaft! Daß man dem zusehen, ihm nachtasten durfte! Aber er besann sich: sie wollte von ihm
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