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Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Titel: Künstlerpech: Palzkis achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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können.«
    Frustriert drückte ich auf die untere Klingel, die kurz und prägnant mit ›Guru‹ betitelt war.
    Sekunden später hallte uns aus dem Kellerbereich eine Stimme entgegen. »Ich komme gleich, ich sitze auf’m Klo.«
    Zwei geräuschvolle Wasserspülvorgänge später kam Guru die Treppe hoch. Typen wie ihn beschrieb ich seit Jahren mit ausschließlich zwei Worten: ›Langhaariger Bombenleger‹. Das war jetzt nicht persönlich gemeint, unter Umständen hatte er mit Bombenlegen nicht viel am Hut, aber genauso stellte ich mir einen vor. Wenn ich mal Albträume hatte, träumte ich davon, dass sich mein Sohn Paul im Lauf der Zeit in so ein Individuum verwandeln würde. Gott sei Dank passierte so etwas in der Realität immer nur in anderen Familien.
    »Tach«, sprach ich ihn an, das musste genügen. »Wir wollen in die Wohnung von Bernhard Tuflinsky.«
    Guru zog seine zerrissenen Jeans hoch, wahrscheinlich hatte er die Toilette zu zügig verlassen.
    »Was wollen Sie von ihm?« Der Langhaarige zog die Nase ziemlich unappetitlich hoch. »Der ist nicht da. Keine Ahnung, wo er sich rumtreibt.«
    »Und sein Sohn?«, hakte ich nach.
    Jetzt vibrierten seine Nasenflügel wie die eines Kaninchens. »Aber das bin doch ich.«
    Unzählige Gedanken schwirrten mir durch den Kopf. Bei solch einem Sohn müsste man ja sogar einen Suizid des Vaters in Betracht ziehen. Um keine allzu große Verlegenheitspause entstehen zu lassen, fragte ich ihn: »Wieso heißen Sie dann Guru und nicht Tuflinsky?«
    »Ich heiße beides. Tuflinsky ist mein Nachname, und Guru ist die Abkürzung meiner Vornamen. Meine Eltern haben mich nach meinen Opas Gustav-Rudi getauft. Aber so ein Name ist ja heutzutage nicht verkehrsfähig, zumindest nicht in meinem Alter. Daher werde ich von allen nur Guru gerufen.«
    Gerhard mischte sich ein und zückte seinen Dienstausweis. »Dürfen wir bitte kurz reinkommen?«
    Er zuckte zusammen. »Polizei? Oje, was hat mein Alter jetzt wieder angestellt?«
    Oha, er wusste anscheinend noch nichts vom Tod seines Vaters.
    »Wieso wieder ?«
    »Kommen Sie nicht aus Seckenheim? Mein Vater sitzt im Gemeinderat. Die fetzen sich dort fast bis aufs Blut. In Seckenheim wird schon lang keine sachliche Politik mehr betrieben. Es gibt nur noch zwei Lager. Mein Alter gegen alle anderen. Die fechten ihre Machtkämpfe aus, eine Politikklamotte sondergleichen.«
    Da hatten wir es schon, dachte ich. Ein Drama wie so oft, wenn auch ein politisches, war der Auslöser des Verbrechens. Nun denn, dieses Mal würde der Fall schnell gelöst sein.
    Noch wollte ich die Todesnachricht zurückhalten.
    »Wohnt Ihr Vater allein?«
    Guru lachte und bekam davon einen trockenen Raucherhustenanfall. »Mit seiner Lebenseinstellung bleibt ihm nichts anderes übrig. Er ist der größte Spießer, den es gibt. Wenn er abends heimkommt, schaut er sich den Musikantenstadl und ähnliche Sendungen an. Nichts trübt seine spießbürgerliche Welt. Aber wehe, er ist in Sachen Politik unterwegs. Mein Vater ringt um eine Mehrheit, um einen Tunnel unter dem Neckar zu bauen. Dabei braucht Seckenheim das überhaupt nicht. Aber hier geht es ums Prinzip, die Notwendigkeit steht nicht zur Debatte. Er will sich um seine Heimatgemeinde verdient machen, sich ein Denkmal errichten.«
    Genauso ist es in Schifferstadt auch, dachte ich. Und wahrscheinlich in den meisten Gemeinden Deutschlands ebenso. Speziell in Schifferstadt gab es bereits einige, die sich ein Denkmal setzen wollten, einigen war es sogar gelungen, allerdings in fast allen Fällen ein eher negatives.
    »Dürfen wir trotzdem mal kurz reinkommen?«, beharrte Gerhard.
    Guru machte den Weg frei. »Dann gehen Sie mal runter, passen Sie aber auf, das Geländer ist etwas verklebt, da müsste mal wieder jemand sauber machen.«
    Der versiffte Handlauf sah aus, als hätte man ihn durch stinkenden Morast gezogen. Die nicht viel sauberere Einliegerwohnung bestand mit Ausnahme der Toilette und der Küche aus einem einzigen großen Raum. Die schmierige Couch war übersät mit Dutzenden lustiger Taschenbücher von Walt Disney. Guru bot uns Platz an, was wir aus hygienischen Gründen freundlich ablehnten.
    »Was machen Sie eigentlich beruflich, Herr Guru, äh, ich meine Herr Tuflinsky?«
    Er winkte ab. »Sie können ruhig Guru zu mir sagen, das macht mein Vater auch. Beruflich bin ich in so einer Art Orientierungsphase. Ich probiere alles aus, was mir Spaß macht und nicht zu anstrengend ist. Pro forma bin ich an der Hochschule

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