Künstlerpech: Palzkis achter Fall
im Erfinden von Ausreden war.
»Herr Diefenbach, wir haben uns selbstverständlich etwas dabei gedacht. Wir arbeiten nämlich ressourcenschonend. Nachdem Herr Steinbeißer und ich gestern geklärt hatten, dass Frau Wagner und Sie als guter Chef den ganzen Tag im Büro zu tun haben, haben wir uns bereits über die ersten Ermittlungsansätze Gedanken gemacht. Das ist hilfreicher, als wenn wir zu viert im Waldspitzweg herumgesessen und auf die Akten gewartet hätten.«
Für einen kurzen Moment war es still in der Leitung.
»Und warum sind Sie immer noch zu Hause, Palzki?«
»Wir sind bereits auf dem Sprung, Herr Diefenbach. Um diese Zeit können wir schließlich noch nicht bei den vielen Verdächtigen auftauchen. In ein paar Minuten sind wir bei Ihnen.«
»Dann beeilen Sie sich mal.« Was jetzt kam, schlug dem Fass den Boden aus. KPD begann, ›Im Frühtau zu Berge‹ zu singen. Sofort fiel mir die Parodie mit der Klimbim-Familie aus den Siebzigern ein. Bevor der Rauchmelder über mir an der Decke ansprang, legte ich auf.
Mir blieb nichts anderes übrig, als Gerhard anzurufen.
»Sag mal, muss das sein, Reiner?«, schnauzte er mich am Telefon an. »Die Jasmin schläft noch, es war eine anstrengende Nacht.«
»Schön für dich, Kollege. Ich bin fit und ausgeruht. Wir sehen uns in einer Viertelstunde. Mach dir mal Gedanken, wie wir KPD endlich loswerden.«
»In einer Viertelstunde? Weißt du, wie ich aussehe?« Gerhard machte eine Gedankenpause. »Ich rufe meine Schwester an. Die Doris ist Moderatorin beim SWR 4 Kurpfalzradio. Vielleicht kann die mal ein paar KPD-Details über den Äther schicken. Mein Schwesterherz macht das bestimmt für mich. Da muss mir nur noch eine verrückte Geschichte einfallen.«
»Dann kannst du ja alles nehmen, was wir bisher mit unserem Chef erlebt haben.«
Gerhard lachte und ich legte auf.
Die Blitzdusche nützte nur olfaktorisch. Ich verabschiedete mich kurz von Stefanie, die alle Hände voll zu tun hatte und deprimiert winkte. Für ein Frühstück nahm ich mir keine Zeit. Da würde ich unterwegs improvisieren.
Gerhard war einen Deut schneller. Er kam mir aus Juttas Büro entgegen. »Niemand da«, meinte er unsicher. »Vielleicht ist sie mal zur Toilette?«
»Nein«, antwortete ich, »so etwas kommt in einem Kriminalroman niemals vor.«
»Wie bitte?«
»Ach, vergiss es, da hat mir Becker mal wieder etwas in den Mund gelegt, der elende Gauner.«
Gerhard schaute mich an, als würde er an meinem Geisteszustand zweifeln. »Wo könnte Jutta sein?«
Das war eine gute Frage. Es blieb nur eine einzige Möglichkeit übrig.
»Bei KPD?«
Gerhard nickte.
Widerwillig gingen wir in Richtung des Arbeitszimmers unseres Chefs. Hoffentlich sang er nicht mehr.
Schwungvoll, aber ohne sichtbare Begeisterung, öffnete ich die Tür und blickte in sein Reich. Nicht einmal in 1001 Nacht könnte man sich solch einen opulenten Raum vorstellen. Erst kürzlich hatte KPD seinen Thronsaal, alle anderen Beschreibungen für sein Büro würden der Sache nicht gerecht werden, um eine 50-KW-Klimaanlage aufgewertet. Vermutlich würde das ausreichen, um im Sommer eine Pinguinzucht betreiben zu können.
KPD war allein.
»Guten Morgen, Herr Diefenbach«, schleimten wir uns simultan ein.
»Wir sind schon eine Weile hier«, ergänzte ich. »Können Sie uns sagen, wo wir Frau Wagner finden?«
»Die musste mal zur Toilette«, antwortete unser Chef mit einem nervösen Blick zur Uhr.
»Mir läuft die Zeit davon, meine Herren. Nicht genug, dass ich meinen Fall aufzuklären habe, muss ich auch noch Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ohne mich würde die ganze Inspektion im Chaos versinken.«
Jutta kam mit einer Kanne Kaffee herein. »Guten Morgen, ihr beiden. Ihr seid heute früh dran.« Sie lächelte gemein.
»Ich bin seit fünf Uhr im Dienst«, polterte KPD. »Da war noch alles dunkel, und ich musste die Lichtschalter für die Flurbeleuchtung suchen.«
»Die schaltet sich doch automatisch ein, wenn man die Alarmanlage in unserem Stockwerk ausschaltet.«
»Das habe ich bemerkt«, bestätigte KPD. »Im Dunkeln sind drei Beamte der Schutzpolizei über mich hergefallen, weil sie dachten, ich sei ein Einbrecher. Nicht einmal im eigenen Haus ist man seines Lebens sicher.«
Es war nicht einfach, so früh am Morgen einen Lachanfall zu unterdrücken. Mein knurrender Magen, den auch Diefenbach wahrnahm, lenkte mich von seinem Abenteuer ab.
»Wenigstens wissen wir jetzt, dass die Alarmanlage funktioniert«,
Weitere Kostenlose Bücher