Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
grinste. Aha, dachte er. Aber sich einfach so aus dem Haus zu schleichen, das ist in Ordnung? „Na, jetzt lauf aber wieder ganz schnell rein. Deine Mom wird bestimmt sauer, wenn sie dich hier erwischt.“
Sam nickte und wandte sich ab. Aber dann drehte er sich noch einmal zu Luke um. „Warum magst du meine Mama nicht?“
Verblüfft ließ Luke die Hände sinken. „Wie kommst du denn darauf?“
„Na ja, beim Abendessen hast du gar nicht mit ihr gesprochen. Dabei hat sie sogar Kalb gemacht, und das macht sie sonst nur an ganz besonderen Tagen.“
Das Essen hatte heute wirklich richtig gut geschmeckt. „Ich glaube, ich habe deswegen nichts gesagt, weil ich die ganze Zeit daran dachte, was ich noch alles erledigen muss“, erwiderte Luke. „Normalerweise bin ich hier allein, da bin ich es nicht gewohnt, mich beim Essen zu unterhalten.“
Wie komme ich eigentlich dazu, einem fünfjährigen Jungen so etwas zu erzählen?, fragte er sich. Außerdem war es nur eine billige Ausrede. In Wirklichkeit hatte er einfach nicht gewusst, was er zu Emily sagen sollte. Als er ins Haus gekommen war, hatte es überall nach Möbelpolitur und frischem Flieder geduftet. Sie hatte ein paar Zweige abgeschnitten und in die Vase gestellt, die seine Mutter auch immer benutzt hatte. Und sofort waren bei Luke alte Erinnerungen hochgekommen. Er hatte sich in eine Zeit zurückversetzt gefühlt, in der das Haus noch mit Leben gefüllt gewesen war. Mit seiner Familie. Er erinnerte sich an das warme Lächeln seiner Mutter und an die ständigen, liebevollen Spötteleien seines Vaters. Und dann war mit einem Mal alles vorbei gewesen …
Den ganzen Tag über hatte er an Emily denken müssen. Daran, wie sie ihm morgens Pfannkuchen zubereitet hatte. An ihr hübsches Lächeln und ihre sanfte Stimme. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er sich irgendwie zuhause gefühlt. Und gleichzeitig war ihm bei diesem Gefühl unwohl geworden, es hatte ihm Angst gemacht. Irgendetwas sagte ihm, dass er höllisch aufpassen musste. Also würde er lieber darauf achten, ihr nicht zu nahe zu kommen.
„Ich glaube, du hast ihr wehgetan“, sagte Sam. „Dabei ist meine Mama richtig lieb.“ Luke sah, wie der Junge trotzig das Kinn hob, und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Sie kocht richtig lecker und liest mir Gutenachtgeschichten vor. Und sie macht tolle Dinosauriergeräusche.“
Ich bin einfach zu weich, das ist mein Problem, dachte Luke. Ihm taten die beiden ja jetzt schon leid, dabei wusste er noch nicht mal genau, was eigentlich mit ihnen los war. Und genau genommen hatte er auch gar kein Interesse, es zu erfahren. Auf gar keinen Fall wollte er sich verantwortlich für Emily und ihren Sohn fühlen, schließlich lastete schon genug auf seinen Schultern. Es war ja nicht nur die Sorge um die Ranch. Und auch wenn seine Schwestern inzwischen aus dem Haus waren, so blieb immer noch sein Vater, der rund um die Uhr betreut werden musste. Noch mehr Pflegefälle wollte und konnte er sich nicht leisten. Nein, für ihn war Emily eine Haushälterin, mehr nicht. Und das sollte auch so bleiben. Punkt.
Und trotzdem … als er heute Cait und ihre frisch geborene Tochter Janna besucht hatte, war er sich irgendwie einsam vorgekommen. Und eigentlich ging ihm das genauso, wenn er Liz und ihre Töchter besuchte. Luke wusste, dass seine Schwestern ihn für distanziert hielten und der Meinung waren, er könne mit Kindern nicht viel anfangen. Aber die traurige Wahrheit sah ganz anders aus: Weil er wusste, dass er selbst nie Kinder bekommen würde, war es für ihn am einfachsten, auf Abstand zu gehen.
„Doch, Sam, ich mag deine Mom“, sagte er schließlich. „Und das Abendessen hat mir sehr gut geschmeckt. Aber ich war mit meinen Gedanken ganz woanders. Weißt du, ich musste noch ganz dringend diese Maschine reparieren, damit wir das ganze Heu da draußen zusammenpacken und die Tiere im Winter damit füttern können.“
Sam machte ein missmutiges Gesicht. „Mama hat gesagt, wenn wir nicht hierbleiben können, müssen wir zu Oma und Opa. Dabei weiß ich nicht mal, wie die aussehen.“
Luke lehnte sich gegen die Heupresse und sah den Jungen aufmerksam an. Wie kam es, dass Sam seine Großeltern nicht kannte? Regina war nicht gerade in der Nähe von Calgary, aber wiederum auch nicht so weit entfernt, als dass man nicht hin und wieder dort hinfahren und die Großeltern besuchen könnte.
„Ach komm, du hast deine Oma und deinen Opa doch bestimmt schon mal
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