Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
seine Freiheit.“
Mit der Spitze ihrer Sandalette malte sie ein Herz in den Sand. „Zum Glück hatte ich noch ein paar Ersparnisse, damit haben Sam und ich uns erst mal über Wasser gehalten, während ich auf Jobsuche war.“
Luke stieß eine wüste Beschimpfung aus, und Emily lachte erstaunt auf.
„Ja, so habe ich ihn im letzten Jahr auch öfter genannt. Und gleichzeitig habe ich gehofft, dass er zu uns zurückkommen würde. Ich dachte, es sei nur eine vorübergehende Krise, und dass unsere Ehe noch zu retten wäre. Aber das war ein Irrtum. Irgendwann habe ich begriffen, dass Rob nicht zurückkommen würde. Inzwischen war mein Erspartes fast aufgebraucht. Da habe ich die Scheidung eingereicht.“
„Manchmal ist das Leben wirklich unfair. Das Einzige, was man dann noch tun kann, ist weiteratmen“, erwiderte Luke.
Emily sah zu ihm hin. Aber es war zu dunkel, um seinen Gesichtsausdruck zu erkennen. Sprach er etwa aus Erfahrung? Bezog er sich auf das, was er durchgemacht hatte, als seine Mutter vor vielen Jahren gestorben war? Einerseits wollte sie mehr über ihn wissen, andererseits kam es ihr sicherer vor, nicht nachzufragen.
Gemeinsam gingen sie zum Haus zurück. Der unheimlich klingende Schrei einer Eule war zu hören. Emily erschauerte und rieb sich die Arme.
„Sie frieren ja.“
„Nein, mir geht’s gut“, gab sie zurück. „Und ich bin froh, dass Sam und ich aus Calgary weggezogen sind. In der Stadt hat ihn alles an unser altes Leben erinnert, und er konnte diese Erinnerungen nicht loslassen. Wie auch? Er ist doch noch so klein. Sam wünscht sich bis heute, dass sein Daddy irgendwann wieder zurückkommt.“
Emily schob beide Hände in die Hosentaschen. „Monatelang war ich auf Jobsuche“, erzählte sie. „Doch alles, was für mich noch infrage kam, war entweder viel zu schlecht bezahlt, um mir eine Kinderbetreuung leisten zu können. Oder ich hätte im Schichtdienst arbeiten müssen. Aber wenn man keine geregelten Arbeitszeiten hat, ist es wiederum fast unmöglich, überhaupt eine Kinderbetreuung zu finden.“
Sie seufzte. „Darum war ich unglaublich dankbar, als mir die Agentur diese Stelle angeboten hat“, fuhr sie fort. „Die Aufgabe liegt mir, außerdem kann ich mich dabei auch noch um Sam kümmern. Das Haus in Calgary habe ich inzwischen verkauft. Ich will noch mal ganz von vorn anfangen. Wenn das nicht klappt, kann ich immer noch zu meinen Eltern. Aber das möchte ich eigentlich nicht. Ich glaube, das reizt die wenigsten, oder? Wieder bei Mom und Dad einzuziehen?“
Luke blieb unvermittelt stehen. Er schaute erst zum Haus, dann in den Nachthimmel. Schließlich machte er einen tiefen Atemzug. „Ach, vielleicht ist das gar nicht mal so schlimm“, sagte er mit leiser Stimme. Dann drehte er sich zu ihr um und sah sie an. Sein Blick schnürte Emily die Kehle zu.
„Ich glaube aber nicht, dass Sie sich Sorgen zu machen brauchen. Irgendwie kommen Sie mir vor wie jemand, der immer auf den Füßen landet.“
Sie hob den Kopf und lächelte Luke an. Gedankenverloren betrachtete er ihr Gesicht. Ja, sie ist eine wunderschöne Frau, dachte er. Aber das ist noch nicht alles. Sie strahlte so eine ruhige Entschlossenheit aus, die er mindestens genauso anziehend fand wie ihr hübsches Gesicht. Außerdem schreckte sie nicht vor harter Arbeit zurück – wenigstens nach dem zu urteilen, was sie auf seiner Ranch bislang schon alles geschafft hatte. Als vor einem Jahr ihre ganze kleine Welt in sich zusammengebrochen war, hatte sie offenbar ruhig und besonnen reagiert und es aus dem Nichts heraus geschafft, für sich und Sam zu sorgen. Ihr Sohn konnte sich glücklich schätzen, eine so tolle Mutter zu haben.
„Hoffentlich haben Sie das eben nicht nur aus Freundlichkeit gesagt“, entgegnete sie. „Auf Mitleid kann ich nämlich gut verzichten.“
„Trauen Sie mir etwa zu, dass ich freundlich sein kann?“ Luke zwinkerte ihr zu.
„Da haben Sie auch wieder recht.“ Ihre Augen funkelten belustigt. Luke beobachtete, wie sie sich mit der Zunge über die Lippen fuhr, und für einen Moment stockte ihm der Atem.
Dabei hatte er tatsächlich Mitgefühl mit ihr: Es tat ihm leid, dass ihr Ex-Mann sie so im Stich gelassen hatte und sie jetzt ganz auf sich allein gestellt war. Wie es sich anfühlte, plötzlich für alles allein verantwortlich sein zu müssen, wusste er selbst nur zu gut. So oft hatte er sich schon Unterstützung gewünscht: erst als seine Mutter gestorben war, dann als man bei seinem
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