Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
Kleine begann, daran zu nuckeln.
„Na ja, Luke ist doch so …“ Angestrengt suchte Emily nach dem richtigen Ausdruck. Luke war kein Mann der vielen Worte, wohl aber ein aufmerksamer Beobachter. Wenn er etwas sagte, traf es meist den Kern der Sache. „Er nimmt die meisten Dinge nicht gerade auf die leichte Schulter, oder?“
„Ja, er ist ein sehr ernster Mensch, aber das ist nur verständlich“, erwiderte Liz. „Er hatte es nämlich nicht leicht, und Cait und ich haben ihn früher ganz schön geärgert.“
„Haben Ihre Eltern da nicht …“
„Ich meine, nachdem unsere Mom gestorben ist und Dad in ein Pflegeheim musste. Das hat einen ganz anderen Menschen aus Luke gemacht. Davor war er ein fröhlicher, entspannter Typ und ständig mit den Jungs unterwegs.“
Lukes Vater in einem Pflegeheim? Das war ihr neu. Aber er hatte Emily sowieso noch nicht viel von sich erzählt.
„Wie alt waren Sie damals?“
„Luke war zwanzig, Cait fast siebzehn und ich fünfzehn. Eigentlich alt genug, um mich vernünftig zu benehmen. Andererseits steckte ich gerade mitten in der Pubertät und habe mich auch so aufgeführt. Alles musste sich immer nur um mich drehen. Verstehen Sie, was ich meine?“
Das verstand Emily allerdings.
Während der Unterhaltung mit Liz fügten sich einzelne Puzzleteile langsam zu einem Gesamtbild zusammen. Nun wusste sie, warum Luke so früh die Verantwortung für die Ranch und seine beiden Schwestern hatte übernehmen müssen. Schrecklich, was er durchgemacht haben musste … War er vielleicht deswegen oft so ernst und nachdenklich? „Und was war mit Luke?“, hakte sie nach.
Liz runzelte die Stirn. „Hat er Ihnen denn noch gar nichts von dieser Zeit erzählt?“
„Na ja, nicht viel. Aber ich bin ja auch erst seit ein paar Tagen hier. Da hatten wir noch nicht so viele Gelegenheiten für persönliche Gespräche.“ Sie sagte das, obwohl es nicht ganz der Wahrheit entsprach. So intensiv wie mit ihm hatte sie noch mit niemandem über ihre zerbrochene Ehe gesprochen. Überhaupt hatte es in der kurzen Zeit, in der sie hier wohnte, immer wieder Momente gegeben, in denen sie einander erstaunlich nah gekommen waren. Nicht nur, als sie sich geküsst hatten. Aber davon wollte sie seiner Schwester lieber nichts erzählen.
„Dann ist es vielleicht besser, wenn Luke Ihnen selbst von dieser Zeit erzählt“, erwiderte Liz.
„Na ja, er ist auf dem Gebiet nicht besonders gesprächig.“
„Das kann ich mir vorstellen. Mit Cait und mir spricht er auch nie darüber. Aber fragen Sie ihn doch einfach mal“, schlug sie vor. „Vielleicht ist es bei Ihnen ja anders.“
Sie hat ja recht, dachte Emily. Die Frage ist bloß, ob ich dann auch eine Antwort bekomme …
„Joe meinte, dass sich zwischen Ihnen beiden etwas entwickelt.“
Emily sah Lukes Schwester verblüfft an. Mit dieser unvermittelten Frage hatte Liz sie völlig aus dem Konzept gebracht. Also darum ging es ihr. Liz sollte herausfinden, ob zwischen ihnen etwas läuft. Und vermutlich auch, um zu prüfen, ob sie überhaupt die Richtige für ihren Bruder wäre. Aber dieses Spiel wollte Emily nicht mitspielen. „Sie sind ja ganz schön direkt“, bemerkte sie reserviert.
Liz begegnete ihrem Blick. „Na ja, Luke ist immerhin unser Bruder, und wir lieben ihn. Da wünschen wir uns natürlich, dass er glücklich ist.“
„Aber nicht gerade mit mir, oder?“, gab Emily kühl zurück. Natürlich nicht, dachte sie. Was habe ich schon zu bieten? Eine traurige Vergangenheit und eine ungewisse Zukunft.
„Das haben Sie jetzt gesagt – nicht ich.“
„Na ja, ich bin eine alleinerziehende Mutter und lebe im Moment praktisch von der Hand in den Mund.“
Jetzt bloß kein Selbstmitleid. Um sich abzulenken, stand Emily auf, holte sich Schüssel und Messer und fing an, die Erdbeeren zu putzen, die Liz mitgebracht hatte.
„Geld ist meinem Bruder nicht wichtig, er hat selbst genug.“ Liz’ Tonfall klang eine Spur verächtlich. „Er braucht etwas ganz anderes. Und ich dachte, das wäre Ihnen auch klar. Aber vielleicht habe ich mich getäuscht.“
Emily erstarrte. Bisher war sie immer davon ausgegangen, dass sich alle anderen nur für Äußerlichkeiten interessierten und es nicht für wichtig erachteten, hinter die Fassade zu sehen. Dass man sie sofort als minderwertig abstempeln würde, weil sie kein Geld und keine feste Arbeitsstelle hatte … und weil ihr Mann sie verlassen hatte.
Aber vielleicht waren das Befürchtungen, die gar nicht der
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