Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
würde es gerne wissen, wenn du es mir erzählen magst.“
„Da gibt es nichts zu erzählen“, antwortete er schroff und umklammerte die Flasche so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
„Er ist in einer Pflegeeinrichtung, oder?“
Luke hob den Kopf und sah sie ärgerlich an. „Liz redet viel zu viel, wenn der Tag lang ist.“ Seine Stimme klang aufgebracht.
„Ja, im Gegensatz zu dir. Warum willst du mir denn nicht sagen, was damals passiert ist? Warum du dich von heute auf morgen von deiner Jugend verabschieden musstest, um die Ranch zu übernehmen?“ Sie ging zu ihm und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Bitte, Luke. Ich habe dir doch auch meine Geschichte erzählt. Vielleicht hilft es dir sogar ein bisschen, darüber zu reden.“
„Ganz bestimmt nicht. An der Situation lässt sich nichts ändern, da kann ich noch so lange reden.“
„Ändern vielleicht nicht“, räumte sie ein. „Aber möglicherweise fühlst du dich danach nicht mehr so allein. Jedenfalls ging es mir schon ein ganzes Stück besser, nachdem ich dir neulich von meiner Trennung erzählt habe.“
Einige Sekunden lang war es totenstill in der Werkstatt. Emily rechnete schon gar nicht mehr mit einer Antwort, da fing Luke schließlich doch an zu erzählen. Seine Stimme klang angestrengt und rau, als würde jedes einzelne Wort ihn unendlich viel Mühe kosten.
„Dad hat sich damals ziemlich komisch benommen. Er war so vergesslich und durcheinander. Aber nach Moms Tod waren wir alle ziemlich durch den Wind. Doch allmählich wurde uns klar, dass hinter dieser Vergesslichkeit mehr steckte als Trauer und Stress. Und als dann eines Nachts fast das Haus abgebrannt ist, weil er sich Spiegeleier machen wollte, haben wir doch etwas unternommen.“
„Was war denn los? Was hat dein Vater?“
„Alzheimer. Und bei ihm ist die Krankheit besonders früh ausgebrochen. Seitdem lebt er in einer Pflegeeinrichtung. Anfangs war es noch nicht ganz so schlimm, da hat sich der Nebel noch hin und wieder gelichtet, und wir konnten richtig gut mit ihm reden. Über die Ranch, über uns, unsere Mom … Aber allmählich wurden solche Momente seltener und die Abstände immer größer. Tja, und in letzter Zeit … wird es immer nur noch schlimmer. Ich glaube, ihm bleibt nicht mehr viel Zeit hier.“
Emily musste an die Fotos auf dem alten Plattenspieler im Wohnzimmer denken und an Lukes betroffenes Gesicht, als er das Bild seiner Eltern betrachtet hatte. Auch ihr Schlafzimmer mit der vergilbten Spitzendecke und der Chenille-Bettdecke kam ihr wieder in den Sinn. Auf den ersten Blick hatte es einen traurigen, verlassenen Eindruck auf sie gemacht. Wahrscheinlich hatte niemand mehr darin übernachtet, seit sein Vater ins Pflegeheim gekommen war. Und jetzt durfte sie dort schlafen. Sie kam sich dabei ein bisschen komisch vor, war aber gleichzeitig berührt.
„Deswegen musstest du damals die Ranch übernehmen“, sagte sie.
Mit schmerzerfülltem Blick sah er sie an. „Ja, und mich außerdem um die beiden Mädchen kümmern.“
„Aber so jung waren die beiden doch auch nicht mehr! Fünfzehn und siebzehn, oder?“
„Stimmt, und solche Sachen wie Kochen oder Wäschewaschen haben sie auch ganz gut hingekriegt. Aber sie brauchten noch jemanden, der sie in die richtige Richtung wies. Ich war nicht viel älter, gerade mal zwanzig. Und bestimmt nicht erwachsen genug, um angemessen mit zwei pubertierenden Teenagern umzugehen. Trotzdem habe ich versucht darauf zu achten, dass sie vernünftig aufwuchsen, keine dummen Sachen machten und die Schule beendeten.“
„Und dafür hast du deine eigenen Bedürfnisse zurückgestellt.“
„Was hätte ich denn machen sollen? Außerdem hat es sich doch gelohnt. Cait und Liz haben beide ihren Abschluss in der Tasche, haben gute Jobs gefunden, wunderbare Männer geheiratet und Familien gegründet. Du kannst dir vielleicht denken, wie erleichtert ich darüber bin.“
Emily schluckte. Dann lastete also schon seit Jahren die Verantwortung für eine ganze Familie auf seinen Schultern. Und sie hatte ihm gestern mit ihren Problemen auch noch die Ohren vollgejammert! Trotzdem war er auch geduldig und verständnisvoll gewesen.
Jetzt, wo sie das alles über ihn wusste, bewunderte sie ihn nur noch mehr. Gleichzeitig tat es ihr schrecklich leid, dass er so schnell hatte erwachsen werden müssen. „Und das alles, während du gleichzeitig um deine Eltern getrauert hast.“
Emily sah, dass Tränen in seinen Augen glänzten.
„Du hast
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