Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
verheiratet mit so wundervollen Töchtern zu sehen. Alle waren rundum gesund … etwas, von dem er wünschte, dass es auch auf ihn zutreffen würde. Natürlich gönnte er ihnen ihr schönes Leben von Herzen, aber gleichzeitig versetzte es ihm einen kleinen Stich zu wissen, dass er selbst so etwas nie erleben durfte.
Wie gut, dass Emily nur bis September bei ihm bleiben würde. Und bis dahin durfte er sie auf gar keinen Fall zu nahe an sich heranlassen.
„Ich will auch unbedingt, dass es Sam gut geht“, sagte Emily leise. „Er hat in diesem Jahr so viel verloren. Erst seinen Vater, dann sein Zuhause. Dabei brauchen Kinder Geborgenheit und ein vertrautes Umfeld. Aber ich merke, dass unser Zwischenstopp hier eine gute Entscheidung war. Es ist wunderschön hier, Sam fühlt sich wohl und ich habe ein bisschen Zeit für ihn. Wenn ich erst einmal eine Anstellung gefunden habe, wird das anders sein.“
„Du bist wirklich eine gute Mutter, Emily. Hast du gesehen, wie er gestrahlt hat, als er heute mit dir den Gemüsegarten in Ordnung gebracht hat? Er genießt es, an der frischen Luft sein zu können. Und mit Liz’ Zwillingen hat er sich auch gut verstanden. Also hast du genau das Richtige gemacht.“
„Ich möchte aber nicht, dass er dir im Weg ist. Fühl dich also bitte nicht verpflichtet, mit ihm Trecker zu fahren.“
Komisch, dachte Luke. Warum macht sie sich solche Gedanken wegen der Sache mit dem Traktor? Hat sie etwa Angst, dass Sam sich verletzen könnte? Befürchtet sie, dass ich nicht auf ihn aufpasse? „Du glaubst vermutlich, dass ich Kinder nicht besonders mag, oder?“
„Na ja … irgendwie schon.“ Unruhig rutschte sie auf dem Sägebock hin und her. „Über Caits Baby hast du dich gar nicht richtig gefreut. Stattdessen schienst du enttäuscht, dass es schon wieder ein Mädchen geworden ist. Und dann sagtest du, dass du auf keinen Fall eine Familie gründen willst. Liz’ Töchter hast du heute auch kaum beachtet. Da liegt die Vermutung doch nahe, dass du Sam nicht unbedingt um dich haben willst“, schloss sie.
Luke schnappte nach Luft. Ihre Bemerkung war wie ein Schlag ins Gesicht. Konnte er wirklich so schlecht verbergen, dass er Kindern lieber aus dem Weg ging? Könnten Cait und Liz auch den Eindruck haben, ihre Töchter seien ihm völlig egal? Emily lag intuitiv richtig: Er bemühte sich um Distanz zu den Kindern – aber doch nur, weil sie ihn ständig daran erinnerten, dass er selber nie welche haben würde. Und das war ein unendlich schmerzhafter Gedanke. Auf die Idee, er könne sie mit seinem Verhalten verletzen, war er nie gekommen.
Trotzdem – er konnte Emily unmöglich erklären, wie es um ihn stand. Er hatte ihr ohnehin schon viel zu viel von sich preisgegeben.
„Es tut mir leid, wenn das so rübergekommen ist. Natürlich darf Sam mal mitfahren. Ich mache das gerne. Es fällt mir bloß manchmal schwer, meine Gefühle zu zeigen. Nimm das bitte nicht persönlich.“
„Na ja, auf jeden Fall ist es wunderschön hier, und die Umgebung tut ihm wirklich gut“, erwiderte Emily. „Und falls Sam dir mal im Weg sein sollte, sag mir einfach Bescheid. Schließlich ist er nicht dein Sohn, sondern meiner. Ich bin für ihn verantwortlich und dafür, dass es ihm gut geht.“
Es gab eigentlich keinen Grund dafür, aber dennoch versetzten Emilys Worte ihm einen Stich. Vielleicht, weil er sich auch gerne für einen Jungen wie Sam verantwortlich fühlen würde? Doch Luke schob den Gedanken daran beiseite.
Sie stand auf. „Ich gehe jetzt wieder ins Haus, es ist ja schon ganz schön spät.“
Luke räusperte sich. „Und ich baue dir noch schnell einen neuen Ölfilter ein, dann komme ich nach.“
„Luke?“
„Ja?“
„Würdest du mir vielleicht irgendwann zeigen, wie so etwas geht? Damit ich das später selbst machen kann?“
Es war diese kleine Bitte, die ihn am allermeisten ergriff. Und das nach all den sehr persönlichen Themen, über die sie heute Abend schon gesprochen hatten. Es berührte ihn, wie wichtig es ihr offenbar war, unabhängig zu sein. Außerdem vertraute sie ihm, das spürte er. Und nur deshalb war es ihm gelungen, sich ihr ein kleines bisschen zu öffnen. Ein klein wenig nur, aber doch viel mehr, als er sich bisher je einem Menschen gegenüber geöffnet hatte.
„Das mache ich gern, wenn ich mal ein bisschen Luft habe“, sagte er. „Aber jetzt geh mal schlafen, es ist schon nach elf. Und morgen geht’s in aller Frühe weiter.“
„Ja, Boss“, entgegnete Emily.
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