Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
unschönes Erlebnis“, erklärte Emily leise. „Da hatte jemand seinen Hund nicht angeleint, und auf einmal ist er auf Sam losgegangen. Zum Glück konnte ich ihn im letzten Moment noch am Halsband festhalten.“ Eindringlich sah sie Luke mit ihren schokoladenbraunen Augen an.
Homer winselte, und Sam zuckte zusammen.
„Homer, ruhig jetzt!“
Auf Lukes energische Aufforderung hin verstummte der Hund sofort. Luke ging vor ihm in die Hocke und klopfte ihm lobend den Rücken. „Gut so! Bleib hier sitzen!“ Er legte die Leine auf den Boden. Dann stand er auf, ging zu Emily hinüber, die Sam immer noch im Arm hielt, und berührte sanft den Rücken des Jungen. „Guck doch mal, wie lieb er ist.“
Langsam drehte Sam seinen Kopf und betrachtete den Mischling, der immer noch friedlich hechelnd auf seinem Platz saß. Dabei klammerte sich der Junge allerdings nach wie vor an seiner Mutter fest.
„Komm mal mit, Kumpel“, sagte Luke und nahm Sam auf seinen Arm. Er wusste nicht, ob der Junge vielleicht anfangen würde zu weinen oder ob seine Mutter ihn überhaupt freigeben würde. Aber er wusste, dass er jetzt nicht nachlassen durfte. Und zu seiner Überraschung schmiegte sich Emilys Sohn ohne zu Zögern in seinen Arm und blieb dabei ganz ruhig.
Er vertraut mir, dachte Luke und merkte, wie ihm warm ums Herz wurde. Er zeigte auf den Hund. „Weißt du auch, was das Besondere an Homer ist?“
Sam schüttelte den Kopf.
Luke sah zu Emily hinüber und lächelte ihr zu. Sie hatte zwar zugelassen, dass er ihren Sohn aus ihrem Arm genommen hatte, aber ihr Blick war dabei äußerst unterkühlt gewesen. Und auch jetzt beobachtete sie ihn misstrauisch. Trotzdem ließ Luke sich nicht beirren. „Vor einiger Zeit hatte Homer einen Unfall“, erklärte er. „Er hat erst mal eine ganze Weile beim Tierarzt gewohnt, weil niemand nach ihm gesucht hat. Wahrscheinlich ist Homer ausgesetzt worden. Vor ein paar Wochen war er noch am ganzen Körper verbunden und sah furchtbar traurig aus. Er hat sich noch nicht mal getraut zu bellen, sondern hat mich einfach nur mit seinen treuen Augen angesehen.“
Damit hatte er Sams Interesse gewonnen. Aufmerksam blickte der Junge ihn an und hörte wie gebannt zu. „Inzwischen ist alles wieder verheilt“, fuhr Luke fort. „Aber Homer war so schlimm verletzt, dass niemand ihn bei sich aufnehmen wollte.“ Er hielt inne und überlegte kurz, ob Sam alt genug war, um zu erfahren, was mit dem Hund passiert wäre, wenn er ihn nicht zu sich genommen hätte. Er entschied sich dagegen. „Homer ist eben nicht perfekt“, sagte er. „Aber ich finde so etwas nicht wichtig. Und du?“
Sam nickte zustimmend. „Mom sagt immer, dass niemand alles kann.“
Luke schluckte. Bis heute hatte er versucht, Momenten wie diesem aus dem Weg zu gehen, hatte zu seinen eigenen Nichten konsequent Abstand gehalten – aus Angst davor, dass die Nähe zu ihnen die Sehnsucht nach eigenen Kindern verstärken würde. Jetzt wusste er, dass diese Angst berechtigt war. In diesem Augenblick spürte er schmerzlich, was ihm mit seiner Entscheidung, auf eine Beziehung und Kinder zu verzichten, entging. Aber blieb ihm etwas anderes übrig? Seine Kinder sollten auf keinen Fall das durchmachen müssen, was er und seine Schwestern erlebt hatten.
Trotzdem – er hielt Sam im Arm, sah Emily an und wünschte sich nichts sehnlicher, als für immer bei ihnen bleiben zu dürfen. Er musste unbedingt die Notbremse ziehen, sonst würde er an dieser Sehnsucht zerbrechen.
Luke räusperte sich. „Weißt du was, bei Hunden ist das ganz ähnlich wie bei uns Menschen“, erklärte er Sam. „Sie brauchen etwas zu essen und ein bisschen Liebe, dann geht es ihnen schon ziemlich gut.“
Sam entspannte sich merklich und betrachtete Luke nachdenklich. Der wiederum blickte zu Emily hinüber. Inzwischen wirkte sie lange nicht mehr so abweisend wie eben noch. Stattdessen sah sie ihn so intensiv an, dass ihm sein Herz bis zum Hals schlug. Sie war so wunderschön, mit ihren warmen, großen Augen, die bis tief in sein Innerstes sehen konnten!
Er hatte sie schon viel zu lange angesehen. Schnell wandte Luke den Kopf ab und rückte Sam auf seinem Arm zurecht.
„Homer tut dir nicht weh, das verspreche ich dir. Er leckt dich höchstens von oben bis unten ab.“ Sam machte keinen Mucks, als Luke sich mit ihm auf dem Arm vor den Hund kniete und anfing, ganz sanft Homers Fell zu streicheln, immer wieder. Der Hund streckte sich genüsslich, es schien ihm zu
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