Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
den Arm. Ihre Haut fühlte sich warm an. „Du mutest ihm überhaupt nichts zu. Im Gegenteil, du gibst ihm sehr viel. Liebe und Geborgenheit zum Beispiel. Er hat wirklich Glück, so eine tolle Mutter zu haben.“
„Ach, du willst mich ja bloß trösten.“ Sie schniefte und drehte sich weg, aber er schob ihr einen Finger unters Kinn und brachte sie dazu, ihm in die Augen zu sehen.
„Kann sein“, gab er zu. „Aber du hättest Homer mal sehen sollen, da beim Tierarzt. Er bestand nur noch aus Haut, Knochen und Verbandszeug. Und schau ihn dir jetzt mal an. Dann siehst du, welche Wunder ein bisschen Liebe und Aufmerksamkeit bewirken können. Aber es tut mir schrecklich leid, wenn ich euch dadurch in Schwierigkeiten bringe.“
„Du sammelst wohl für dein Leben gern heimatlose Streuner ein, stimmt’s?“, gab sie zurück. „Erst uns und jetzt den Hund.“
„Ich habe euch nicht eingesammelt, ihr seid ganz von selbst zu mir gekommen.“
In diesem Moment hörten sie Sam laut und fröhlich lachen. Auf einmal schien die Zeit stillzustehen. Und als Emily Luke in die Augen sah, stockte ihm der Atem.
„Da hast du wohl recht“, stimmte sie ihm zu. Am liebsten hätte er sie sofort an sich gezogen und sie lange und zärtlich geküsst. Danach sehnte er sich schon seit Tagen.
Aber was hätte er davon? Die Umstände waren immer noch die gleichen. Wenn er sich einfach seinen Gefühlen hingab, würde er großen Schaden anrichten, das wusste er. Und am Ende würden nicht nur Emily und Sam darunter leiden … sondern auch er selbst.
Ein paar Tage später war der erste Juli, der kanadische Nationalfeiertag. Ganz Kanada feierte seine Staatsgründung. Auf dem Stadtfest lernte Emily auch Lukes zweite Schwester Cait mit ihrer neugeborenen Tochter Janna kennen. Im Gegensatz zu der quirligen, neugierigen Liz war Cait etwas zurückhaltender, gleichzeitig aber sehr warmherzig. Auch Liz und ihr Mann Paul waren mit ihren Töchtern auf das Fest gekommen, und die Zwillinge zogen Sam mit sich zu den Spielständen.
Als es dunkel wurde, breiteten sie zusammen mit anderen Besuchern ihre Decken auf der großen Festwiese aus, um sich das Abschlussfeuerwerk anzusehen. Für Emily fühlte es sich an, als wären sie, Luke und Sam eine richtige kleine Familie. Sie konnte gar nicht aufhören, darüber nachzudenken, wie schön das wäre …
Vielleicht bin ich ja eines Tages so weit, so etwas noch mal zu erleben? Vielleicht lerne ich ja noch mal jemanden kennen?
Dabei gab es allerdings ein Problem: In ihrer Vorstellung nahm der Mann an ihrer Seite immer öfter Lukes Gestalt an. Und das machte ihr Angst.
Emily saß im Schneidersitz auf der Decke und betrachtete Sam, dem vor Müdigkeit immer wieder die Augen zufielen. Normalerweise war er um diese Zeit schon längst im Bett, aber er wollte sich unbedingt das Feuerwerk ansehen, und Emily hatte nicht Nein sagen können. Sam hatte sich an sie gekuschelt und den Kopf in ihren Schoß gelegt. Emily strich ihm sanft die Locken aus der Stirn. Allmählich wurde es immer dunkler, und immer mehr Leute versammelten sich auf der Festwiese.
„Er ist schon ganz schön müde“, flüsterte Luke so nah an ihrem Ohr, dass sie seinen warmen Atem spürte. Das Blut schoss ihr in die Wangen, und ein Schauer fuhr durch ihren Körper.
„Ja. Aber er will sich das hier auf keinen Fall entgehen lassen.“
„Das geht mir ganz genau so.“
Emily drehte den Kopf ein Stück und erschrak, als sie dabei fast sein Kinn streifte. Was hatte er mit seiner Bemerkung gemeint, was genau wollte er sich nicht entgehen lassen? Das Feuerwerk? Das Fest? Insgeheim hoffte sie, dass es ihm so ging wie ihr und er es genauso genoss wie sie, gemeinsam hier zu sein.
„Luke, ich …“ Wie sollte sie ihm sagen, was in ihr vorging? Manchmal hatte sie sogar Schuldgefühle, weil sie sich für ihre Tätigkeit auf der Ranch bezahlen ließ. Sie leistete gute Arbeit, dessen war sie sicher. Aber dennoch gab der Job ihr viel mehr, als er von ihr forderte. Schon allein deshalb, weil sie und Sam sich bei Luke so geborgen fühlten, wie lange nicht mehr. Eigentlich hatte sie gedacht, dass es noch Jahre dauern würde, bis sie beide wieder glücklich sein könnten.
Auf einmal gab es einen lauten Knall. Hastig setzte Sam sich auf und betrachtete staunend den bunten Sternenregen am Himmel. Eine Mädchenstimme rief seinen Namen, und Emily gab ihm einen kleinen Stoß. Auf der Decke neben ihnen saßen Liz’ Zwillinge und riefen ihn zu sich. „Geh ruhig
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