Kuess mich doch - Roman
klar?«
»Abgemacht«, sagte Ricky. »Und jetzt bindet mich los. «
»Warte. Eines noch«, sagte Sylvia und blickte zu Charlotte, als würde sie auf ihre Zustimmung warten, wie sie es schon immer getan hatte.
Charlotte zuckte die Achseln. »Nur zu. Warum nicht.«
»Wovon redet sie?«, wollte Ricky wissen und starrte sie nervös an. »Was kommt denn jetzt noch?« Er fühlte sich zusehends unwohl in seiner Haut. Und zu Recht, denn Sylvia holte noch einmal aus und verpasste ihm einen weiteren Tritt gegen das Schienbein. Einen noch festeren diesmal.
»Autsch! «
»Hör gefälligst auf zu flennen wie ein Baby! Und sieh zu, dass du dich diesmal an unsere Abmachung hältst, sonst setzt es beim nächsten Mal einen Tritt in die Nüsse«, drohte Sylvia. Dann grinste sie Charlotte an. »So, jetzt können wir ihn losbinden.«
Nach all der Aufregung musste Charlotte dringend ein Nickerchen machen. Aber noch dringender brauchte sie einen Plan. Wie in aller Welt sollte sie Coop dazu bewegen, ihr den Ring zu geben und nicht länger in der Vergangenheit herumzustochern? Sie bezweifelte stark, dass er seine Recherchen einstellen würde, nicht einmal aus Liebe zu Lexie.
»Hast du schon irgendeine Idee?«, fragte Sylvia.
»Nein. Hör auf, mir damit in den Ohren zu liegen, davon werden meine Kopfschmerzen weiß Gott nicht besser. Ich muss nachdenken.«
Charlotte betrat ihre Wohnung, gefolgt von Sylvia. Aber noch ehe sie Sylvia bitten konnte, nach Hause zu gehen, damit sie sich ein wenig ausruhen konnte, entdeckte sie den Zettel auf dem Küchentisch.
»Eine Nachricht von Lexie. Ihre Handschrift erkenne ich sofort«, sagte Charlotte. Sie faltete das Blatt Papier auseinander und las laut vor, was darauf stand: »Wir haben deine Halskette. Melde dich bei uns, wenn du sie zurückbekommen willst.« Darunter stand eine Adresse. Charlotte vermutete, dass es sich um Coops Anschrift handelte.
Sie ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen und spürte plötzlich jedes Einzelne ihrer neunundsiebzig Jahre.
»Oh, nein!«, rief Sylvia. »Was machen wir jetzt?«
»Also, ich weiß nicht, was du tun wirst, aber ich nehme jetzt erst einmal zwei Aspirin und gehe ins Bett. Ich kenne meine Grenzen, und die habe ich heute definitiv erreicht.« Sie war erschöpft. Ihr Gehirn verweigerte allmählich die Tätigkeit, und wenn sie nur daran dachte, was Lexie bereits wusste, übermannte sie die Panik. »Wir entscheiden, was zu tun ist, wenn ich wieder aufgewacht bin. «
Sylvia nickte. »Ich bin auch erschöpft. Niemand hat mir je gesagt, dass es so anstrengend sein würde, alt zu werden.«
Charlotte verdrehte die Augen. Sylvia neigte seit jeher zu Übertreibungen. »Was hältst du davon, wenn wir uns später zusammensetzen?«, fragte Charlotte gähnend.
»Klingt gut. Bis dahin haben sich deine kleinen grauen Zellen vielleicht erholt und du hast eine Idee, wie wir weiter vorgehen«, sagte Sylvia und stand auf.
Sie hatte schon immer voll und ganz darauf vertraut, dass Charlotte sie aus jedem noch so großen
Schlamassel retten würde. Früher hatte Charlotte die Rolle der Anführerin liebend gern übernommen, aber jetzt fühlte sie sich einfach nur müde.
Müde und alt.
Lexie saß im Schneidersitz auf einem der breiten Fensterbretter in Coops Wohnung und spähte auf die Stadt hinunter. Lichter flimmerten in der Dunkelheit. Lexie fragte sich, wie viele Menschen in den Straßen dort unten sich wohl wie sie mit schwerwiegenden Problemen herumschlugen.
Coop hatte sich nach dem Abendessen mit dem Laptop ins Schlafzimmer verzogen und in seine Arbeit vertieft. Sie nahm an, dass er an seinem Krimi schrieb und nicht an einer Story für die Zeitung, aber ganz sicher wusste sie es nicht. Auf jeden Fall redete er nicht mehr mit ihr. Und sie wusste auch ganz genau, wann sich seine Stimmung und sein Verhalten schlagartig geändert hatten.
Nachdem er gesagt hatte, er habe sie mehr als gern und sie wie ein erschrockenes Kaninchen reagiert und den inneren Rückzug angetreten hatte.
Sie versuchte zu arbeiten und die Gedanken an ihr Liebesleben beiseitezuschieben. Sie hatte Coops Domainname registrieren lassen, und er hatte sich ihre Vorschläge für seine Webseite angeschaut und ein Design ausgewählt. Sein erster Roman nahm einen zentralen Platz auf der Homepage ein. Lexie hatte sein Bild aus der Zeitung als Platzhalter benutzt, aber als sie gesagt hatte, er solle das Autorenporträt von einem
professionellen Fotografen machen lassen, war sie damit auf
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