Kuess mich doch - Roman
bist, macht dich noch lange nicht zu einem schlechten Menschen.«
»Meinst du?« Sie klammerte sich an seine Worte wie an einen Strohhalm.
Er nickte. »Hey, du hast durchaus einige positive Eigenschaften von deinen Eltern geerbt. «
Sie hob argwöhnisch die Augenbrauen. »Und die wären?«
Coop legte einen Augenblick nachdenklich die Stirn in Falten. »Zum Beispiel deine Einstellung im Job«, erwiderte er. »Du arbeitest hart, und du bist erfolgreich mit deinen Webdesigns, nicht?«
» Stimmt. «
»Und du bist von Grund auf ehrlich. Das sind deine Eltern ebenfalls, auch wenn dir nicht immer gefällt, was sie zu sagen haben und wie sie es sagen.«
Sie nickte bedächtig. Er hatte Recht.
»Und vielleicht solltest du mal versuchen, dich in deinen Vater hineinzuversetzen. Es war sicher nicht einfach, mit Charlotte als Mutter aufzuwachsen, wo er doch ein so unheimlich steifer, förmlicher Mensch ist. «
Lexie blinzelte und ließ sich seine Worte ein wenig durch den Kopf gehen. »So habe ich das noch nie betrachtet. Wahrscheinlich wusste er mit seiner Mutter genauso wenig anzufangen wie ich mit ihm», murmelte sie.
»Eine weitere Gemeinsamkeit«, stellt Coop erfreut fest.
»Wow. Wer hätte das gedacht?«, sagte sie. Ihr schwindelte ein wenig.
»Hey. Ganz egal, wie sehr du deine Großmutter idealisierst oder dich mit ihr vergleichst, was immer sie
vor vielen Jahren getan hat, hat keinerlei Einfluss auf die Frau, die du heute bist.« Er legte ihr einen Finger unters Kinn und hob ihren Kopf etwas an.
»Versprich mir, dass du das nie vergessen wirst, ja?«
Wie sollte sie ihm je einen Wunsch abschlagen? »Versprochen.«
Er lächelte zufrieden. »Und behalte Folgendes im Hinterkopf: Du bist und bleibst eine erfolgreiche Webdesignerin und ein wunderbarer Mensch, ganz egal, wie sehr du dich vom Rest deiner Familie unterscheidest. «
Ihr wurde warm ums Herz, und die Wärme breitete sich in ihrem ganzen Körper aus, als würde sie in der Sonne sitzen. »Klingt, als hättest du mich gern«, neckte sie ihn.
Er sah sie an, verschlang sie förmlich mit seinen wunderschönen Augen. »Ich habe dich mehr als gern, Lexie«, sagte er bewegt, mit rauer Stimme.
Es war ihm deutlich anzusehen – und anzuhören – dass er tiefe Gefühle für sie hegte. Angesichts dieser plötzlichen Eröffnung geriet Lexie derart in Panik, dass sie kurzerhand das Thema wechselte. »Wir werden meine Großmutter also ganz unverblümt auf den Lancaster-Diebstahl ansprechen. Ist das der Plan?«
Coop gab sich größte Mühe, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Ja, das ist der Plan.«
Sie nickte. »Gut. Dann lass uns jetzt schlafen, und morgen früh machen wir uns auf den Weg zu meiner Großmutter.«
Mit diesem Plan für den nächsten Tag flüchtete sie innerlich vor Coop, vor seinen Berührungen und seinen Gefühlen, mit denen sie sich nicht auseinandersetzen wollte.
»Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe allmählich die Nase voll davon, mir an dieser Straßenecke wie ein billiges Freudenmädchen die Beine in den Bauch zu stehen«, sagte Charlotte zu Sylvia.
Dann spähte sie zu dem Juwelierladen auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinüber. Es war früh am Morgen, und wenn Ricky nicht bald auftauchte, würde sie wohl oder übel die Flinte ins Korn werfen müssen. Ihre Füße taten bereits höllisch weh. Sie war eben auch nicht mehr die Jüngste.
»Wohl wahr. Kaum zu glauben, dass wir noch keine einschlägigen Angebote erhalten haben. Ein ziemlicher Dämpfer fürs Ego«, meinte Sylvia und rückte ihre überdimensionale Sonnenbrille zurecht.
»Das liegt wohl daran, dass man wegen der Sonnenbrillen und der Kopftücher unsere Gesichter nicht sehen kann. Hätte ich mir gestern die Haare machen lassen, würden die Männer bei mir Schlange stehen.« Charlotte warf einen Blick auf ihre Freundin. »Bei dir natürlich auch«, fügte sie hinzu, weil sie nett sein wollte.
Rein optisch hatte es Sylvia nie so recht mit Charlotte aufnehmen können, dafür verfügte sie jedoch über jede Menge Persönlichkeit und ein großes Herz. Nur schade, dass ihre Ehe mit Frank kinderlos geblieben
ist, sonst hätte sie zumindest jemanden wie Lexie in ihrem Leben , dachte Charlotte.
»Sieh mal! Da ist er!« Sylvia zupfte Charlotte an der Bluse. »Der Dickwanst mit Glatze, der da gerade kommt! «
Besagter Mann ging jedoch am Geschäft vorbei und verschwand um die nächste Ecke.
»Dieser Mistkerl. Hat der Laden etwa einen
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