Kuess mich doch - Roman
gegeben, das Opfer werde gerade ins Krankenhaus gebracht. Coop machte sich sofort auf den Weg und kam zur selben Zeit wie der Krankenwagen in der Notaufnahme an.
An den darauffolgenden Tagen musste er unter anderem eine ganze Reihe von Interviews führen und hatte deshalb keine Zeit für weitere Recherchen über den Ring und die mögliche Verwicklung von Lexies Großvater in den Diebstahl.
Dann war plötzlich Freitagabend. Coop musste noch einen Artikel für die Abendausgabe fertigstellen, ehe er ins Wochenende starten konnte. Vorausgesetzt, es gab keine weiteren berichtenswerten Großereignisse.
Die Redaktion befand sich im sechzehnten Stockwerk eines kürzlich renovierten Gebäudes. Coop betrat die Lobby im Erdgeschoss, deren verspiegelte Wände von Topfpflanzen gesäumt waren. Die meisten seiner Kollegen machten sich gerade auf den Weg nach Hause.
Wie gewöhnlich blieb Coop am Tresen des Sicherheitsdienstes in der Mitte der Lobby stehen, um seinen Freund Chris Markov zu begrüßen. Die beiden waren
gleich alt und seit mehr als fünf Jahren befreundet. Seit kurzem spielten sie auch im selben Softball-Team.
»Hey Chris, alles klar?«, fragte Coop.
Der Wachmann hob seine Uniformmütze und kratzte sich am Kopf. »Kann nicht klagen. Und bei dir?«
»Ich lasse mich nicht unterkriegen. Hast du bald Feierabend?«
»Yep. Ich seh mir nachher mit meinem Sohnemann das Renegades-Spiel an.« Chris hatte einen sieben Jahre alten Sohn, den er alleine großzog, seit ihn seine Frau vor vier Jahren verlassen hatte.
Die Erwähnung der Renegades erinnerte Coop an seine Verabredung mit Lexie, und seine Laune besserte sich schlagartig. Die Aussicht auf das Date heute Abend war der erste erfreuliche Gedanke nach all den deprimierenden Artikeln, die er in den vergangenen Tagen geschrieben hatte.
»Super Wetter für ein Baseballspiel. Der Kleine wird bestimmt auf seine Kosten kommen«, sagte er.
Chris nickte und lachte. »Oh, ja. Er liebt die Renegades. «
»Na, dann, viel Spaß. Ich muss noch schnell eine Story fertig schreiben, dann kann ich auch gehen. Also, bis demnächst. «
Coop wollte sich gerade zum Gehen wenden, da sagte Chris: »Moment noch! Die einschlägigen Geschenke, die dir deine weiblichen Fans geschickt haben, habe ich alle entsorgt, wie du es mir aufgetragen hattest, aber heute kam noch etwas, das nicht nach Damenunterwäsche aussieht.« Er hob eine braune
Schachtel auf den Tresen, die oben und unten mit einem roten »Vorsicht! Zerbrechlich!«-Stempel versehen war.
Chris hatte Recht, dieses Paket sah anders aus, nicht zuletzt deshalb, weil es größer war als alle anderen, die er bisher erhalten hatte. Coop erwartete zwar eigentlich keine Post, aber in seinem Metier war es nicht ausgeschlossen, dass ihm jemand etwas schickte, das der Aufklärung eines Verbrechens dienen konnte.
»Ich glaube kaum, dass da auch so verrücktes Zeug drin ist wie in den Paketen von letzter Woche. « Chris hatte die Entsorgung der diversen Geschenke schon allein deshalb gern übernommen, weil es ihm einen Heidenspaß machte, Coop deswegen aufzuziehen. Auch jetzt musste er schon wieder lachen. »Ich nehme an, die Neuigkeit von deiner Verlobung hat dafür gesorgt, dass jetzt täglich weniger Zusendungen für dich eintreffen. «
Chris wusste nur zu gut, dass Coop nicht verlobt war, was ihn jedoch nicht davon abhielt, ihn weiterhin auf die Schippe zu nehmen. »Lass mich in Ruhe«, brummte Coop gutmütig. »Und hör auf, diesen Mist zu lesen. «
Es war schon erstaunlich, wie viele Leser – und vor allem Leserinnen – dieser dämliche Blog hatte. Schon in dem Krankenhaus, in dem das Vergewaltigungsopfer versorgt wurde, hatten ihn alle Frauen erkannt, angefangen von der Empfangsdame über die Krankenschwestern bis hin zu den freiwilligen Hilfskräften. Einige hatten ihn nur angestarrt und aufgeregt mit ihren Freundinnen getuschelt, andere hatten ihm ganz
ungeniert ans Herz gelegt, er solle seine »Verlobte« verlassen und stattdessen mit ihnen ausgehen. Es war nervenaufreibend, aber er konnte nichts dagegen unternehmen.
Doch er hatte nicht vor, Chris zusätzlichen Zündstoff zu liefern, indem er ihm davon erzählte.
Chris lachte. »Was hast du denn erwartet? Natürlich lese ich den Blog. Schließlich sitze ich tagtäglich mehr als acht Stunden hier herum. Du magst zwar nicht wirklich verlobt sein, aber du hast wenigstens ein Liebesleben. «
»Du etwa nicht?«, fragte Coop überflüssigerweise.
Chris hatte ihm erzählt, wie
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