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Küss mich Engel

Küss mich Engel

Titel: Küss mich Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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wohlbehütete junge Frau aufbringen musste, um gemeinsam mit ihrem Mann in die Arena zu treten.«
    Sie stolperte vorwärts, der Melodie der Balalaikamusik automatisch folgend, während Jack sein Garn über die junge Klosterschülerin und den wilden Kosaken spann. Sie hörte kaum hin. Alles, was sie sah, war Alex, ihren Verräter, der in der Mitte der Arena stand.
    Blutroter Glitter hing noch an der Peitsche, die sich über seine glänzenden schwarzen Stiefel schlängelte, und blaue Lichter flackerten über sein dunkles Haar, während sich seine Augen in das Blassgold eines in die Enge getriebenen Tiers verwandelten. Sie stand in ihrem kleinen Spotlight, und er begann mit seinem Peitschentanz. Doch heute Abend hatte der Tanz nichts Verführerisches. Er war ein Ausdruck seiner wilden Wut.
    Die Zuschauer waren zwar begeistert, doch während die Nummer ihren Fortgang nahm, wurde Daisys Beitrag nicht so gut aufgenommen wie sonst. Die instinktive Verbindung, die sie gewöhnlich zum Publikum hatte, war fort. Sie zuckte nicht einmal zusammen, als Alex ihr das Papierröhrchen aus dem Mund schlug. Sie verhielt sich wie eine Maschine, ihr Schmerz so groß, dass sie überhaupt keine Gefühle aufbringen konnte.
    Die Nummer fiel langsam, aber sicher auseinander. Alex zerstörte ein Röhrchen mit zwei Hieben, das andere mit vier. Er vergaß eine Variante mit einer Papierschlange, die er erst kürzlich neu eingeführt hatte, und als er ihre Handgelenke mit der Peitsche fesselte, rückte das Publikum nervös auf den Sitzbänken hin und her. Es schien, als ob sich die zwischen ihnen herrschende Spannung irgendwie auf die Zuschauer übertragen würde, und was zuvor ein Akt der Verführung gewesen war, erschien nun roh und brutal. Statt des liebenden Bräutigams, der um seine Braut wirbt, hatte das Publikum das Gefühl, einen Mann vor sich zu haben, der kurz vor einem Gewaltausbruch stand.
    Alex spürte, was los war, und sein Stolz meldete sich zu Wort. Er wusste, dass er ihr die Peitsche nicht mehr um die Taille schlingen konnte, ohne das Publikum total zu verprellen, doch er brauchte nichtsdestotrotz eine letzte Variante, um die Nummer zum Abschluss zu bringen, bevor er Digger signalisierte, Mischa hereinzutreiben.
    Sie sah, wie sich sein Blick auf die purpurrote Papierblume zwischen ihren Brüsten richtete, und merkte jetzt erst, dass er sie zuvor vergessen hatte. Er signalisierte ihr sein Vorhaben mit einem unmerklichen Kopfnicken. Sie wandte sich ihm wie betäubt zu. Alles, was sie wollte, war, es hinter sich zu bringen, damit sie sich irgendwo vor der Welt verkriechen konnte.
    Die Balalaikamusik schwoll an, und sie starrte ihm über die Arena hinweg in die Augen. Wäre sie nicht selbst so erstarrt gewesen, sie hätte die Verzweiflung und den tiefen Kummer darin gesehen, einen Kummer, der dem ihren in nichts nachstand.
    Er holte aus und ließ das Handgelenk schnalzen. Die Peitschenspitze kam auf sie zugeflogen, wie schon Dutzende Male zuvor, nur dass es ihr diesmal wie Zeitlupe vorkam. Mit einer eigenartigen Entrücktheit wartete sie darauf, dass die Papierblume explodierte, doch statt dessen explodierte ihr Körper.
    Die Luft wurde aus ihren Lungen gepresst. Sie krümmte sich vornüber, während sie von einer flüssigen Feuerspur, die von der Schulter bis zum Oberschenkel reichte, durchschossen wurde. Die Manege begann sich zu drehen, und sie begann zu fallen. Die Sekunden tickten vorbei, und dann spielte auf einmal wieder die Musik, eine laute, fröhliche Melodie, die einen bizarren Gegensatz zu ihren Schmerzen bildete. Sie konnte kaum atmen, so weh tat es. Starke Arme fingen sie auf, und die Clowns kamen hereingerannt.
    Sie war bei Bewusstsein, obwohl sie es am liebsten nicht gewesen wäre, und jemand sprach ein Stoßgebet; nicht sie selbst, wie sie glaubte. Die lebhafte Musik, die murmelnde Menge, Jacks beruhigende Stimme, all das hallte wie aus weiter Entfernung an ihr Ohr, durchdrang kaum den Nebel des Schmerzes, der sie einhüllte.
    »Aus dem Weg! Zurück!«
    Alex‘ Stimme. Alex, der sie durch den Hintereingang nach draußen trug. Alex, der Feind. Der Verräter.
    Sie fühlte den harten, kalten Boden unter ihrem Rücken, als er sie neben dem Zelt ablegte. Er beugte sich so über sie, dass er sie mit seinem Körper vor neugierigen Blicken abschirmte. »Schatz, es tut mir so leid. O Gott, Daisy, es tut mir so leid.«
    Mit ihrem letzten bisschen Kraft wandte sie den Kopf von ihm ab und blickte die staubige Zeltleinwand an. Sie

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