Küss mich Engel
paradieren zu müssen! Der liebe Gott hat Elefanten nicht erschaffen, damit sie Kopfstände und Kunststückchen machen. Elefanten sollten frei sein.«
Sheba verschränkte die Arme und zog sarkastisch die Augenbraue hoch. »Als nächstes kippt sie noch rote Farbe über Pelzmäntel, Alex. Entweder du bringst deine Frau zur Räson, oder sie verschwindet aus meinem Zirkus.«
Kein Muskel regte sich in seinem Gesicht, als er Sheba nun direkt in die Augen blickte. »Daisy soll sich um die Elefanten kümmern. Soweit ich das sehe, tut sie das auch.«
Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Hatte er sie wirklich gerade verteidigt?
Ihr Freude verschwand, als er sich daraufhin an sie wandte und mit einer Kopfbewegung auf den Elefantenanhänger wies. »Es ist schon spät, und es sieht nicht so aus, als hättest du den Anhänger schon ausgespritzt. Also sieh zu, dass du dich an die Arbeit machst.«
Sie wandte sich von ihm ab. Insgeheim wünschte sie alle drei zum Teufel, machte sich jedoch ohne Murren an ihre Arbeit. Sie wusste, dass die Tiere, wenn sie mit dem Zirkus herumreisten, unter strenger Kontrolle gehalten werden mussten, aber der Gedanke, dass man sie zu einem widernatürlichen Leben zwang, störte sie gewaltig. Vielleicht fand sie ihre Umstände ja deshalb so unerträglich, weil sie das Gefühl hatte, etwas mit ihnen gemein zu haben. Auch sie wurde gegen ihren Willen festgehalten, und auch sie war ihrem Wärter wehrlos ausgeliefert.
Sheba hatte den roten Waggon beinahe erreicht, als Brady Pepper unversehens hinter ihr auftauchte. So sehr Brady Pepper sie auch irritierte, sie konnte nicht bestreiten, wie attraktiv er war, mit seiner sonnengebräunten Haut und den scharfen, ebenmäßigen Zügen. Sie wusste genau, dass er bereits zweiundvierzig war, doch sein drahtiges Haar zeigte kaum Grau, und an seinem muskulösen Akrobatenkörper war kein Gramm Fett zuviel.
»Schläfst du etwa mit Neeco?« sagte er auf jene typisch aggressive Art, die sie immer auf die Palme brachte.
»Das geht dich nichts an.«
»Ich wette, du tust‘s. Er ist genau der Typ, der dir gefällt. Gutaussehend und nichts im Hirn.«
»Fahr zur Hölle.« Ihre Irritation wuchs, da sie tatsächlich das eine oder andere Mal mit Neeco geschlafen hatte, zu Beginn der Zirkussaison. Sie hatte jedoch rasch das Interesse verloren und nun nicht mehr den leisesten Wunsch, diese Erfahrung zu wiederholen. Sie würde jedoch nie im Leben zugeben, dass Sex langsam an Attraktivität für sie verlor.
»Mit einem Typen wie Neeco kannst du bestimmen, wo‘s langgeht, stimmt‘s? Aber mit jemandem wie mir ...«
»Jemand wie du könnte mich nie und nimmer befriedigen.«
Sie schenkte ihm ein falsches Lächeln und strich mit dem Fingernagel über seinen Bizeps, der sich deutlich unter seinem enganliegenden T-Shirt abzeichnete. »Die Showgirls sagen, du kriegst ihn nicht mehr hoch. Stimmt das?«
Zu ihrem Ärger ging er nicht auf ihre Stichelei ein, sondern lachte statt dessen. »Du hast eine giftige Zunge, Sheba Quest. Und irgendwann bringt sie dich in Schwierigkeiten, glaub mir.«
»Ich mag Schwierigkeiten.«
»Das glaub ich gern. Besonders die männliche Sorte Schwierigkeiten.«
Sie machte sich wieder auf den Weg zum roten Waggon, doch statt den Wink zu verstehen und sich zu verziehen, schloss er sich ihr an. Seine langen Schritte, seine gerade, selbstbewusste Haltung, all das verriet, wie sehr er davon überzeugt war, Gottes Geschenk an die Frauen zu sein. Außerdem war er ein passionierter Chauvinist, was bedeutete, dass sie ihm immer wieder ins Gedächtnis rufen musste, wer hier der Boss war. Und dennoch, sosehr er sie auch reizte, war er die Art Artist, die sie am liebsten mochte: stolz, hart arbeitend und ehrlich. Unter seiner rauhen Schale lag außerdem ein weicher, großzügiger Kern, und er besaß, im Gegensatz zu Alex Markov, keine versteckten Tiefen.
Er ließ den Blick über sie gleiten, wie er es immer tat. Brady machte nie ein Geheimnis daraus, dass er Frauen schätzte, und trotz seines Herumgetändels mit den jungen Showgirls hatte er eine Art, sie anzusehen, dass sie sich immer unglaublich jung und attraktiv vorkam. Nicht, dass sie ihm das je sagen würde. Sein schwingender Gang konnte nämlich nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass er der Sohn eines New Yorker Metzgers war, ohne einen Tropfen Zirkusblut in den Adern.
»Du und Heather habt in letzter Zeit ‘ne Menge Zeit miteinander verbracht«, sagte er.
»Ich hab ihr heute das Haar
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