Küss mich Engel
geruhte Alex endlich wieder, mit ihr zu sprechen. Während er aus dem Pickup stieg und den Wohnwagen abhängte, sagte er ihr, dass sie von nun an nicht mehr mit den Tieren arbeiten würde. Sie würde statt dessen leichtere Arbeiten übernehmen, wie das Flicken von Kostümen und die allabendliche Teilnahme an der Parade natürlich.
Sie blickte ihn stirnrunzelnd an.
»Ich dachte, es würde dich freuen, nicht mehr so hart arbeiten zu müssen«, sagte er. »Was stimmt jetzt schon wieder nicht?«
»Warum hast du bis heute Vormittag gewartet, um mir die Arbeit zu erleichtern?«
»Aus keinem besonderen Grund.«
»Bist du sicher?«
»Hör auf, auf den Busch zu klopfen, und sag, was dir auf der Seele liegt.«
»Ich komm mir ein bisschen wie ein Flittchen vor, das für geleistete Dienste bezahlt wird.«
»Das ist doch lächerlich. Ich hab das beschlossen, bevor wir miteinander ins Bett gegangen sind. Außerdem, wer sagt, dass dir Bezahlung zusteht. Ich hab doch wohl ebensoviel geleistet.«
Sie ignorierte seine Stichelei. »Ich sagte, ich übernehme die Menagerie, und das meine ich auch.«
»Und ich sag dir, dass das nicht mehr nötig ist.«
»Aber ich will‘s nun mal.« Es stimmte. Nach ihren Erfahrungen mit den Elefanten wusste sie, dass die Arbeit hart werden würde, aber sie konnte gar nicht schlimmer sein als das, was sie bereits mitgemacht hatte. Und sie hatte es durchgestanden. Sie hatte Mist geschaufelt, bis sie Blasen an den Händen hatte, hatte schwere Schubkarren herumgewuchtet, war von zänkischen Elefantenbabies niedergeschlagen worden. Sie hatte ihren schlimmsten Ängsten ins Auge geschaut und war immer noch auf den Beinen - angeschlagen vielleicht, ganz sicher mit etlichen blauen Flecken, aber dennoch auf den Beinen.
Er betrachtete sie mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und etwas, das beinahe wie Bewunderung aussah, obwohl sie wusste, dass es das nicht sein konnte. »Du willst es also wirklich durchziehen, nicht wahr? Du willst nicht davonlaufen.«
»Ich will mich noch nicht festlegen. Immer ein Tag nach dem anderen, mehr schaffe ich im Moment nicht.« Sie kaute stirnrunzelnd an ihrer Unterlippe. »Alles, was ich weiß, ist, dass ich es tun muss.«
»Daisy, es ist zuviel für dich.«
»Ich weiß.« Sie lächelte. »Deshalb muss ich‘s ja tun.«
Er blickte sie lange an, und dann senkte er zu ihrer Überraschung den Kopf und küsste sie. Mitten auf dem Zeltplatz, auf dem die Arbeiter geschäftig hin und her gingen, auf dem Brady und seine Söhne ihre Akrobatikkunststücke übten und Heather jonglierte, gab er ihr einen langen, sinnlichen Kuss.
Als sie sich schließlich voneinander lösten, war sie ganz atemlos und erhitzt. Er hob den Kopf und blickte sich um. Sie erwartete, dass ihm ihr öffentlicher Kuss peinlich sein würde, doch das war er nicht. Vielleicht versuchte er ja, den Vorfall mit dem Hochzeitskuchen wiedergutzumachen, oder seine Motivation war komplizierter als das, doch aus welchem Grund auch immer, er hatte jeden im Zirkus wissen lassen, dass sie ihm etwas bedeutete.
Sie hatte kaum Zeit, über den Vorfall nachzudenken, während sie sich an ihre Arbeit in der Menagerie machte. Ein junger Arbeiter namens Trey Skinner tauchte auf und meinte, Alex habe ihm aufgetragen, ihr ein wenig zur Hand zu gehen. Auf ihr Geheiß bugsierte er Sinjuns Käfig in den Schatten und schaffte einen Ballen Heu für sie heran, dann ließ sie ihn gehen.
Zu ihrer Erleichterung versuchte Lollipop nicht mehr, sie anzuspucken, dennoch machte sie wohlweislich einen weiten Bogen um das Lama. Außer Lollipop, Sinjun und Chester beinhaltete die Menagerie einen Leoparden namens Fred, einen Geier mit gestutzten Flügeln und einen Gorilla. Es gab außerdem eine Boa Constrictor, die jedoch zu Daisys immenser Erleichterung Jills Haustier geworden war und bei ihr im Wohnwagen wohnte, wenn sie nicht dem Publikum vorgeführt wurde.
Gemäß Diggers vagen Anweisungen begann sie die Tiere zu füttern und danach die Käfige zu reinigen, wobei sie mit Sinjuns anfing. Der Tiger betrachtete sie mit arroganter Verachtung, während sie ihm seine Dusche gab. Er benahm sich, als ob es ein Privileg für sie wäre, ihm dienen zu dürfen.
»Ich mag dich auch nicht«, brummelte sie, während sie den Wasserstrahl auf ihn richtete.
Lügnerin.
Der Schlauch fiel ihr fast aus der Hand. »Hör auf damit«, zischte sie. »Hör auf, mir Gedanken in den Kopf zu pflanzen.«
Er gähnte und duckte sich in Richtung des Wasserstrahls, und sie
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