Kuess Mich, Highlander
zurückgelangen muss.«
Er schwieg scheinbar endlose Zeit und sah ihr in die Augen. Sie konnte die Anspannung von seinem Körper ausströmen spüren, während er sie betrachtete, und sie erkannte, dass dieser Krieger aus dem vierzehnten Jahrhundert ebenso bemüht war wie sie zu entscheiden, was als Nächstes zu tun sei.
»Ihr macht mir Angst, Mädchen. Ich dachte, Ihr würdet stürzen. Erklimmt meine Mauern nicht wieder, ja? Ich werde eine Möglichkeit finden, Euch kleine Freiheiten innerhalb des Bergfrieds zu gewähren. Ich vermute, dass Ihr nicht dem Bergfried selbst entkommen wolltet. Ihr seid offensichtlich intelligent genug zu erkennen, dass Ihr nirgendwo hingehen könnt. Aber erklimmt nicht meine Mauern«, wiederholte er. Dann rieb er sich das Kinn und wirkte plötzlich matt. »Ich kann Euch nicht nach Hause zurückschicken, Mädchen. Ich habe Euch darüber letzte Nacht die Wahrheit gesagt. Und Ihr solltet noch etwas wissen. Die Unterhaltung, die Ihr belauscht habt, bevor ihr mich letzte Nacht angegriffen habt, entsprach der Wahrheit: Ich habe einen Schwur geleistet, denjenigen zu töten, wer auch immer mit der Phiole einträfe.«
Lisa schluckte mit plötzlich trockenem Mund. Er war letzte Nacht gekommen, um sie zu töten. Wäre er heimlich hereingeschlichen und hätte ihr die Kehle durchschnitten, wenn sie nicht wach gewesen wäre und ihm einen Hinterhalt gelegt hätte?
Er sah ihr direkt in die Augen. »Aber ich habe beschlossen, vorläufig Abstand davon zu nehmen, meinen Schwur einzuhalten. Das ist nicht leicht für einen Krieger. Unsere Schwüre sind uns heilig.«
»Oh, wie gnädig von Euch«, sagte sie trocken. »Also habt Ihr nicht vor, mich heute zu töten, aber Ihr könntet Euch sehr wohl morgen dazu entschließen. Soll ich das beruhigend finden?«
»Es gibt triftige Gründe für meinen Schwur. Und ja, Ihr solltet dankbar dafür sein, dass ich Euch im Moment am Leben lasse.«
Sie würde nehmen, was sie bekommen könnte. Nicht dass sie viel Handlungsspielraum hätte. »Welche mögliche Bedrohung könnte ich für Euch sein? Warum solltet Ihr einen Schwur leisten, jemanden zu töten, den Ihr nicht einmal kennt?« Aber noch während sie die Fragen stellte, erkannte sie die Antwort darauf - was auch immer sich in der Phiole befand, war unendlich wertvoll. Vielleicht war es ein Hilfsmittel, um durch die Zeit zu reisen. Das würde gewiss erklären, warum die Leute die Phiole mit Verwünschungen belegten und bereit waren, dafür zu töten. Hatte er sie ihr nicht im Moment ihres Eintreffens entrissen?
»Meine Gründe sollen Euch nicht kümmern.«
»Ich glaube schon, dass sie mich kümmern, wenn Eure Gründe darüber entscheiden, ob ich lebe oder sterbe.« Sie wusste, dass Schwüre den Rittern von damals heilig waren. Er hatte nichts zu verlieren, wenn er sie tötete. Sie war eine in der Zeit verirrte Frau. Niemand würde sie vermissen. Sie am Leben zu erhalten schuf für ihn eine Verpflichtung und was sollte ihn davon abhalten, seine Meinung abrupt zu ändern und seinen Schwur doch einzuhalten? Sie würde es nicht ertragen können, nur von einem Tag auf den anderen zu leben und sich stets fragen zu müssen, ob dies der Tag sei, an dem er sie töten würde. Sie musste Einblick in die Gedankenwelt dieses Kriegers gewinnen, damit sie eine Abwehr planen konnte. »Warum habt Ihr beschlossen, Euren Schwur zu brechen?«
»Vorläufig«, korrigierte er sie steif. »Ich habe den Schwur nicht gebrochen, ich habe ihn lediglich nicht erfüllt. Noch nicht.«
»Vorläufig«, sagte sie. Ein skrupelloser Mörder hätte sich nicht die Mühe gemacht, diese Unterhaltung mit ihr zu führen, was bedeutete, dass er Vorbehalte hatte, sie zu töten. Wenn sie erst wüsste, welcher Art diese Vorbehalte waren, würde sie sie zu ihrem Vorteil verwenden. »Also, warum? Ist es, weil ich eine Frau bin?« Wenn das der Fall war, sann sie, würde sie sich von diesem Moment an so weiblich wie nur möglich verhalten. Sie würde vor Verletzlichkeit triefen, mit den Wimpern klimpern und Hilflosigkeit verströmen, während sie alles in ihrer Macht Stehende tun würde, die Phiole heimlich zurückzuholen und wieder die Oberhand zu bekommen.
»Das dachte ich zunächst, aber nein, der Grund ist, dass ich nicht weiß, ob Ihr irgendeiner Sache schuldig seid. Ich habe kein Problem damit, einen Verräter zu töten, aber ich habe noch kein unschuldiges Leben genommen und möchte auch jetzt nicht damit beginnen. Aber, Lisa, sollte ich entdecken, dass
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