Küss! Mich! Jetzt! (Julia) (German Edition)
fing Roxy ein Gespräch an. „Nate und ich haben uns vorhin über Bunyips unterhalten.“
Mr Glenrowan, der sich zu Greg gesetzt hatte, lachte amüsiert. „Laute Biester.“
Marla musterte ihn erstaunt. „Glauben Sie an Monster?“
„Wenn man hier draußen lebt, glaubt man an alle möglichen Dinge“, erklärte Mrs Glenrowan, die neben Marla Platz genommen hatte.
„Jedenfalls sind es in der Nähe des Creeks nistende Eulen, die so durchdringend schreien – wie eine Frau in panischer Angst“, erzählte Mr Glenrowan.
Marla blieb fast der Bissen im Hals stecken. „Brüten sie jetzt gerade?“, keuchte sie.
„Ja, man hört sie von Zeit zu Zeit.“
Als Greg aufstand, um sich eine Serviette zu holen, winkte der Hausherr seine Frau zu sich herüber. Erfreut setzte Greg sich auf den freigewordenen Platz neben Marla.
Nate lächelte zufrieden. „Sie könnten bestimmt so manche Schauergeschichte erzählen“, sagte er zum Hausherrn, um die Unterhaltung in Gang zu halten.
„Aber sicher.“
„Haben Sie eine Lieblingsgeschichte?“, fragte Roxy.
Nate fing Gregs Blick auf und rückte demonstrativ näher an Roxy heran. In diesem Moment fiel Marla der Löffel aus der Hand. Geistesgegenwärtig fing Greg ihn noch in der Luft auf, rückte näher an Marla heran und reichte ihr den Löffel.
„Wir könnten ihnen von der Frau vor fünfzig Jahren erzählen“, schlug Mrs Glenrowan ihrem Mann vor. Begleitet vom Knistern des Lagerfeuers begann sie mit ihrer Erzählung. „Die Tochter eines Generals aus Amerika machte hier Urlaub und hatte sich im Busch verirrt. Tagelang haben der General und seine Frau nach ihr gesucht. Schließlich haben sie ihre Tochter am Creek gefunden.“
„An unserem Creek?“, fragte Roxy.
„Ja. Aber viel weiter stromaufwärts.“
Gespannt erkundigte Marla sich: „Lebte sie noch?“
„Sie atmete, war aber völlig durchnässt und in einem Trancezustand. Immer wieder behauptete sie, der Wassergeist hätte sie gerettet. Sie beschrieb ihn als dunkelhäutig, gut aussehend, mit durchsichtigen Zähnen und tief liegenden, glühenden kohlschwarzen Augen. Das Mädchen kehrte jede Nacht zu der Stelle am Creek zurück, um ihn wiederzusehen.“
Marla riss die Augen auf. „Ein Geist.“
„Und ihr Liebhaber“, fügte Mrs Glenrowan hinzu. „Neun Monate später brachte sie ein Kind zur Welt. Es hatte die Hautfarbe der Mutter, aber seine Augen …“
Marla lief ein Schauer über den Rücken. Instinktiv schmiegte sie sich an Greg, als Mrs Glenrowan sich vorbeugte. „Die Augen waren ungewöhnlich hell – wie die Mittagssonne, wenn Sturm aufkommt.“
Erneut fröstelte Marla, und Greg fragte besorgt: „Ist dir kalt?“
„Nein, schon gut.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ich liebe Horrorstorys, aber …“
„Man bekommt Albträume davon.“ Greg wusste genau, was Marla sagen wollte.
In diesem Moment wurde die Stille von einem markerschütternden Schrei durchbrochen. Erschrocken zuckte Marla zusammen und suchte Schutz bei ihrem Exverlobten.
„Das ist nur eine Eule“, erklärte Mr Glenrowan beruhigend und tunkte ein Stück Brot in die Soße auf seinem Teller, während seine Frau wissend lächelte und sich das Essen ungerührt schmecken ließ.
Ein sehr interessantes Paar, dachte Nate und fragte neugierig: „Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt?“
„Meine Schwester war mit seinem Bruder zusammen“, informierte Mrs Glenrowan ihre Gäste.
„Haben Sie eine Doppelhochzeit gefeiert?“, wollte Roxy wissen.
„Roxy ist sehr romantisch. Sie entwirft Brautmoden“, erklärte Nate und bemerkte Marlas Blick. Offensichtlich dachte sie gerade an ihr eigenes Brautkleid und den Mann, den sie liebte. Genug, um ihm zu vergeben?
Mrs Glenrowan hörte auf zu essen. „Nein, die beiden haben leider nicht geheiratet. Ein Streit, eigentlich ein Missverständnis, hat sie auseinandergebracht. Meine Schwester ist dann fortgegangen.“
„Und sie haben sich nie wieder vertragen.“ Nate atmete tief durch. „Ich hoffe, bei unseren beiden Freunden hier kommt es doch noch zum Happy End.“
„Meine Schwester hat schließlich einen Witwer mit sechs Kindern geheiratet“, erzählte Mrs Glenrowan. „Sie selbst konnte keine Kinder bekommen.“
„Dann hat sich ja doch noch alles zum Guten gewendet“, meinte Marla.
„Mein Bruder hat nie geheiratet“, erzählte Mr Glenrowan. „Er trauert seiner großen Liebe noch immer nach.“ Er umfasste die Hand seiner Frau und küsste sie zärtlich.
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