Küss mich später: Marsden 1 - Roman (German Edition)
fauchte Rex. Von seiner Jovialiät war inzwischen nicht mehr viel übrig. »Dein so genannter Sohn will wissen, was es mit dem Geld in der Asservatenkammer auf sich hat. Was wirst du machen, wenn er herausfindet, was du getan hast?« Seine Worte klangen wie eine Drohung, und genau so waren sie zweifellos auch gemeint.
Alle sahen zu Simon.
»Ich werde meiner Familie alles erklären und bin bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Aber sie werden es nicht von dir erfahren.« Damit öffnete Simon die Tür. »Du bist hier nicht mehr willkommen seit dem Tag, an dem du Serendipity verlassen hast.«
Rex straffte die Schultern. »Soweit ich mich erinnere, hast du mich dazu aufgefordert«, konterte er, bebend vor Wut.
»Was?« Mike sah zu seiner Mutter.
In ihren Augen glänzten Tränen, doch sie wirkte unerwartet gefasst. Die Angelegenheit war offenbar verwickelter, als bisher gedacht.
»Dad?« Sam trat einen Schritt nach vorn, doch Simon hob die Hand.
»Ich werde euch alles erklären, sobald er weg ist.« Er deutete auf Rex.
»Das werdet ihr noch bereuen. Ihr hattet jetzt dreißig Jahre Ruhe. Wollt ihr wirklich diese alten Geschichten noch einmal ausgraben?«
Jetzt hatte Mike endgültig die Nase voll. »Es sieht mir ganz danach aus, als wärst du derjenige, der hier alte Geschichten ausgräbt.« Er packte Rex am Arm und bugsierte ihn nach draußen.
»He, ich bin dein Vater«, erinnerte Rex ihn.
»Simon ist mein Vater.«
»Aber mein Blut fließt durch deine Adern.«
Mike versuchte verzweifelt, bei diesem Gedanken nicht in Panik auszubrechen. Da drin warteten vier Menschen, die ihn liebten und auf die er sich stützen konnte.
Fünf, wenn er Cara mitrechnete.
Mike wandte sich abrupt ab, ging ins Haus zurück und knallte die Tür hinter sich zu. Simon wurde bereits im Wohnzimmer von Erin und Sam, die sich gegenseitig zu übertönen versuchten, mit Fragen bombardiert.
»Nun wartet doch mal, bis Mike da ist. Ich will nicht alles zweimal erzählen müssen.«
Mike musterte Simon voller Stolz, Bewunderung und Liebe.
Er sah ihn nun in einem völlig neuen Licht.
Simon hatte sich in aller Nachdrücklichkeit zu Mike bekannt – gegenüber keinem Geringeren als Rex, Mikes leiblichem Vater, und das, obwohl er dafür in Kauf nehmen musste, dass Rex womöglich seinen Ruf schädigen würde.
Simon hatte ihn großgezogen. Er hatte ihn zu jedem sportlichen Wettbewerb, zu jedem Schulball, zu jeder Abschlussfeier begleitet. Und er hatte sich kein einziges Mal so verhalten, als würde ihm Mike weniger bedeuten als seine eigenen Kinder. Trotzdem hatte sich Mike stets weniger wichtig gefühlt, hatte das Gefühl gehabt, weniger wert zu sein als Sam und Erin. Und das alles nur, weil er wusste, dass sein leiblicher Vater ihn verlassen hatte. Irgendwie hatte Mike tief drin stets die Befürchtung gehegt, dass Simon ihn genauso wenig haben wollte wie Rex.
Wie hatte er nur so falsch liegen können? Mike schämte sich dafür, dass er Simon so wenig Vertrauen geschenkt hatte. Was auch immer damals geschehen war, es war Mike egal. Er würde Simon mit Zähnen und Klauen verteidigen.
Er trat zu ihm und umarmte ihn, dann gesellte er sich zu Cara, die auf einem großen Fauteuil saß.
»Geht’s dir gut?«, fragte sie besorgt.
Er nickte, und zum ersten Mal war das die reine Wahrheit.
»Ich sollte jetzt gehen, damit du dich ungestört mit Simon unterhalten kannst«, flüsterte sie.
Er schlang ihr einen Arm um die Taille und hielt sie fest. »Es ist auch dein Fall, und jetzt bekommen wir endlich die Antworten, auf die wir schon die ganze Zeit warten.« Außerdem war es ihm ein persönliches Anliegen, dass sie noch blieb und alles erfuhr.
»Erzähl es ihnen, Simon«, sagte Ella mit fester Stimme.
Und da wurde Mike klar, dass sie alles wusste. Sie hätte ihnen schon die ganze Zeit die nötigen Antworten liefern können. Natürlich. Ella und Simon hielten zusammen wie Pech und Schwefel. Sie hatten keine Geheimnisse voreinander. Mike schüttelte den Kopf. Er hatte seine Mutter unterschätzt.
Simon baute sich in der Mitte des Wohnzimmers auf und blickte seinen Kindern ins Gesicht. »Es ist wahr, was man so munkelt. Das Winkler-Motel hat seine Zimmer stundenweise vermietet. Die Mädchen wurden aus Manhattan importiert, die Preise haben die Kunden vor Ort bestimmt. Die Winkler Boys, wie sie genannt wurden, haben für ein Syndikat aus Manhattan gearbeitet und nur Bargeld akzeptiert, und die Prostitution war neben ihren Drogengeschäften
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