Küss mich später: Marsden 1 - Roman (German Edition)
einander kannten, schließlich war Cara in dieser Gegend aufgewachsen und arbeitete auch oft hier.
»Wenn ich um diese Uhrzeit Kaffee trinke, tue ich nachher kein Auge zu. Hast du nicht irgendetwas ohne Koffein? Tee vielleicht?«, fragte Cara.
»Aber klar doch. Was ist dir lieber, entkoffeinierter Kaffee oder Kamillentee?«
»Kamillentee klingt super. Danke, Lynette.«
»Und für den Polizeichef? Kaffee?«
Mike nickte. »Danke, gern.«
Gleich darauf kehrte Lynette mit zwei Tassen zurück und verzog sich anschließend wieder hinter den Tresen.
Cara legte die Hände um ihren Tee und schloss seufzend die Augen. Die Wärme schien ihr gutzutun.
Mike war froh, dass er darauf bestanden hatte hierherzukommen. Er wartete noch einen Moment ab, dann räusperte er sich.
Sie schlug die Augen auf. »Was ist?«, fragte sie argwöhnisch. »Willst du wissen, wie oft mein Vater sich betrinkt? Ausflippt, Leute verprügelt und mit Geschirr um sich wirft?«
Wider Erwarten ärgerte ihn ihr aufsässiger Tonfall nicht, sondern weckte lediglich sein Mitgefühl. »Ich will gar nichts wissen, Cara, es sei denn, du willst dir irgendetwas von der Seele reden. Ich wollte nur, dass du dich etwas beruhigst, bevor du nach Hause fährst.«
»Oh.« Cara schlug verlegen die Augen nieder. »Tut mir leid. Es ist bloß …« Sie brach ab.
»Es ist dir peinlich«, beendete er den Satz an ihrer Stelle.
»Ja.«
»Es muss dir nicht peinlich sein. Ich beurteile dich nicht nach dem Benehmen deines Vaters oder deiner Mutter«, versicherte er ihr.
»Und du verurteilst mich auch nicht, weil ich nicht reingegangen bin und mich davon überzeugt habe, dass es meiner Mutter gut geht?« Sie saß sehr steif und aufrecht da, in der hintersten Ecke, möglichst weit weg von ihm, was allerdings nicht allzu weit war. Mike legte einen Arm auf die Rückenlehne, sodass er zumindest ihre Haare berühren konnte, und wickelte sich eine Strähne um die Finger.
Sie seufzte tief und ließ die Schultern ein klein wenig sinken. »Ich habe für sie getan, was ich konnte. Wenn ich reingegangen wäre und mit ihr geredet hätte, wenn ich sie angebettelt hätte, meinen Vater zu verlassen, dann hätte ich ihn damit nur noch mehr in Rage gebracht und alles noch schlimmer gemacht.« Der Frust trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie wischte sie mit dem Handrücken weg.
Mike tat wohlweislich, als würde er es nicht bemerken. »Vor mir musst du dich nicht rechtfertigen. Du redest hier mit jemandem, dessen Erbgut bestenfalls fragwürdig ist«, sagte er, obwohl er das Thema sonst nur äußerst ungern anschnitt. »Mein richtiger Vater ist einfach untergetaucht und ward nie mehr gesehen.«
Mike war ihm eben einfach nicht wichtig genug gewesen. Und für Simon und Ella war er nicht gut genug. Er war seit jeher der Überzeugung, dass sie ohne ihn besser dran waren.
»Und irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass die Nachforschungen, die wir zwei demnächst gemeinsam anstellen müssen, meine Familie auch nicht gerade in einem guten Licht dastehen lassen werden. Also, wie gesagt, ich werde mir ganz sicher kein Urteil über dich anmaßen. Ich bin für dich da, ich höre dir zu, und ich werde dich nicht wegen der Entscheidung, die du getroffen hast, kritisieren.« Er zögerte kurz, dann fügte er hinzu: »Ehrlich gesagt finde ich, du hast das Richtige getan.«
»Im Ernst?« Sie sah ihn an, mit ihren großen, feuchten Augen, und erst da wurde ihm klar, was für ein unsicherer Mensch sie eigentlich war.
»Ja, im Ernst.« Dann legte er entschlossen den Arm um sie und zog sie näher. »Es erfordert ganz schön viel Mut, sich rauszuhalten, wenn man weiß, dass es einem anderen Menschen schlecht geht. Aber manchmal kann man nichts anderes machen.«
Cara nickte. »Genau. Ich kann ihr nicht helfen, wenn sie es nicht will. Sie muss den ersten Schritt tun.«
»War es schon immer so?«, erkundigte sich Mike.
»Es war seit jeher ein Auf und Ab. Wenn er Arbeit hatte und gut drauf war, hatte er auch sein Alkoholproblem im Griff, aber sobald irgendetwas schiefging, waren alle anderen daran schuld, und er gab sich seiner Sucht hin. Und je mehr er trank, desto lauter und hässlicher ging es zu Hause zu.«
Mike hatte insgeheim befürchtet, dass sie sich auf seine Frage hin völlig zurückziehen würde, doch das Gegenteil war der Fall. Sie schien sogar etwas aufzutauen, und er war froh darüber. Denn da war noch etwas, das ihm keine Ruhe ließ, doch wieder war er nicht sicher, wie sie auf die Frage
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