Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)
nichts Aufregendes.«
Sie zögerte keinen Moment. »Ein Sandwich wäre jetzt wunderbar.«
Sam schaltete die Verandalampen an und erinnerte sie: »Vergessen Sie die Hausschlüssel nicht.« Er stieß einen leisen Pfiff aus. »Na, Max, eine kleine Spazierfahrt gefällig?«
Max ließ sich nicht zweimal bitten. Er raste an ihnen vorbei durch die Haustür, den Gehweg hinunter und durch die offene Gartentür schnurstracks zu Sams Geländewagen, wo er sie erwartungsfroh empfing.
Kapitel 7
Mary Lou Preston war in Samuel Law verknallt.
Es hatte in der dritten Klasse begonnen, als sie ihm kurz vor den Ferien in der Garderobe aufgelauert, einen Kuss von ihm gefordert und sich mit einem Nein als Antwort nicht abgefunden hatte. Damals war sie nicht nur größer, sondern auch stärker als Sam. Das hatte sich in der achten Klasse irgendwann geändert, als er einen Schuss in die Höhe getan und sowohl sie als auch alle anderen in Mrs. Moores Klasse größenmäßig überflügelt hatte.
An jenem Tag in der Garderobe hatte sie jedenfalls auf dem Kuss bestanden, und Sam hatte ihr nachgegeben. Es war mehr und weniger gewesen, als sie erwartet hatte: Sam küsste sie, als wäre sie eine Kreuzung aus seiner kleinen Schwester und dem Laubfrosch, den er, wie sie wusste, in einem Glasterrarium auf dem Fensterbrett in seinem Schlafzimmer stehen hatte.
Dennoch beschäftigte sie seit dieser kurzen Begegnung eine Frage, die ihr während ihrer gesamten Schulzeit bis zu ihrem Abgang in der zehnten Klasse, als sie Warren Preston heiratete, nie aus dem Kopf gegangen war: Wie wäre es wohl, von Samuel Law richtig geküsst zu werden?
Nach diesem Vorfall hatte sie Sam, wann immer er während seiner College-Zeit seine Ferien zu Hause verbracht oder im Sommer mit nacktem, goldbraun gebranntem, muskulösem Oberkörper beim Straßenbau gearbeitet hatte, heimlich beobachtet.
Wie auch immer, als sie einige Jahre später hörte, dass er irgendein Stipendium für die Harvard Law School gewonnen hatte, wusste sie, dass sich ihre Wege in Zukunft wohl kaum kreuzen würden.
Niemand war deshalb überraschter als Mary Lou, als Sam plötzlich wieder in Sweetheart aufkreuzte und sich dort niederließ. Ihre Beziehung hatte sich in den siebenundzwanzig Jahren seit dem Kuss allerdings nicht wesentlich verändert: Sie war immer noch in Sam verknallt, und Sweethearts begehrtester Junggeselle behandelte sie immer noch wie seine kleine Schwester.
Um genau zu sein, Sam behandelte jede Frau in der Stadt wie seine kleine Schwester, oder wie eine alte Tante oder manchmal sogar wie eine Großmutter, je nachdem, wie alt die betreffende Dame gerade war, was die Spekulationen unter den Trockenhauben auf Blanche’s Beauty Farm freilich mächtig anheizte: War er schwul, oder war er vielleicht einer dieser Zölibatäre, die zwar »könnten«, aber freiwillig darauf verzichteten?
An dieser Stelle der Unterhaltung kam jedes Mal Sams Verlobung – nun gut, seine geplatzte Verlobung – ins Spiel sowie der Name Patsy Hicks aus dem benachbarten Paradise County, deren Ruhm sich allein darauf begründete, dass sie »es« auf der High School mit ihm gemacht hatte. Patsy war seither nie müde geworden, davon zu erzählen, wie der Boden unter ihren Füßen richtig gebebt hatte.
Am Ende meldete sich dann immer noch irgendjemand zu Sams Verteidigung zu Wort und steuerte als Erklärung, dass Sam Sweethearts Töchter und Schwestern nicht verführte, eine ganz andere Variante bei: »Vielleicht ist er ja so damit beschäftigt, immer das Richtige zu tun, dass es ihm gar nicht in den Sinn kommt, das Verkehrte zu tun.«
Und ein anderer fügte unweigerlich hinzu: »Nun lasst den Jungen doch einfach mal in Ruhe.«
Und damit war die Diskussion beendet – bis zum nächsten Mal.
Natürlich erlaubte sich Mary Lou, davon zu träumen, eine heiße, erotische Nacht in Sams Bett zu verbringen, selbst wenn sie »es« schon so oft in ihrem Leben gemacht hatte, dass sie gar nicht mehr mitzählte, wofür es vermutlich mehrere Gründe gab. Sie war fünfunddreißig, dreifach geschiedene Mutter zweier Teenager (derentwegen hatte sie nach ihrer letzten Scheidung wieder den Namen Preston angenommen), strebte den High-School-Abschluss auf dem zweiten Bildungsweg an und servierte, wenn Mike sie anforderte, als Aushilfskellnerin Sandwichs und Bier im McGinty’s.
An diesem Abend spazierte Samuel Law mit einer Frau von der Sorte ins McGinty’s, der Mary Lou Preston, wie sie wusste, nie das Wasser würde
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