Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)
reichen können: einer Frau von Klasse, einer Frau der Extraklasse!
Es war Mike, der die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf die Eingangstür des Pubs lenkte. »Sam, du alter Halunke«, rief er mit seinem unverwechselbaren irischen Akzent aus, so wie er es bei all seinen Stammkunden machte.
Sam winkte ihm kurz zu und ließ seine strahlend weißen Zähne aufblitzen, um ihm sein unwiderstehliches Lächeln zu schenken. »Hey, Mike, wie geht’s?«
»Ich kann mich nicht beklagen.« Mike ließ sich bei seiner Arbeit nicht stören und wischte weiter die Theke mit einem feuchten Tuch ab. »Obwohl ich immer noch auf den Topf Gold warte, den mir unser Kobold versprochen hat.« Ein paar Gäste lachten leise. Mike zuckte die bulligen Schultern. »Aber immerhin hab ich mich heute, zumindest laut Hilda, noch nicht zu einem kompletten Idioten gemacht.«
Als Mike McGinty die Frau an Sams Seite bemerkte, brach er seine Wischerei mitten in der Bewegung ab. »Möchtest du einen Tisch?« Alle wussten, dass Sam sich sein Sandwich gewöhnlich direkt von der Theke wegnahm.
»Ein Tisch wäre schön«, erwiderte Sam, wobei seine Hand in der Höhe der Taille seiner Begleiterin schwebte. Und es gelang ihm tatsächlich, sie ohne jede Berührung zu einem freien Tisch zu dirigieren.
»Mary Lou ist gleich bei euch«, rief Mike ihnen nach.
»Wer ist das da bei Sam?«, zischelte eine neugierige weibliche Stimme an dem Tisch, an dem Mary Lou gerade Kaffee nachschenkte.
Sie riss den Blick von den beiden los und schenkte nach. »Ich weiß nicht, Mrs. Goldman. Ich glaube nicht, dass sie von hier ist.« Mary Lou kannte so gut wie jeden im County. Doch die große blonde Frau war ihr noch nie unter die Augen gekommen.
Mrs. Goldman spähte über ihre Bifokalbrille. »Schwarz ist nicht ihre Farbe.«
Die Frau ihr gegenüber mischte sich ein. »Wie kommst du denn darauf?«
Goldie führte ihren Kaffeebecher zum Mund und pustete einmal über die brühend heiße Flüssigkeit, als reichte das aus, sie auf eine trinkbare Temperatur herunterzukühlen. »Schwarz lässt sie irgendwie verhärmt aussehen.«
Ihre Tischgenossin und lebenslange Freundin Minerva Bagley nahm die Gelegenheit wahr dagegenzuhalten. »Sie sieht modisch blass aus, Goldie.«
»Blass bleibt blass«, murmelte die Frau.
»Blass ist heutzutage in«, klärte Minerva sie auf. »Es ist sehr viel gesünder, als sich stundenlang bräunen zu lassen. Hast du nicht letzte Woche in der Journal Gazette gelesen, wie schädlich die UV-Strahlen für die Haut sind?«
»Das muss ich überlesen haben, Minerva.« Goldie nippte wieder an dem heißen, ungesüßten Kaffee. Ihr Blick folgte der Frau an Sams Seite. »Sie sieht teuer aus.«
»Sie sieht sehr teuer aus«, stimmte Minerva zu. »Ob sie ein Model ist?«
Goldie schüttelte den Kopf. »Dazu ist sie nicht groß genug. Ihre Größe verdankt sie hauptsächlich den hohen Stöckeln, die sie trägt.« Sie rümpfte die Nase. »Ich wette, die haben ein paar Cent gekostet!«
Minerva Bagley seufzte wehmütig. »Ich erinnere mich, als ich selbst noch hohe Absätze tragen konnte. Erinnerst du dich an unsere Stöckelschuhzeit, Goldie? Oh, ich meine nicht diese klobigen Altweiberschuhe, die wir heute tragen, sondern die richtigen High Heels – schlanke neun, zehn, ja manchmal sogar fünfzehn Zentimeter hoch. Die Dinger, in denen wir uns so groß und elegant vorkamen.«
»Sie haben uns Hühneraugen beschert und die Füße kaputtgemacht«, erinnerte Goldie sie. Sie konnte es einfach nicht lassen – wie ein Hund, der an einem besonders saftigen Knochen nagte. »Ich wüsste zu gern, wer sie ist.« Sie dachte nicht daran, ihre Stimme zu senken. Seine Meinung zu sagen war nach Goldies Ansicht die Entschädigung dafür, dass man alt wurde.
»Sie ist sehr elegant«, sagte Minerva mit einem winzigen Anflug von Neid in der Stimme.
»Sie sieht aus wie aus der Großstadt. Und sie sieht aus wie jemand, der eine Menge Geld im Kreuz hat.« Plötzlich weiteten sich Goldies Augen. »Ich wette, sie ist die piekfeine Verlobte von Sam.«
»Exverlobte.«
»Vielleicht ja doch nicht so ex«, spekulierte Goldie mit kaum verhohlener Neugier. »Sie ist hier, nicht wahr?«
Minerva hatte keine Lust, über die Logik ihrer Freundin zu streiten. »Ja, sie ist hier.« Sie wagte sich mit einer eigenen Meinung vor. »Ich finde, sie geben ein perfektes Paar ab.«
Goldie hielt ihre Tasse Mary Lou zum Nachschenken hin. »Warum das, um Himmels willen?«
Minerva ließ sich nicht beirren.
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