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Kuess mich toedlich

Kuess mich toedlich

Titel: Kuess mich toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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merkwürdiges Licht und hoffte, es bedeutete, dass es nun vorbei war. Vorbei mit allem, vorbei mit den Ratten. Aber sie irrte sich.
    Ein Licht brach durch den Türspalt und erhellte den stickigen Dachboden. Ein Mann betrat den Raum. Er hob sie hoch. Brachte sie von dort weg. In Sicherheit.
    Verzweifelt klammerte Sarah sich an ihrem Retter fest. Er war gut. Sie konnte es fühlen. Sie spürte seine Angst um sie und sein aufrichtiges Mitleid. Sie versuchte, zu verdrängen, was gerade passiert war. Doch sie würde es niemals vergessen können. Das laute, gehässige Lachen ihrer Mitschüler dröhnte laut in ihren Ohren, als der Mann sie davontrug. Jeder Junge und jedes Mädchen ihres Jahrgangs hatte mitgemacht und hasste sie. Zu oft schon hatte sie ihre Ablehnung spüren müssen, wenn sie sich einen Spaß daraus gemacht und das Spiel Berühr-das-seltsame-Mädchen mit ihr gespielt hatten.
    Nach diesem Vorfall war in der Schule und Zuhause alles weitergegangen wie zuvor, als wäre nichts geschehen. Selbst ihr Vater hatte genug von den Scherereien mit ihr, auch wenn er es nie aussprach. Jede Hoffnung, sich ihm anzuvertrauen, löste sich danach in Luft auf. Für Sarah hatte sich alles verändert. Von da an hütete sie ihr Geheimnis, wechselte die Klasse, versuchte, noch weniger aufzufallen und vertraute keinem anderen Menschen mehr.
    Bis jetzt …
    »Ja, ich habe dich belogen. Aber ich habe meine Gründe dafür, gute Gründe und ich habe diese Sache über mich noch nie jemandem erzählt .«
    »Bitte, erzähl es mir doch, damit ich nachvollziehen kann, was Michael mit dir gemacht hat .«
    »Gerade darüber möchte ich nicht sprechen .« Düsternis schien sich auf sie zu legen. Ben seufzte, verließ seinen Schlafsack und setzte sich zu ihr auf die Matratze. Seine Augen flehten Sarah an, es ihm doch zu erzählen. Er nahm ihre Hand.
    »Ich bin da. Du kannst es mir sagen .«
    Schöne Worte, aus einem schönen Gesicht. Aber konnte sie dem trauen? »Ich bin schuldig, Ben !« Sarah drückte fest seine Hand, bis es wehtat.
    »Ich weiß. Aber nicht für mich«, sagte er einfach.
    »Du verstehst nicht. Ich habe keine Ahnung, was ich bin, was mit mir nicht stimmt, aber die Dinge, die ich kann, sind schrecklich. Ich hasse es so sehr .« Jetzt rannen ihr Tränen über die Wange.
    »Aber warum ?« , fragte er sehr sanft.
    »Weil es mich zugrunde richtet !« Sie versuchte, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten, die brach, wenn sie sprach. »Seit ich zehn Jahre alt bin, kann ich keine Menschen berühren .« Sarah sah kurz auf ihre mit Bens verschränkte Hand. »Normalerweise müsste ich jetzt am Rande des Wahnsinns sein …Wenn ich Menschen berühre oder sie mich, sehe, fühle oder höre ich Dinge von ihnen, die ich nicht hören sollte. Manchmal sind es nur Gefühle oder Erinnerungsfetzen. All zu oft ist es ein tosend lautes Wirrwarr aus Gedanken. Alles stürmt auf mich ein, es erdrückt mich förmlich. Wenn es nur ein Mensch ist, ist es gerade noch auszuhalten, aber sind es mehrere …Du hast nie gesehen, wie ich in der U-Bahn ausraste. Seit meinem ersten Tag in der Stadt war ich nie wieder fähig, U-Bahn zu fahren. Es ging einfach nicht .« Sie sprach manisch, das wusste sie. Alles sprudelte nur so aus ihr hinaus. Ben beobachtete sie aufmerksam. »Deshalb lebe ich so isoliert, habe meinen Vater aus meinem Leben geschnitten, um ihn endlich von der Bürde, die ich bin, zu befreien. Meine Andersartigkeit hat sein Leben ruiniert. Er konnte mich seit meinem elften Lebensjahr nicht mehr in den Arm nehmen, weil ich es nicht aushielt, all seine privaten Gedanken und Gefühle zu kennen. Du hast keine Ahnung, wie sehr es einen zerstört, wenn man genau fühlen und hören muss, wie der Vater einen als Last empfindet. Er war immer für mich da, aber ich und diese Sache machten uns kaputt. Ich bin mit sechzehn gegangen, hab meine Lehre angefangen und mich von allem anderen ferngehalten. Alles wollte ich hinter mir lassen, die Schule, in der man mich verspottet und gequält hat und mein Zuhause, in dem jeder nur in mir den Freak sah und es niemanden gab, dem ich mich anvertrauen konnte. Keine Ahnung, woher das kommt, was ich kann. Aber es ist ein Fluch und ich würde alles tun, damit es weggeht .«
     
    *
     
    Sarah brach bitterlich in Tränen aus. Ben fand, dass sie noch nie so verletzlich und jung ausgesehen hatte wie in diesem Moment. Er nahm sie fest in den Arm und ließ sie weinen. »Versuch, dich zu beruhigen«, murmelte er ihr nach einer Weile

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