Kuess mich toedlich
Familie erfüllt ihre Pflichten immer. Dieses verlassene Stückchen Erde ist unsere einzige Möglichkeit, uns ihrem Einflussbereich einigermaßen zu entziehen. Wenn du dich an meine Regeln hältst und wir weiterhin vorsichtig bleiben .«
Sarah erschrak beim Gedanken daran. Was waren das für Monster? Und diese Monster waren hinter ihr her. Und hinter Ben. »Alles, weil du mich gerettet hast? Vor diesem Michael?«
»Nein. Schon allein deshalb, weil ich dich nicht gut genug ausspioniert habe und versucht habe, deine Beseitigung zu verhindern. Wir sollen unsere Opfer hassen und nicht beschützen !«
»Aber wieso ich? Wieso bin ich dieser ominösen Familie überhaupt aufgefallen? Wie kamen sie auf mich ?« Sarah wollte es endlich wissen.
»Ehrlich gesagt, das weiß ich nicht. So etwas erfahren wir eigentlich nie. Ich bekomme einen Auftrag. Was ich für Informationen erhalte, entscheiden sie und auch warum derjenige verdächtigt wird. In deinem Fall habe ich nur den Auftrag bekommen, dich zu überwachen, dein Vertrauen zu gewinnen, dich wenn nötig zu verführen, damit ich herausfinden kann, ob mit dir etwas nicht stimmt. Das Wieso hat einen Assassin , einen Killer wie mich, nicht zu interessieren. Ich weiß eigentlich nur, dass es eine Akte über deine Mutter gibt oder gegeben hat und dass es mit ihr zu tun hat .«
Sarah stieß den Sessel beiseite und trat einige Schritte von Ben zurück. Tränen brannten in ihren Augen. Es gab eine Akte über ihre Mutter, aber viel schlimmer war etwas anderes. »Dann war es also doch geplant«, schrie sie ihn an, »diese Verführungsmasche. Alles, was du mich hast glauben lassen, für mich zu empfinden .« Sie schlang die Arme um sich.
»Nein. So ist es nicht. Ich weiß, wie es sich anhört, aber es ist einfach nicht so. Das schwöre ich dir. Wenn es so wäre, würden wir hier nicht sitzen und uns verstecken .«
*
Ben schloss fest die Augen. Sie würde ihm wohl nie wieder wirklich glauben oder gar vertrauen. »Entschuldige mich«, murmelte er, stand auf und ging zur Hintertür hinaus. Er packte das Beil und spaltete Holz. Sein Weg, seine Frustration zu vertreiben.
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und ließ die Holzscheite liegen, wie sie auseinanderfielen. Abgespannt kramte er eine einzelne Zigarette aus seiner Jackentasche aus der Notschachtel hervor und sog den beruhigenden Rauch ein, den er sich sonst immer verwehrte. Gerade jetzt brauchte er ihn dringend. In der Küche hatte er das scheußliche Gefühl nicht loswerden können, dass Sarah sich weiter von ihm entfernte und diese Entwicklung vielleicht noch vorantrieb. In Gedanken lachte er sich aus, weil er tatsächlich gehofft hatte, diese Abgeschiedenheit und die Möglichkeit, ihr alles zu erklären, würde sie einander wieder näherbringen. Er war ja so dämlich. Ihre Körpersprache vorhin war klar und deutlich für ihn zu lesen gewesen. Verkrampfte, verschränkte Hände und schneller werdender, flacher Atem. Sarah hatte sich ertappt und bedroht gefühlt, hatte jedoch die Fassung behalten, damit er weitererzählen konnte. Ben hatte gedacht, die kleinen Aufmerksamkeiten wie die Matratze, die er ihr vor drei Tagen mitgebracht hatte, würden zu seinen Gunsten arbeiten, doch es schien nur ein Tropfen auf einen heißen Stein für sie zu sein. Er war sogar richtig dämlich.
Nachdem er die Zigarette ausgetreten und eingesammelt hatte, ging er mit der Lampe ins Schlafzimmer. Auf dem kleinen Tisch flackerte die Öllampe, die sie für ihn anließ, seit sie bemerkt hatte, dass Ben noch lange nach ihr aufblieb. Er mochte diese Aufmerksamkeiten von ihr viel zu sehr. Seit er mit der Matratze angekommen war, hatte er es nicht gewagt, sich neben sie zu legen. Deswegen schlief er seine paar Stunden immer in einen dicken Schlafsack gewickelt, der die Kälte fernhielt, ihn aber immer daran erinnerte, dass er weit weg von ihr allein blieb. Ben versuchte, leise in seinen Schlafsack zu krabbeln, als ihre Stimme ihn plötzlich innehalten ließ.
»Ich versuche ja, das alles zu verstehen, dich zu verstehen. Aber das ist verdammt schwer«, flüsterte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Du hast mich sehr verletzt .«
Ben starrte liegend ihren schmalen Rücken an und spürte ein heftiges Ziehen in Brust und Magen. »Ich weiß, Sarah«, gestand er ernst. »Ich weiß auch, dass ich es nicht ungeschehen machen kann. Aber bitte glaub mir, dass alles, was zwischen dir und mir passiert ist, nur passiert ist, weil ich es wollte und
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