Kuess mich toedlich
und einen gefälschten Ausweis für jeden von ihnen. Er hatte sie vor ein paar Wochen anfertigen lassen. Ohne einen Blick zurück, verließ sie das halb verfallene Kastell, den einzigen Ort, an dem sie jemals glücklich gewesen war, und rannte in den Wald. Ben hatte ihr verboten, sollte sie jemals fliehen müssen, den Wagen zu nehmen.
Versteck dich im Wald und halte dich von den großen Straßen fern. Benutz die Landkarte und nimm jeden Trampelpfad, den du finden kannst. Keine Bahnhöfe oder sonstige Umschlagplätze. Verschwinde von der Bildfläche, Sarah, sodass nicht einmal ich dich finden würde.
Mit einer schmerzlichen Intensität hörte sie seine Stimme im Kopf. Hastig wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. Keine drei Kilometer hatte sie hinter sich gebracht, als es endgültig über sie kam. Etwas zerrte ihren Magen zu Boden und verpasste ihr einen stechenden Schmerz in der Brust. Sie würde das hier nie überleben, nicht ohne Ben.
Nicht einmal ein paar Kilometer konnte sie gehen, ohne gleich völlig fertig zu sein. Mit grausamer Sicherheit wusste sie, sie war viel zu schwach, um zu überleben. Der Wagen konnte nicht weit weg vom Kastell gewesen sein und inzwischen suchten bestimmt eine Handvoll Männer nach ihr, die so stark und gut ausgebildet waren wie Ben. Sie hatte doch keine Chance. Warum sollte sie überhaupt versuchen, zu entkommen? Es war ja doch sinnlos. Aber ihr Instinkt befahl ihr dennoch, weiterzumachen, also sammelte sie ihr verheultes Ich vom Waldboden auf und lief weiter.
Nur ein paar Schritte später hörte sie ein deutliches Knacken hinter sich. Dann, als sie stehen blieb, ein Rascheln. Jemand war hier. Sarah versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie seine Anwesenheit bemerkt hatte, und kramte scheinbar beiläufig in ihrem Rucksack. Sie zog die Karte aus dem Seitenfach und gab vor, sich zu orientieren, während sie mit rasendem Herzschlag verfolgte, wie der Mann sich ihr von hinten näherte. Seinen heißen Atem verspürte sie bereits im Nacken, als sie sich umdrehte und in die eisblauen Augen eines riesigen Kerls mit Glatze starrte, der sie binnen einer Sekunde packte und zu Boden drückte.
»Jetzt haben wir dich auch noch. Beweg dich bloß nicht, sonst mach ich dich fertig !« , zischte er sie an. Sarah versuchte gar nicht erst, sich gegen ihn zu wehren. Er war zwanzig, wenn nicht dreißig Kilo schwerer als sie und bestand aus Muskelbergen. Zufrieden lächelte er, als er in das Headsetmikro sprach. »Sekundärziel gefasst und unschädlich gemacht. Folgt meinem Signal und sammelt uns ein .«
Sarah versuchte, nicht in die kalten Augen des Mannes mit der Glatze zu sehen, sondern konzentrierte sich nur auf ihre Atmung, die er mit seinem Gewicht erschwerte. Er verlagerte seinen Körper, um von ihr runterzuklettern . Von der Schwere befreit, begann sie wieder Gefühl in den Gliedern zu bekommen. Und sie fühlte die Umrisse des Messers, das sie sich in die Landkarte gesteckt hatte, direkt unter sich. Der Glatzkopf fasste an die Pistole, die in seinem Gurt steckte, und beugte sich zu ihr herab. Sie stach zu. Ihre verkrampfte Hand rutschte ab, als das Messer in seiner Schulter stecken blieb. Sie hatte mit einem Schmerzensschrei oder einem Zusammenzucken gerechnet. Beides kam nicht. Nur ein Wutausbruch folgte, der alles andere als vorteilhaft für sie war. Der Kerl zog sich das Messer mit einem kurzen Schrei aus der Schulter, um es gleich darauf auf sie hinabsausen zu lassen. Instinktiv drehte sie sich weg und er erwischte sie nur am Oberarm. Sie schrie auf. Der Schmerz fuhr ihr durch den Körper, doch sie zögerte nicht. Sie trat ihm mit voller Wucht gegen die Hoden. Jetzt schrie er und krümmte sich. Wie ein Ringer stürzte sie sich auf ihn und versuchte, an die Waffe zu kommen, doch er wehrte sich heftig. Als sie zubiss und er die Hand vom Halfter nahm, konnte sie ihm endlich die Pistole abnehmen und hievte sich mit der Waffe in der Hand von ihm hoch.
»Und was jetzt ?« , presste er hervor. »Du erschießt mich und was dann ?« Er lachte sie aus. »Wir sind fünf. Fünf Männer, die nur dazu ausgebildet wurden, um Dreck wie dich zu jagen und zu töten. Denkst du wirklich, du hast auch nur die geringste Chance ?«
Er hatte recht , sie würde am Ende dieser Nacht wohl von ihnen gefasst und getötet werden, aber Ben hätte gewollt, nein, verlangt, dass sie es wenigstens versuchte. Also hob sie die Waffe an, zielte auf seine linke Flanke und drückte ab. Trotz seiner
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