Kuess mich toedlich
ihn drangehängt hatte. Ein guter Rausch und vier oder fünf Überfälle machten noch keine Freunde. Jemand sollte das dem Idioten beibringen. Er hatte Besseres zu tun. Sein Opfer dieser Nacht brachte gerade die morsche Holzbrücke hinter sich. Sie würde keinen Ärger machen, dieses dürre dunkelhaarige Weib mit den schwarzen Klamotten und den schwarz geschminkten Augen. Nur noch ein paar Meter, dann kam sie an den Büschen vorbei. Sie sprangen daraus hervor und er war sich sicher, dass er richtig einschüchternd wirkte mit seinem verlotterten Aussehen, dem Süchtigen an seiner Seite und dem Messer in der Hand. Aber das Einzige, das wirklich furchterregend für das Mädchen zu sein schien, war ihr Gestank, denn sie presste sich die Hand vor die Nase und musterte sie mit aufgerissenen Augen. Er markierte den Starken, weil er wusste, dass die Weiber dann immer Angst bekamen und mit der Kohle rausrückten. »Los, gib uns dein Geld und die Tasche oder ich stech dich ab !« Seine Drohung war ernst gemeint, auch wenn das Messer in seiner Hand zitterte. Es zitterte nur, weil er bereits wusste, wie schlimm es werden konnte, wenn er das Messer benutzte.
Das Mädchen schien sich keineswegs in die Hose zu machen. Seltsamerweise ging sie auf sie zu, als hätte sie fast nur auf diese Gelegenheit gewartet. Verfluchter Mist, was war hier los? »Na los, Kleiner! Ich werde dich nicht aufhalten. Mach schon! Denkst du, ich hab Angst vor deinem mickrigen Messer? Na los, tu mir den Gefallen. Ein Stich bringt dir meinen halben Lohn. Garantiert .«
Das Mädchen hatte dabei weder gebrüllt noch geheult. Verdammt, sie war nicht mal laut geworden. Sie sprach mit fester Stimme und er erkannte in ihren dunklen Augen keine Angst. Sie musste bluffen. Er war sicher. Sie war nur ein Mädchen! »Darauf fall ich nicht rein. Gib’s Geld her oder ich mach’s wirklich .«
Der kleine Fixer begann hektisch an seinen Fingernägeln zu knabbern und beobachtete, was vor sich ging. Sie fixierte ihn mit diesen dunkel umrandeten Augen und kam zwei Schritte näher, sodass die Messerspitze gegen ihr schwarzes Top drückte. »Wie dämlich bist du eigentlich? Ich sagte, tu es! Sonst bekommst du keinen Cent von mir. Du willst mein Geld, also mach schon! Benutz das Messer .«
Sie flüsterte ihm leise ins Ohr, mit einer sanft drohenden Stimme, von der ihm schlecht wurde. Ihm stellten sich die Nackenhaare auf. Ihre leisen Worte waren irgendwie zum Fürchten. Sie war nicht ganz richtig.
»Lass uns abhauen«, hörte er seinen Kumpel nervös zischen. »Die da ist total verrückt. Bei der würd ich jede Wette eingehen, dass sie ein Horrortrip ist .«
Er bepinkelte sich vor Angst, dieser Schisser. War ja klar! Aber auch er konnte nicht aufhören, das Mädchen anzustarren, dessen leerer Blick sich in seinen bohrte. Sicher, er hatte ein Messer, aber die Alte war total irre. Wenn er eines von seiner versoffenen Mutter gelernt hatte, dann, dass man gegen eine Verrückte nicht gewinnen konnte. Keine Chance. Also trat er ein paar Schritte zurück, das Messer vor sich zur Abwehr und rannte so schnell er konnte weg. Wenigstens war er so auch gleich den Jungen los.
*
Sie blieb stehen und versuchte, zu begreifen, was schief gelaufen war. Aber sie nahm es hin, wie sie alles in letzter Zeit hinnahm, ohne Anteil daran zu nehmen. Ein Gefühl des Bedauerns blieb an ihr haften, als sie zusah, wie der Jüngere versuchte, den Älteren einzuholen und zurückblieb. Dieses Gefühl war ihr zu vertraut. Derjenige zu sein, der zurückblieb. Ein Scheißgefühl.
Kapitel 13
Dunkle Wege
D er vermoderte Keller war brechend voll. Das Grölen der Männer hallte von den blanken Betonwänden wider. Ein Durcheinander von aufgeheizten, erregten Worten, die kaum zu verstehen waren. Es stank penetrant nach Abfluss, Urin und Schweiß. Die nackten Oberkörper der Männer bildeten einen engen, gedrungenen Kreis, aus dessen Mitte abwechselnd Schreie und dumpfe Schläge zu ihm drangen. Das stachelte seinen Aufruhr nur noch mehr an. Pures Adrenalin und Testosteron schienen förmlich aus der Menschentraube zu bersten, wie es auch durch seinen Körper jagte. Die Meute war kaum noch zu halten. Sie verlangte nach Blut und Schweiß, der Währung des heutigen Abends. Die Stimmung war am Höhepunkt, wie immer, wenn er kämpfte. Egal, wie blutig, brutal und aggressiv die Kämpfe zuvor auch gewesen waren, seiner war immer härter, schneller und ohne jede Rücksicht. Die Männer, jung und die
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