Kuess mich toedlich
meisten von ihnen muskulös, nuschelten sich gegenseitig etwas zu, wenn er an der Reihe war. Er machte sich nicht viel daraus, verstand aber ein paar der geflüsterten Kommentare.
»Verrückter …Todessehnsucht …Ein Irrer. Der wartet nur auf einen, der ihn fertigmacht. Ein Schlächter …Den will ich nicht …«
Er ließ es an sich vorüberziehen wie den Gestank und die sonstige Geräuschkulisse. Für ihn zählte nur sein Gegenüber, der Gegner, der andere Kämpfer und was er ihm antun konnte und was er hoffte, von ihm zu bekommen: eine Niederlage. Aber es kam nie dazu. Bisher jedenfalls. Auch heute war es schon sein zweiter Kampf und keiner seiner Gegner hatte auch nur ansatzweise das mitgebracht, wonach er sich sehnte: Schmerzen, Demütigung und ein Ende, das er verdiente.
Sie alle schrien irgendetwas, denn seinen Namen kannten sie nicht. Er sah an sich hinab und fand, dass er in dieser Nacht noch ziemlich gut beieinander war. Nur ein riesiger Bluterguss auf dem Bauch und zwei an der linken Seite, keine gebrochene Rippe oder Nase, überhaupt keine ernsthaften Schäden. Er hoffte inständig, der nächste Kampf würde besser werden, denn ohne richtigen Schmerz und schwere Verletzung kam die taube Leere nicht, die er brauchte. Und ohne sie konnte er das Vergessen vergessen . Das durfte nicht sein. Er brauchte das, mehr als heile Knochen und ein schönes, makelloses Gesicht. Der Schweiß rann an ihm hinab und er fühlte deutlich, dass er in den vergangenen Monaten an Muskelmasse zugenommen hatte, trotz der Schinderei auf den Baustellen. Das Heulen der Meute wurde lauter. Sie hatten also einen neuen Freiwilligen für ihn gefunden. Sofort spannten sich seine Muskeln an. Die Füße bohrten sich in den Zement. Lass den etwas taugen …
Aus der Fleischmasse vor ihm trat ein großer Mann hervor. Seine Augen waren stechend. Hungrig. Hungrig nach seinem Blut. Gut so! Er überragte ihn um fünf Zentimeter, seine Arme standen weit von seinem Körper ab, derart bullig war der Muskelberg gebaut. Er hatte eine Glatze und einen harten Ausdruck um den Mund, blaue Augen und war heute Nacht noch nicht zum Zug gekommen. Im Vergleich zu ihm war er schon ziemlich alle, aber auf genau diesen Kampf hatte er gewartet. Allen stand die Mordlust in den Augen. Sie wollten ihn bluten sehen. Endlich. All diese Männer mit nackten, verletzten Oberkörpern in ihren verschlissenen Jeans, die sich immer wieder hier einfanden, um sich gegenseitig die Scheiße aus dem Leib zu prügeln. Jeder aus ganz eigenen Gründen, die der andere nicht kannte. Geredet wurde nicht viel. Auch ein Grund, warum er sich hier so wohl fühlte. Sein Gegner drehte eine kleine Egorunde . Rollte seine riesigen Arme und stachelte die aufgeheizte Menge noch mehr an. Er tat nichts davon. Wartete ab, bis der Kerl fertig war und hoffte auf einen erbitterten Kampf. Nun war es so weit.
Der Glatzkopf ging in Position und machte sich daran, seinen ersten Schlag zu führen. Der Schlag kam von links und verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Links! Sofort stellte er sich um, wechselte die Position. Immer wieder versuchte er es mit schweren, gezielten Schlägen, die ins Leere gingen. So wurde er nur müde, aber diese Art von Kampf wollte er nicht. Er brauchte ihn wütend. Rasend. Also duckte er sich beim nächsten Schlag und verpasste ihm beim Hochkommen einen Hieb in den Unterbauch. Die Luft entwich aus dem verzerrten, bulligen Gesicht. Jetzt war der Hüne wütend genug, um ihn zu packen und ihm das Knie in den Bauch zu rammen. Der Schmerz war gleißend, scharf und überall. Gleich ging er zu Boden. Schon sauste Glatzkopfs Faust erneut auf ihn herab, traf seinen Nacken und ließ ihn endgültig flach liegen. Sein dummer Fehler brachte ihm mehrere Tritte gegen die Rippen ein. Eine brach. Vielleicht auch zwei. Das Atmen tat plötzlich verflucht weh. Das Bewegen erst recht.
»Gibst du auf ?« , bot ihm der Glatzkopf gönnerhaft mit einem breiten Grinsen an.
Er hatte längst aufgegeben. »Niemals …Arschloch!« Mehr Antwort gab er ihm nicht. Langsam rappelte er sich hoch und stellte sich wieder in Kampfposition. Die Meute war gespenstisch still geworden, der Glatzkopf irritiert. In solchem Zustand gaben die meisten Kämpfer auf, gingen betreten nach Hause und kamen ein anderes Mal wieder. Er nicht. »Weitermachen«, befahl er ihm mit zusammengebissenen Zähnen. Der Glatzkopf zuckte mit den Schultern. Mit einem Kick wollte er ihn endgültig fertigmachen, doch trotz seiner
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