Küss mich, wenn Du kannst
ihre Selbstachtung, und einzig und allein für den Augenblick gelebt.
»Komm, Tinker Bell, gehen wir spazieren.« Heath ergriff ihren Arm und zog sie zur Küche. »Kühlen wir uns ab.«
»Nein, ich will nicht spazieren gehen«, jammerte sie.
»Gut. Dann machen wir weiter, wo wir aufgehört haben.«
Noch während sie sich losriss, gab sie ihm Recht. Wenn sie ihre Fassung zurückgewinnen wollte, durfte das Problem nicht bis morgen warten, das alles musste sofort geklärt werden. »Okay, gehen wir.«
Er nahm eine Taschenlampe vom Wandhaken neben dem Kühlschrank, und Annabelle folgte ihm ins Freie. Schweigend gingen sie einen schmalen, von weichen Kiefernadeln bedeckten Weg entlang.
Als der Pfad in eine mondhelle kleine Lichtung mündete, wo Kalksteinblöcke am Wasserrand aufragten, sagten sie noch immer kein Wort. Heath schaltete die Taschenlampe aus und legte sie auf einen vereinsamten Picknicktisch. Dann steckte er die Hände in die Gesäßtaschen seiner Shorts und wanderte zum See. »Darum willst du ein großes Theater machen. Tu‘s besser nicht.«
»Worum denn? Das habe ich schon vergessen.« Auch sie ging zum Wasser und blieb mindestens zehn Schritte von Heath entfernt stehen. Die Luft roch warm und sumpfig. Zu ihrer Linken funkelten die Lichter der kleinen Stadt Wind Lake.
»Wir haben getanzt, und es hat uns angetörnt. Na und?«
Nervös grub sie ihre Fingernägel in die Handflächen. »Soweit es mich betrifft, ist es nie passiert.«
»Doch, es ist passiert.« Er wandte sich zu ihr, und wie der harte Unterton in seiner Stimme verriet, entrollte der Python wieder seinen langen Leib. »Was du denkst, sehe ich dir an. Aber es war keine große, unverzeihliche Sünde.«
Da geriet ihre Selbstkontrolle erneut ins Wanken. »Ich bin deine Heiratsvermittlerin.«
»Gewiss, eine Heiratsvermittlerin. Um diese Agentur zu übernehmen, musstest du keinen hippokratischen Eid leisten.«
»Was ich meine, weißt du ganz genau.«
»Du bist ein Single, ich bin ein Single. Hätten wir miteinander geschlafen, wär‘s nicht das Ende der Welt gewesen.«
Durfte sie ihren Ohren trauen? »Das Ende meiner Welt!«
»Ja, das hatte ich befürchtet.«
Seine gleichgültige Haltung brachte sie um den letzten Rest ihrer Beherrschung. Erbost stürmte sie zu ihm. »Hätte ich dir bloß nicht erlaubt, mich hierher zu begleiten! Von Anfang an war das eine schlechte Idee.«
»Eine fabelhafte Idee. Was ist denn so Schreckliches geschehen? Wir sind zwei gesunde, ungebundene, halbwegs vernünftige erwachsene Menschen. Und wir haben Spaß miteinander. Wenn du das leugnest, lügst du.«
»O ja, ich bin ein großartiger Kumpel.«
»Glaub mir, in dieser Rolle habe ich dich heute Nacht nicht gesehen.«
Damit brachte er sie wieder einmal aus dem Konzept. Aber sie erholte sich sehr schnell von ihrer Verwirrung. »Hättest du an diesem Strand eine andere Frau getroffen, wäre das zwischen uns nie passiert.«
»Was immer du zu sagen versuchst - spuck‘s einfach aus.«
»Komm schon, Heath, ich bin weder blond noch langbeinig oder gut proportioniert. Ich war ein Missgriff. Nicht einmal mein Verlobter hat jemals behauptet, ich sei sexy.«
»Da sich dein Verlobter mittlerweile die Lippen bemalt, solltest du seine Ansichten nicht allzu ernst nehmen. Du bist sogar sehr sexy, Annabelle. Allein schon dein Haar...«
»Lass bitte mein Haar aus dem Spiel. Damit wurde ich geboren. Okay. Aber es gehört sich nicht, jemanden wegen eines Geburtsfehlers zu hänseln.«
Heath holte tief Luft. »Letzten Endes waren es nur schlichte körperliche Reize, hervorgerufen von Mondstrahlen, ein bisschen Tanzen, zu viel Alkohol. Stimmst du mir zu?«
»Irgendwie schon...«
»Keine Ahnung, wie du darüber denkst. Jedenfalls habe ich mich schon lange nicht mehr so gut amüsiert.«
»Ja, ich geb‘s zu, es hat Spaß gemacht. Die Tanzerei«, fügte sie hastig hinzu.
»Genau. Und danach ließen wir uns ein bisschen hinreißen- was an den Umständen lag.«
Annabelles Stolz und ihr Selbstwertgefühl zwangen sie, seine Worte zu akzeptieren. »Natürlich.«
»Daran waren die Umstände schuld und winzige animalische Instinkte«, ergänzte er in heiserem, fast verführerischem Ton. »Kein Grund zur Sorge. Bist du meiner Meinung?«
Obwohl sie sich überrumpelt fühlte, nickte sie.
Nun trat er näher, und sein raues Flüstern jagte einen seltsamen Schauer über ihre Haut. »Völlig verständlich, nicht wahr?«
»Klar...« Wie hypnotisiert nickte sie immer noch.
»Bist
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