Küss mich, wenn Du kannst
letzten Nacht machte. War sie schon so blöd auf die Welt gekommen? Oder hatte sie an diesem Talent gearbeitet? Zu allem Überfluss lag noch eine Nacht vor ihr...
»Twinz!«
Bestürzt zuckte Heath zusammen, als der kleine Dämon aus der blauen Lagune durch den Sand in einem getupften Badeanzug und roten Gummistiefeln zu ihm stürmte. Die Baseballkappe saß so tief über den Ohren, dass nur die lockigen Enden der blonden Haare hervorlugten. Hastig zog er eine Zeitung unter seinem Liegestuhl hervor und tat so, als hätte er Pippi nicht gesehen.
Nach dem Lunch hatte er mit den Jungs Basketball gespielt, dann war er ins Cottage zurückgegangen, um zu telefonieren. Schließlich hatte er seine Badehose angezogen und den Strand aufgesucht, wo sie die Frauen später zum Schwimmen treffen sollten, bevor sie alle zum Dinner in die Stadt fahren würden. Trotz der Zeit, die er am Telefon verbracht hatte, glaubte er allmählich, er könnte diesen Kurzurlaub tatsächlich genießen.
»Twinz?«
Er hielt die Zeitung noch dichter vors Gesicht und hoffte, Pippi würde verschwinden, wenn er sie ignorierte. Da sie so unberechenbar war, fühlte er sich in ihrer Nähe ernsthaft bedroht. Wer mochte schon wissen, was sie jetzt im Schilde führte? Zu seiner Linken warfen Walter und Kevin einigen Kindern, die auf der Gemeindewiese kampierten, eine Frisbeescheibe zu. In ein Buch vertieft, lag Darnell auf einem Mickey-Mouse-Strandtuch. Kleine sandige Finger klopften auf Heaths Arm. Ohne zu reagieren, blätterte er eine Seite um.
»Twinz?«
Den Blick fest auf eine Schlagzeile gerichtet, erwiderte er: »Den gibt‘s hier nicht.«
Da zupfte sie an seiner Badehose und sagte es zum vierten Mal. Aber diesmal klang es wie Pwinz, und plötzlich verstand er, was sie meinte. Prinz. Sie nannte ihn Prinz. War das nicht so beschissen, dass es schon wieder süß klang?
Weil ihm offenbar nichts anderes übrig blieb, spähte er an der Zeitung vorbei und schaute sie an. »Ich habe mein Telefon nicht mitgebracht.«
Sie lächelte ihn strahlend an und klopfte auf ihren kleinen runden Bauch. »Da ist ein Baby drin.«
Verzweifelt ließ er die Zeitung sinken und schaute sich nach ihrem Vater um. Aber Kevin zeigte gerade einem mageren Jungen mit schlechtem Haarschnitt, wie man zusätzliche Meter aus einem Frisbee herausholte.
»He, Pip!«
Als er die vertraute Stimme hörte, fuhr er herum und sah seine kleine sexy Heiratsvermittlerin zauberhaft mit einem züchtig geschnittenen weißen Bikini bekleidet auf sich zumarschieren. Zwischen ihren Brüsten hielt ein regenbogenbuntes Plastikherz die gefältelten BH-Körbchen zusammen. Ein zweites, etwas größeres Herz saß an ihrer Hüfte. Nirgendwo entdeckte er harte Kanten oder spitze Winkel. Nur anmutige Kurven und weiche Konturen - schmale Schultern, eine schlanke Taille, runde Hüften, die sie, dank ihres weiblichen Geschlechts, sicher zu fett fand. Aber er, ein Mann, hätte nur zu gern daran geknabbert.
»Oh, Belle!«, quietschte Pippi.
Krampfhaft schluckte er. »Noch nie im Leben war ich glücklicher, jemanden wiederzusehen.«
»Warum?« Annabelle blieb neben seinem Liegestuhl stehen und weigerte sich, seinen Blick zu erwidern. Offenbar hatte sie die letzte Nacht nicht vergessen.
Gut so, die sollte sie auch nicht vergessen, sondern stattdessen über ihre Behauptung nachdenken, er sei eine Schlange. Aber keine unverbesserliche. Vielleicht würde sie irgendwann zu dieser Einsicht gelangen. Aber so sehr er sich auch amüsiert hatte - jene Ereignisse würden sich nicht wiederholen. So skrupellos war nicht einmal Heath Champion.
»Weiß du was, Belle?«, kreischte Pippi und tätschelte ihren Badeanzug. »In meinem Bauch habe ich ein Baby.«
»Tatsächlich?«, fragte Annabelle scheinbar interessiert. »Wie heißt es denn?«
»Daddy.«
»Also deshalb«, stöhnte Heath.
Annabelle lachte, und Pippi streckte sich im Sand aus. An einem ihrer großen Zehen glänzte blauer Nagellack, und sie begann damit zu spielen. »Pwinz hat sein Telefon nicht dabei.«
Verwirrt setzte sich Annabelle zu ihr. »Das verstehe ich nicht.« Pippi schmierte Sand auf Heaths Wade. »Das ist Pwinz. Und er hat sein Telefon nicht mit.«
Endlich schaute Annabelle zu ihm auf. »Das mit dem Telefon ist mir klar. Aber was bedeutet das andere?«
»Pwinz«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »das bin ich.«
Grinsend umarmte Annabelle den kleinen Quälgeist, der eine lange Geschichte über Häschen Daphne erzählte.
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