Küss mich, Werwolf - Warren, C: Küss mich, Werwolf - Wolf at the Door (Others 01)
abzuhalten oder etwas zu feiern. Arbeitsgemeinschaften benötigen einen Platz, um sich zu organisieren, Zugang zu Telefonen, Computern und Druckmöglichkeiten. Was ist denn schließlich ein ordentlicher Studentenprotest ohne ein paar tausend Flyer, die man unter die Leute bringen kann?«
Quinn lachte und verließ mit ihr im zweiten Stock den Fahrstuhl.
»Recht haben sie. Sind wir deswegen hier? Handzettel?«
»Jawohl.«
»Sollten wir dann nicht lieber eine Zeit abpassen, zu der mehr Studenten zugegen sind? An einem solchen Abend am Wochenende wird hier doch niemand Zettel verteilen wollen.«
Cassidy ging ihm durch die weitgehend verlassen daliegende Etage voraus und zeigte auf lange Reihen kleiner metallener Briefkästen in der Wand, deren deprimierende Monotonie nur durch einige Tafeln unterbrochen wurde, auf denen jeder Quadratzentimeter mit bunten Papieren, Prospekten und Flugblättern bedeckt war.
»Sie brauchen sich ja nicht ständig hier aufzuhalten, aber früher oder später müssen sie doch alle ihre Post abholen«, sagte sie und stellte sich vor das erste Brett, um das Durcheinander von Zetteln zu überfliegen.
»Wenn ich meine Studenten überreden wollte, sich zu etwas zusammenzuschließen, würde ich zum Beispiel hier anfangen.«
Quinn stellte sich neben sie, und ein paar Minuten lang standen sie schweigend da und studierten die Unzahl von Aushängen auf der Suche nach etwas, das Aufschluss über die Anwesenheit der Sekte in der Stadt geben konnte.
Cassidy hatte gerade die siebte Ankündigung eines Konzerts einer Amateurpunkband entdeckt, als sie Quinn kichern hörte.
»Was gibt’s da so Lustiges?«
Er zeigte auf einen in schockierendem Pink gehaltenen Aushang mit einem körnigen Foto, das einen mehr als nur leicht pornografischen Anflug hatte.
»Das muss man sich mal vorstellen. Hier wird doch tatsächlich ein professioneller Hostessendienst für Studenten beworben. Wer soll denn das bezahlen? Die meisten Studenten sind doch pleite. Früher, als ich auf der Uni war, haben wir bei Bedarf einfach eine Party geschmissen und auf das Beste gehofft.«
»Das hier ist Columbia. Sie glauben gar nicht, wie viele junge Millionäre, Kinder von alten Milliardären und Kinderstars hier immatrikuliert sind. Außerdem haben wir die Tochter eines Gouverneurs, die Söhne zweier Scheichs aus dem Mittleren Osten und mindestens drei europäische Adelstitel. Nicht die gesamte Studentenschaft spart auf das nächste Bier.«
Cassidy wandte sich wieder ihrer Hälfte der Aushangtafel zu und versuchte, das Foto, das Quinn so amüsant gefunden hatte, aus ihrem Gedächtnis zu verbannen. Sie waren aus gutem Grund hier, und die Fantasievorstellung, mit Quinn das zu tun, was auf dem Bild gerade gemacht wurde, lenkte nur ab.
»Hier ist was.«
Quinn riss gerade einen schlichten, auf Kopierpapier gedruckten Zettel vom Brett ab, überflog ihn rasch und reichte ihn dann wortlos an Cassidy weiter. Als sie den Text las, musste sie fluchen.
»Ein Abend zum Thema Die Bibel und das Morgen . Der bekannte Vortragsreisende D.Y. Young spricht über eine Neuinterpretation der Geschichte und deren Auswirkungen auf unsere Zukunft. Eintritt frei. Diese Veranstaltung wird unterstützt von den Studenten für eine Höhere Wahrheit .«
Cassidy las den Text laut vor und fluchte noch einmal.
»Haben wir da was gefunden?«
»Könnte sein. Lesen Sie mal die nächste Zeile.«
Quinn warf einen Blick auf den Zettel und zog die Stirn in Falten.
»›Erfrischungen werden gereicht‹?«
Cassidy nickte.
»Die wichtigsten beiden Studentenregeln. Erstens: nie einen Kurs belegen, der vor zehn Uhr vormittags anfängt, und zweitens: jeden Vortrag, jede Zusammenkunft, jedes Meeting besuchen, wo etwas zu essen angeboten wird. Wenn ein Student es richtig plant, braucht er nie eine Mensa von innen zu sehen. Das ist die Garantie dafür, ein volles Haus zu haben.«
»Meinen Sie, dass die sich an der Tür die Studentenausweise zeigen lassen werden?«
»Wahrscheinlich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es denen darauf ankommt, wen sie ködern, ob Studenten oder andere Leute, solange sie nur beeinflussbar sind und nicht zu viele Fragen stellen. Und selbst wenn – ich habe einen Fakultätsausweis, der mir sämtliche Türen öffnet, und ich darf zu sämtlichen Univeranstaltungen auch einen Gast mitbringen.«
»Das klingt gut. Und darf ich Sie fragen, ob Sie –« – er warf einen Blick auf den Handzettel – »am Dienstagabend um sieben schon
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