Küss mich, Werwolf - Warren, C: Küss mich, Werwolf - Wolf at the Door (Others 01)
mir allerdings, ob der Rat nicht lieber die Möglichkeit erwägen möchte, das Übel an der Wurzel zu packen. Wieso wird nicht tatsächlich etwas gegen diese Sekte unternommen, anstatt jahrtausendealte Geheimnisse ans Licht zu zerren?«
»Was soll denn unternommen werden? Etwas Unüberlegtes?«, äffte Quinn sie nach.
Sie sah ihn zornig an.
»Nein. Aber indem man sie zum Beispiel diskreditiert. Oder sie zwingt, sich aufzulösen. Irgendwas muss man doch tun können.«
»Ich fürchte, dafür ist es zu spät. Die Organisation ist bereits zu groß und zu weit verzweigt. Offen bleibt nur die Frage, was Sie und der Rat derentwegen zu unternehmen gedenken.«
»Muss ich das jetzt sofort beantworten?«
»Dafür werden Sie schließlich bezahlt, wie es so schön heißt.«
Sie sah ihn leicht pikiert an.
»Sie wissen, dass ich eine Collegedozentin in einem nicht gerade sehr glamourösen Fach bin?«
Er zuckte die Achseln und lehnte sich in die weichen Sofapolster zurück.
»Das weiß ich. Aber warum benutzen Sie nicht Ihr Expertenwissen, um uns zu sagen, wo wir mit unseren Nachforschungen ansetzen sollen?«
Cassidy schüttelte den Kopf. »Die meisten Gruppen, mit denen ich zu tun habe und die ich erforsche, versuchen nicht, sich vor mir zu verstecken. Für die ist das Gespräch mit einer Akademikerin fast wie Reklame für sie. Ich bin ja schließlich keine Archäologin. Ich brauche nichts auszugraben. Ich befrage bloß Angehörige von Kulturen und sozialen Gruppen, die Teil unserer heutigen Gesellschaft sind und sich meistens auch nicht rarmachen. Sie sprechen über sich, sie haben Kirchen oder Bibelstudienkreise, sie nehmen neue Mitglieder auf. Manchmal findet man schon ergiebige Gesprächspartner, indem man einfach bloß die Leute anspricht, die am Times Square Pamphlete verteilen.«
»Mit der Bande wird das nicht so einfach, glaube ich. Zumindest nicht, bis sie mehr Fuß fassen. Gregor mag ihre Spur bis nach New York verfolgt haben, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie hier auch schon fest etabliert sind. In Europa haben sie sich einen Namen gemacht, weil es dort so viele von ihnen gibt, aber hier hat, soweit ich weiß, bisher kaum jemand jemals etwas von denen gehört.«
Cassidy nickte nachdenklich.
»Sie haben recht. Das bedeutet, dass sie im Moment vor allem darauf erpicht sein sollten, ihren Kreis zu erweitern. Und selbst wenn sie nun wild entschlossen sind, den Passanten am Times Square Zettel in die Hand zu drücken, so wissen sie doch nur zu gut, dass es viel bessere Orte gibt, um Leute einzuwickeln, die neugierig gegenüber alternativen Lebensphilosophien sind.«
»Wo würden Sie sich denn hinstellen, wenn Sie eine Armee Gutgläubiger rekrutieren wollten, um sie in die religiösen Gotteskrieger von morgen zu verwandeln?«
»Das ist einfach. Ich würde zur Arbeit gehen.«
12
Cassidy öffnete die Tür zur Lerner Hall der Columbia University , trat ein und war froh, der eiskalten Winterluft zu entkommen. Um neun Uhr an einem Samstagabend hatten die meisten Studenten der Columbia University etwas viel Aufregenderes zu tun, als in der Mensa herumzusitzen, aber ein paar waren doch da, telefonierten mit ihren Handys oder tranken mit ihren Freunden Latte Macchiato. Es gab sogar einige Unentwegte, die sich in ihre Bücher vertieften und für Seminararbeiten oder ihr Examen büffelten, indem sie sich den Lesestoff aneigneten, den sie zu diesem Zeitpunkt des Semesters schon längst intus haben sollten. Cassidy vermied es bewusst, sich zu vergewissern, ob ein paar von diesen Kandidaten eventuell zu ihren Studenten gehörten.
Quinn ging schweigend neben ihr her; seine scharfen Augen nahmen die Umgebung auf, darunter ein paar Stipendiaten, die besser bei solchem Wetter nicht nur in ihren dünnen Regenjacken herumgelaufen wären. Allerdings hatte er auch einen nicht minder aufmerksamen Blick für die moderne Architektur des Gebäudes; das musste Cassidy zugeben.
Sie blieben vor den Aufzügen stehen. Quinn sah sie verlegen lächelnd an.
»Ich gebe zu, dass ich nicht gedacht hätte, dass eine Universität in solch einer riesigen, lebhaften Stadt über etwas so Heimeliges wie eine Studentenvereinigung verfügt«, sagte er, »oder dass sie ein Ort wäre, an dem gebildete Großstadtjugendliche gerne ihre Freizeit verbringen.«
Cassidy zuckte nur die Achseln und betrat den Fahrstuhl, als die Türen aufgingen.
»Nicht alle wissen das wirklich zu schätzen, aber sie brauchen Räumlichkeiten, um Treffen
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