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Küss mich wie damals

Küss mich wie damals

Titel: Küss mich wie damals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY NICHOLS
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der Kommission finden solle. Die Arbeit für die Waisen, der Lady Lavinia erteilte Unterricht und die anderen Stunden, die sie gab, beanspruchten sie bereits sehr. Wäre es ihr nicht überlassen geblieben, wann sie diesen Auftrag ausführte, hätte sie ihn abgelehnt. Zudem würde das neue Waisenhaus sehr viel mehr kosten, als ursprünglich eingeplant gewesen war.
    Sie nahm sich vor, die Bilder zu malen, nachdem sie das Porträt von Lady Lavinia fertiggestellt hatte.
    Die Arbeit daran war ein Gutteil fortgeschritten, als die Tochter des Duke of Loscoe zur nächsten Unterrichtsstunde erschien. Frances wunderte sich über deren mürrische Miene und erkundigte sich nach dem Grund. Lady Lavinia erzählte ihr, aus Zeitgründen habe ihr Vater es abgelehnt, mit ihr in den Hyde Park zu fahren. Sie sei sicher, dass er in irgendwelche seltsamen Machenschaften verstrickt sei, denn sie habe den Eindruck, er verheimliche ihr etwas. Er hatte geäußert, er werde zu seinem Vermögensverwalter fahren, der dann zum Zeitpunkt der angeblichen Verabredung im Haus vorstellig geworden war und von keinem Termin gewusst hatte. Manchmal käme ihr Vater erst in der Frühe nach Hause, und das ließe darauf schließen, dass er vielleicht eine Mätresse habe.
    Frances hielt Lady Lavinia vor, dass man als junge Dame nicht über solche Dinge sprach. Das Mädchen erwiderte, außer ihr hätte sie niemanden, dem sie sich anvertrauen könne. Frances wechselte rasch das Thema, brachte die Sprache auf die Ausstellung und erfuhr beiläufig, dass Marcus in Loscoe Court eine große Gemäldesammlung besaß.
    „Möchten Sie die Bilder einmal sehen?“, erkundigte sich Lavinia.
    „Ja, irgendwann, wenn es passt“, antwortete Frances ausweichend.
    „Ich habe mich in Ihnen getäuscht, Madam. Sie sind nicht das, was Sie zu sein scheinen.“
    „Ach, wirklich?“
    „Ja. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber Sie entsprechen nicht meinen Vorstellungen von einer Dame der Gesellschaft. Sie sind so sachlich und zögern nicht, unerfreuliche Dinge darzustellen. Ich habe mir die Skizzen angesehen, die Sie von armen Kindern gemacht haben. Leben sie tatsächlich unter solch schrecklichen Umständen?“
    „Ja, und manche noch unter sehr viel schlimmeren.“
    „Das wusste ich nicht. Ich hatte keine Ahnung, dass Menschen unter solchen Bedingungen leben müssen.“
    „Es ist auch nicht nötig, dass Sie das wissen. Die Kinder halten sich im Allgemeinen in Gassen und Winkeln auf, wo anständige Leute nicht hinkommen, da sie nichts über diese Menschen wissen wollen. Das belastet ihr Gewissen.“
    „Sie meinen jedoch, dass sie Gewissensbisse haben sollten, nicht wahr?“
    „Ja, das meine ich.“
    „Warum machen Sie dann keine Ausstellung mit solchen Bildern? Sie könnten Papa bitten, die Schirmherrschaft zu übernehmen.“
    „Oh, das kommt nicht infrage. Ihr Vater, Lady Lavinia, wird von sehr vielen Bittstellern angesprochen und war dem Waisenhauskomitee gegenüber bereits sehr großzügig.“
    „Aber er bewundert Ihre Bilder. Das weiß ich, denn sonst hätte er Sie nicht gebeten, mich zu malen.“
    „Und er erwartet ein fertiges Porträt. Also machen wir weiter!“
    Lavinia schwieg eine Weile, schaute finster vor sich hin und wurde dann unruhig. „Sitzen Sie bitte still, Lady Lavinia. Ich kann Sie nicht malen, wenn Sie sich dauernd bewegen.“
    „Ich kann nicht. Ich habe mich heute überhaupt noch nicht bewegt. Ich bin nicht einmal ausgeritten. Papa hat mich nicht im Phaeton ausgefahren, und es war niemand da, der mich auf einem Spaziergang hätte begleiten können. Dabei hat Papa mir vor der Abreise versprochen, dass er mir die Stadt zeigen würde. Bisher ist er jedoch mit mir nur in die Königliche Akademie gegangen, und das hätte er nicht gemacht, wäre der Vorschlag nicht von Ihnen gekommen. Ich langweile mich zu Tode!“
    „Setzen Sie Ihren Hut auf und ziehen Sie Ihre Pelisse an“, erwiderte Frances kurz entschlossen. „Wir fahren in den Park.“
    Sie überlegte nicht lange, was Marcus dazu sagen würde. Sie dachte nur an Lady Lavinia und wie sie das Mädchen behandeln würde, wäre es ihre Tochter. Die Kutsche stand wenige Minuten später vor der Haustür. Mit den Malsachen und zum Ausfahren angezogen begab man sich in den Tilbury, fuhr in den Park und schloss sich dem Strom der Kutschen und Promenierenden an.
    Hin und wieder hielt man an, wechselte mit Bekannten, die Frances traf, einige Worte oder redete über die verschiedenen gesellschaftlichen

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