Küss mich wie damals
wir Sie sicher nach Hause bringen können, ist doch alles glimpflich abgegangen.“
„Nein, der Schaden wurde schon angerichtet. Es ist schrecklich. Benedict sagte … Er erklärte, ich hätte keine Veranlassung, mich so zu zieren, schließlich sei mein Vater ein Wüstling der schlimmsten Art. Er behauptete, Papa habe mit der Gattin seines Stallmeisters ein Kind gezeugt.“
Frances stockte das Herz, doch sie erwiderte ruhig: „Ich bin überzeugt, dass das eine Lüge ist, Lady Lavinia. Benedict wollte Sie nur einschüchtern.“
„Das habe ich ihm auch vorgehalten, doch dann fiel mir ein, dass Mrs. Poole ein Kind bekam, als ihr Mann im Krieg war. Sie ist jedoch mit dem Jungen verschwunden, ehe Mr. Poole zurückkehrte.“ Verlegen lächelte Lavinia Lady Frances an. „Selbst ich bin nicht so naiv zu denken, der Junge könne der Sohn unseres früheren Stallmeisters sein.“
Nein, natürlich war Lady Lavinia nicht so einfältig, das zu glauben. Schließlich war sie mit ihrem Bruder auf dem Land und in einer Umgebung aufgewachsen, wo sie genügend praktischen Anschauungsunterricht bekommen hatte und daher Dinge wusste, die normalerweise wohlerzogenen jungen Damen vorenthalten blieben. „Nun, das beweist noch lange nicht, dass das Kind von Ihrem Vater ist, nicht wahr?“
„Mir ist noch etwas eingefallen, und zwar die Zeichnung, die ich von dem kleinen Jungen im Waisenhaus gemacht habe. Ich sagte Ihnen ja schon, dass er mich an jemanden erinnert.“
„Und folglich haben Sie eins und eins zusammengezählt. Ist Ihnen nicht der Gedanke gekommen, Sie könnten im Gesicht des Kindes oder in dessen Haltung eine Kleinigkeit bemerkt haben, die Sie an das Bild erinnerte, das in der Stadtresidenz Ihres Vaters im Salon hängt? Meinen Sie nicht, Sie könnten unbewusst diese Ähnlichkeit übertrieben haben? So etwas ist möglich.“
„Warum hat Papa dann das Gemälde abhängen lassen? Und von wem hat Benedict die Geschichte erfahren?“
„Der ton kann sehr bösartig sein, Lady Lavinia, und einige seiner Mitglieder haben Ihren Vater verunglimpft. Aber wir müssen ihnen nicht glauben, nicht wahr? Benedict war einfach darauf aus, Unheil zu stiften. Jetzt wischen Sie sich die Augen aus. Mein Stiefsohn wird bald zurück sein. Dann bringe ich Sie nach Hause, und wir müssen versuchen, Sie in Ihr Zimmer zu schaffen, ohne dass Ihr Vater etwas merkt.“
„Er ist aufs Land gefahren. Er hat zwar geäußert, er werde nicht länger als zwei Tage fort sein, ist jedoch noch nicht zurück, denn sonst hätte ich es nicht riskiert, hierherzukommen.“
Ehe Frances etwas dazu sagen konnte, klopfte jemand an die Tür. „Ich bin es, James.“
Frances öffnete ihm, und er huschte in den Damensalon. „Die Droschke steht bereit.“
„Gut! Ich werde Lady Lavinia nach Hause begleiten. Richte bitte Sir Percival aus, ich hätte Kopfschmerzen bekommen und sei heimgefahren.“
„Das mache ich, aber es gibt ein Problem. Lady Lavinias Vater traf in dem Augenblick ein, als ich mit der Droschke hier ankam, und hat mich angesprochen. Er wollte wissen, ob du hier bist. Das habe ich bejaht, jedoch hinzugefügt, du fühltest dich nicht wohl und hättest mich gebeten, dir eine Mietkutsche zu besorgen, damit du nach Hause fahren kannst.“ James grinste verlegen. „Seine Gnaden erwiderte, seine Karosse sei sehr viel bequemer und er bestünde darauf, dich nach Hause zu begleiten.“
„Oh, nein! Hast du denn nicht versucht, ihm das auszureden?“
„Natürlich. Ich habe entgegnet, dass ich ihm keine Umstände machen möchte und gewillt sei, den Ball zu verlassen. Aber er wollte nichts davon hören. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass er nur hergekommen ist, um dich zu sehen.“
„Oje! Ich kann wirklich nicht noch eine Standpauke von ihm ertragen.“
„Ich glaube nicht, dass er vorhat, mit dir zu zanken. Er wollte, dass ich dir ausrichte, er werde nicht mit dir reden, wenn du ihm das nicht gestattest. Aber er will dich sicher nach Hause bringen.“
„Was sollen wir nun tun?“, jammerte Lavinia. „Er wird mich sehen, und dann … oh, ich wünschte, ich wäre nie hergekommen!“
„Das wünschen Sie sich bestimmt nicht inständiger, als ich das tue“, äußerte Frances in leicht gereiztem Ton. „Lasst mich nachdenken. Ich glaube, ich muss mit Seiner Gnaden reden, James, und ihm erlauben, mich nach Hause zu bringen. Sobald wir fort sind, schmuggelst du Lady Lavinia zur Droschke und bringst sie sicher ins Haus ihres Vaters. Das ist keine ideale
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