Küss mich wie damals
berücksichtigen. Er hatte mit Frances zusammen sein wollen und jede Gelegenheit genutzt, um mit ihr allein zu sein, ihre Hand zu halten, sie zu küssen und ihr zu erklären, er könne ohne sie nicht leben. Es war ihm sogar gelungen, mit ihr in seiner Karriole eine Landpartie nach Richmond zu unternehmen. In der Kutsche war nur Platz für sie beide gewesen, sodass man ohne Zofe oder Diener ausgefahren war.
Er hatte nicht überlegt, was er Frances antat, bis dann die Connaughts aus der Nähe von Edinburgh nach London gekommen waren und er für den Rest der Saison seiner zukünftigen Gattin als Begleiter zur Verfügung stehen musste. Es war so gut wie unmöglich gewesen, sich davonzustehlen, um Fanny zu treffen. Und als er sie dann bei einem Ball der Duchess of Devonshire getroffen hatte, war es zu einem Streit gekommen.
Er hatte versucht, ihr die Sache mit Margaret zu erklären, und ihr gesagt, diese Verbindung sei seit Langem arrangiert worden. Das ändere indes nichts an seinen Gefühlen für Frances. Sie hatte ihm jedoch nicht zuhören wollen und geäußert, er habe sich gewaltig geirrt, falls er glaube, sie sei bereit, seine Mätresse zu werden.
Er war sehr schockiert gewesen und hatte geleugnet, dass er je an so etwas gedacht habe. Am nächsten Tag war ihm indes klar geworden, dass Frances mit dieser Vermutung recht gehabt hatte. Es war ausgeschlossen gewesen, Margaret zu heiraten und gleichzeitig mit Frances zusammen zu sein, es sei denn, er hätte sie zu seiner Geliebten gemacht. Man spielte jedoch nicht mit den Gefühlen einer Siebzehnjährigen. Er hatte ihr geschrieben und sich für sein Benehmen entschuldigt. Das war dann das Ende der Affäre gewesen.
Er glaubte nicht, dass Frances die Sache vergessen hatte. Sie war jedoch gleich nach der Trennung von ihm die Ehe mit Corringham eingegangen. Marcus hatte sich gefragt, ob Corringham nur darauf gelauert habe, seinen Platz einnehmen zu können. Und nun waren Frances und er frei.
Aber das war ohne Bedeutung, denn sie beide hatten sich verändert. Er schmunzelte bei dem Gedanken, dass man annahm, er sei wieder auf Brautschau. Das war überhaupt nicht seine Absicht. Er genoss die Ungebundenheit und hatte nicht vor, sich so schnell ein weiteres Mal zu vermählen.
Er wäre überhaupt nicht nach London gekommen, hätte er nicht dringende Geschäfte erledigen müssen. Er hatte die Stadt jedoch aufsuchen müssen und seine Tochter mitgebracht, weil er fand, mit sechzehn Jahren müsse sie endlich den nötigen Schliff bekommen und aufhören, sich wie ein zwölfjähriger Junge aufzuführen. Seine Schwester Charlotte hatte nicht mitkommen können, weil ihre Kinder an den Masern erkrankt waren, und daher war er mit seiner störrischen Tochter allein nach London gefahren.
Er brauchte jemanden wie Frances. Sie war distinguiert, weltgewandt und überall beliebt. Sie kannte Gott und die Welt, war sehr elegant und wusste, wie sie aufzutreten hatte. Außerdem besaß sie eine bemerkenswerte Begabung. Er lachte laut auf, als ihm der Einfall kam, wie er Lavinia beschäftigen könne. Er würde Frances bitten, seine Tochter zu porträtieren und ihr Malunterricht zu geben.
Dabei musste er nicht zugegen sein, sodass er die Möglichkeit hatte, sich den Geschäften, deretwegen er nach London gekommen war, ungehindert widmen zu können. Die Frage war jedoch, ob Frances einverstanden sein würde. Vielleicht war sie doch noch so verärgert, dass sie die Bitte abschlägig beschied. Er hatte indes nicht den Eindruck, dass sie in Bezug auf die Wahl ihrer Auftraggeber sehr eigen war. Für ein gutes Honorar schien sie sogar gewillt zu sein, der ihr Modell sitzenden Person beim Malen zu schmeicheln. Wenn sie nur Wert auf Geld legte, würde sie den Vorschlag, den Marcus ihr machen wollte, gewiss nicht ablehnen. Er nahm sich vor, sie am nächsten Tag aufzusuchen.
2. KAPITEL
Lächelnd verließ Frances das vorübergehend als Waisenhaus dienende Gebäude, wo sie sich als einfache Mrs. Fanny Randall nützlich machte. Sie liebte diese Arbeit und die Kinder.
Sie nahm neben Harker Platz, der den Auftrag gehabt hatte, sie mittags mit dem Tilbury abzuholen. Er war an ihr Benehmen gewöhnt und machte keine Anstalten, sie daran zu hindern, selbst die Zügel in die Hand zu nehmen und zur Oxford Street zu kutschieren.
Mühelos und geschickt lenkte sie die Pferde durch den Verkehr. Niemand beachtete das unscheinbare Gefährt, dessen Zügel eine schlicht gekleidete Frau in der Hand hielt. Die
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