Kuess mich
und Sophie waren gerade in Aufbruchsstimmung und schoben ihre Fahrräder an den diabolischen Gartenzwergen vorbei. Sam hielt sich nicht lange mit der Frage auf, wann ihr Vater eigentlich zum Sport und Freizeitfanatiker mutiert war und wie viel Überwi ndung es ihn gekostet hatte, sich eine Radler Hose zu kaufen.
>> Na, wo kommst du denn her? <<
Da war plötzlich dieser mürr ische Unterton in seiner Stimme, den er zum ersten Mal durchklingen hatte lassen, als er Sam beim Rauchen erwischt hatte. Eine pubertätsbedingte Strenge, die er sich von irgendeinem kinderlosen Schreiberling in einer Fachzeitschrift für Business-Väter empfehlen hatte lassen. Sam wusste, dass ab jetzt Vorsichtig geboten war. Sie musste von Durchzug auf Empfang schalten, sonst hatte sie ganz schnell einen bockigen, missgelaunten Papa an der Backe, der gespielte Enttäuschung auf hohem Theaterniveau zum Besten gab.
>> Kein übermäßiges Fluchen, keine Drogen, keine Straftaten! << , versicherte Sam energisch und salutierte in militärischer Manier vor ihrem Vater, nur um danach ein freches Lächeln zu präsentieren, das der Mitvierziger schon unzählige Male an seiner Tochter gesehen hatte.
>> Du machst doch keinen Blödsinn, oder? <<
>> Nein, ich blamiere mich nur bis auf die Knochen, aber wo steht, das das verboten ist? <<
Ihr Vater schüttelte resignierend den Kopf und legte der perplexen Sophie die Hand auf die Schulter um sie weiterzuführen. Die kleine, konservative Frau, schien überfordert mit der antiautoritären Erziehungsvereinbarung die Sam und ihr Vater getroffen hatten. Wahrscheinlich musste ihr Sohn zuhause schriftliche Anträge auf Privatsphäre stellen.
>> Für Sommerromanzen gelten übrigens die selben Regeln wie zuhause! << , rief er noch, eher er sich aufs Fahrrad schwang.
Sam grinste und nickte den dezenten Hinweis ihres V aters auf Safer Sex ab. Erst als ihr die passenden Bilder dazu in den Sinn kamen, wurde sie rot. Sex mit Chris machte sie verlegen, oder besser die Vorstellung von Sex mit Chris machte sie verlegen. Zum Glück war es gestern nicht so weit gekommen. Sie hatte nicht mal zusammenpassende Unterwäsche an. Dem Tanga den sie trug, fehlten ein paar Schleifen, die die Waschmaschine gefressen hatte. Über was dachte sie da eigentlich nach? Diese verfluchten Bauchmuskeln machten nachweislich dümmer.
Da war nur dieser Kuss gewesen, der von ihr ausgegangen war und für den sie sich entschuldigen musste, soviel war sicher. Wie würde Sam sich fühlen, wenn sie irgendeine Schnapsdrossel abknutschen und sich danach übergeben würde? Verarscht wahrscheinlich.
Ehe sie das mit dem zu Kreuze kriechen über die Bühne bringen konnte, brauchte sie aber erst mal eine Dusche und zwei bis drei Liter Mineralwasser mit Aspirin um vom Zombie zum Menschen zu mutieren.
Mit Sicherheit würde sie alles auf den Alkohol schieben . Sie würde so tun, als wäre sie absolut nicht mehr Herrin der Lage gewesen, weil sie der Schnaps von Matthias mit vorgehaltener Pistole dazu gezwungen hatte, den nächst besten Typen zu knutschen. Anders konnte sie Chris nicht erklären, wieso sie getan hatte, was sie getan hatte. Vielleicht würde sie ihm auch verkaufen können, dass sie die Landluft high gemacht hatte. Auf alle Fälle war es an der Zeit Chris, sich selbst und am besten auch noch der Rest der Welt zu belügen und zu gewohnt lässigen Mustern zurückzufinden.
Entschuldigen für sture Anfänger
Mental n och immer zerknirscht, stand Sam draußen vor dem Haus. Von zwei Gartenzwergen beobachtet, starrte sie auf den See. Das ihr ausgesprochen gönnerhafter und ausgeklügelter Plan von einer Entschuldigung doch eine riesen Lücke hatte, wurde ihr erst jetzt bewusst.
Ja, sie wollte sich bei Chris entschuldigen, aber wo war Chris? Bisher hatte sie ihn nur als ungebetenen Gast in ihrem Zimmer vorgefunden, aber wie schwer konnte es schon sein , MC Beauty in einem dreihundert Seelen Dorf zu finden? Sie würde einfach dem strahlenden Lichtschein folgen, der immer dann aufleuchtete, wenn Chris die Zähne zeigte.
Natürlich fand sie ihn nicht. Sam lief eine geschlagene Stunde am See entlang und wagte einen verstohlenen Blick durch das Fenster jeder Holzhütte an der sie vorbeilief. Da sich die misstrauischen Gartenzwerge leider auch zu keinem Informationsaustausch überreden ließen, blieb Sam nichts anderes übrig, als sich irgendwann seufzend vor der inzwischen leeren Scheune ins Gras fallen zu lassen.
Auf der Weidefläche neben ihr,
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