Küss niemals deinen Ex (Top Deal) (German Edition)
Ordnung. Ich melde mich am Montag“, sagte Irene. Vorsichtig lugte ich um die Ecke. Mit dem Handy am Ohr betrat sie ihr Büro und ging geradewegs auf ihren Schreibtisch zu. Ohne mich zu beachten, weil sie mich – hoffentlich – nicht sah, setzte sie sich in ihren Chefsessel. Dann begann sie, in Unterlagen zu blättern. Für eine Weile herrschte Stille unterbrochen nur von dem Rascheln der Dokumente.
„Wie lange willst du noch dort hocken?“, fragte sie, nachdem etwa eine Viertelstunde vergangen war.
Ich sagte nichts. Wahrscheinlich führte sie Selbstgespräche. Ausgeschlossen, dass sie …
„Jana, was soll dieses Versteckspiel?“
Mühsam stand ich auf. Mein Bein war eingeschlafen und kribbelte unangenehm.
„Ich dachte, du siehst mich nicht!“, protestierte ich und klang, als wäre ich fünf Jahre alt.
Statt einer Antwort sah Irene mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Euer Security Mann ist eine Petze“, murrte ich und ging um den Schreibtisch herum, um mich in einen der Besucherstühle fallen zu lassen.
„Der war noch dabei , meine private Telefonnummer zu suchen, als ich kam. Es ist Zufall, dass ich hier bin.“
„ So ein Glück.“
Wie so oft ließ sich Irene nicht auf eine Diskussion ein. Ein kluger Schachzug, denn so konnte ich vor mich hin brüten und über mein schlechtes Gewissen nachdenken.
„Was suchst du hier?“, kam die Frage, auf die ich gewartet hatte.
Ich holte tief Luft, noch immer unsicher, ob ich die Wahrheit sagen oder es mit einer frechen Lüge versuchen sollte.
Letztendlich entschied ich mich für die Wahrheit, oder zumindest für einen Teil der Wahrheit.
„Warum hast du mir das nicht gleich erzählt?“, fragte Irene, als ich mit meiner Geschichte fertig war. „Anstatt dich wie ein Dieb hier hereinzuschleichen, hättest du mir sagen können, was los ist. Du bist meine Mitarbeiterin, ich hätte dir die Informationen gegeben, nach denen du suchst.“
Für einen Augenblick wusste ich nicht, was ich sagen sollte. „Ich … an diese Möglichkeit habe ich nie gedacht.“
„Das sagt mehr über unsere Beziehung aus, als mir lieb ist.“
Schlechtes Gewissen kroch wie Übelkeit in mir hoch. Ich wollte nicht zugeben, weshalb ich nicht mit ihr gesprochen hatte. Irene war immer die Perfekte gewesen. Diejenige von uns beiden, die alles richtig machte. Außerdem hatte ich ein wenig Angst vor ihr, auch wenn ich das niemals zugeben würde. Ich wollte ihr nicht sagen , dass mein Ex-Freund in die Rolle von Thorsten Hermes geschlüpft war.
„Du glaubst also, dieser Thorsten Hermes ist in kriminelle Aktivitäten verstrickt?“, fragte sie mich.
„Ja. Aber nicht nur das, ich denke, Herr Schmitt hat ebenfalls etwas damit zu tun. Ich habe mit jemandem gesprochen, der schon lange versucht, Schmitt mit Drogenhandel in Verbindung zu bringen“, sagte ich und hoffte, sie würde mich nicht nach der Quelle dieser Behauptung fragen.
Abwartend sah ich sie an, wartete darauf, dass sie mir sagte, wie absurd diese Idee war. Stattdessen zog sie eine Schublade auf und zog eine dicke Akte heraus. „Hier.“ Sie warf das Ungetüm auf meine Seite des Schreibtischs. „Das ist alles, was ich über Herrn Schmitt habe. Vieles davon wird dich nicht interessieren. Ich vertrete ihn vor allem in Rechtsfragen, die seine Firmen betreffen. Aber du findest darin seine Privatadresse und eine Übersicht über die Unternehmen, die ihm gehören. Vielleicht hilft dir das weiter.“ Ein strenger Blick fixierte mich. „Du weißt ja, als meine Mitarbeiterin unterliegst du ebenso wie ich der Schweigepflicht. Du darfst diese Informationen unter keinen Umständen weitergeben. Niemandem. Verstanden?“
Ich nickte.
„Gut.“ Irene stand auf und griff nach ihrer Handtasche. „Ich gehe jetzt.
Ich werde am Security-Desk Bescheid geben, dass du noch arbeitest, sonst lassen die dich noch verhaften“, fügte sie mit einem Grinsen hinzu.
Ohne meine Erwiderung abzuwarten, rauschte Irene aus dem Büro. Ich streckte hinter ihrem Rücken die Zunge h eraus.
Viel war es nicht, was ich in der Akte über Herrn Schmitt fand. Der Ordner bestand im Wesentlichen aus einer langen Liste verschiedener Unternehmen zusammen mit Vertragsentwürfen, dem begleitenden Schriftwechsel und ähnlich spannenden Dokumenten. Nach einer Stunde war ich kurz davor einzuschlafen. Trotzdem machte ich weiter, bis ich mir sämtliche Firmennamen aufgeschrieben hatte und sicher war, nichts Wichtiges übersehen zu haben.
Noch immer nachdenklich
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