Küsse, die "Verzeih mir" sagen
gern meine Tochter vorstellen, Roberta Bower. Roberta, das hier ist Nicky. Sein Vater ist Vance Rossiter, der Chefranger und mein bester Freund.“
„Du hast doch gar keine Tochter!“, rief Nicky kichernd.
„Bist du dir da ganz sicher?“ Chase legte Roberta den Arm um die Schulter und ging in die Knie, damit ihre Gesichter nebeneinander waren. „Schau genau hin. Und, was meinst du jetzt?“
Nicky ließ sich Zeit und betrachtete sie eingehend. „Ihr seht euch wirklich ziemlich ähnlich“, gab er schließlich zu. „Ist er echt dein Dad?“
Roberta nickte. „Er hatte sein Gedächtnis verloren und wusste zehn Jahre lang nichts von mir. Bis vor ein paar Tagen.“
„Das gibt’s doch gar nicht.“
„Wir erklären dir nachher alles ganz genau“, versprach Chase. „Aber jetzt muss Roberta erst mal ihrer Mom Bescheid sagen. Magst du mitgehen? Auf dem Rückweg zeigst du Roberta, wo mein Büro ist, und dann könnt ihr euch aus dem Kühlschrank im Büro deines Vaters beide eine Limo holen.“
„Okay.“
Nicky legte das noch immer verpackte Geschenk auf den Schreibtisch. „Was trinkst du am liebsten?“, fragte er Roberta.
„Rootbeer!“
„Ich auch! Warst du schon mal im Park?“
„Nein.“
„Und in welche Klasse gehst du?“
„In die vierte.“
„Ich gehe in die erste. Hast du Angst vor Bären?“
„Vor Grizzlybären schon.“
„Oh, dann brauchst du keine Angst zu haben, wir haben hier nur Schwarzbären. Und Wölfe gibt’s hier auch keine.“
Einträchtig marschierten sie hinaus, und Chase lächelte zufrieden. Nicky würde für seine Tochter ein unterhaltsamer Gefährte sein. Sofern Annie sich bei den Besuchszeiten großzügig zeigte.
Unwillkürlich ballte er die Hände zu Fäusten. Da wartete sie nun draußen im Wagen, als ob sie sich nie gekannt hätten. Was für eine Ironie – ihr gemeinsames Kind war im Moment ihre einzige Verbindung.
Annie konnte doch unmöglich vergessen haben, wie sehr sie die gemeinsamen Morgenstunden in Afghanistan genossen hatten. Sie waren früh aufgestanden, hatten Frühstück gemacht und waren dann doch wieder ins Bett gegangen, weil sie einfach nicht voneinander lassen konnten. Bei der Arbeit auf der Ausgrabungsstätte hatten sie sich beherrschen müssen, deshalb hatte sie jeden ungestörten Moment umso mehr genossen.
Annies ungekünstelte, warmherzige Art hatte ihn von Anfang an gefangen genommen. Seitdem war er keiner Frau begegnet, die in ihm solche Gefühle auslöste wie sie. Und seit er sie wiedergesehen hatte, fühlte er sich noch stärker zu ihr hingezogen. Sie hatte ihm eine Tochter geschenkt, hatte sie ganz allein zu einem wunderbaren jungen Mädchen erzogen.
Natürlich war er verdammt spät dran, aber er sehnte sich danach, endlich ein Teil dieser Familie zu werden. Er hatte so viel verpasst! Ganz gleich, wie stark Annie dagegen ankämpfte, er war fest entschlossen, den Rest seines Lebens mit ihr zu verbringen. Und Roberta würde ihm dabei helfen, das zu erreichen.
Da kam sie auch schon. Nicky redete immer noch auf sie ein, doch es schien sie nicht zu stören.
„Ist deine Mom einverstanden, wenn du hierbleibst?“
„Ja. Sie kommt um zwei in dein Büro.“
Sehr gut. Ob ihre Eltern wohl auch mitkommen würden? Es wurde wohl langsam Zeit, sie kennenzulernen.
„Hier ist dein Geschenk, Onkel Chase“, sagte Nicky, der das Päckchen wieder vom Schreibtisch genommen hatte. „Ich hoffe, es gefällt dir.“
„Bestimmt.“ Chase wickelte die längliche Schachtel aus und öffnete sie. Darin lag ein silberner Stab mit einem etwas dickeren Ende. „Oh, was ist das denn?“
„Dein ganz persönlicher Zauberstab. Der Mann hat deinen Namen draufgeschrieben, siehst du?“
Chase nahm den Stab heraus und betrachtete ihn. Tatsächlich waren am dickeren Ende die Worte „Onkel Chase“ eingraviert.
„Das ist fantastisch, genau so einen habe ich mir schon immer gewünscht!“, rief Chase.
Auch Roberta betrachtete den Zauberstab begeistert. „Wo hast du den denn her?“
„Aus dem Harry-Potter-Shop in London.“
„Du warst in England?“
Nicky nickte stolz.
Chase setzte seine beste Zauberermiene auf und schwang den Stab durch die Luft. „Doppelt plagt euch, mengt und mischt! Kessel brodelt, Feuer zischt. Kühlt es nun mit Pavianblut, Zauber wird dann stark und gut!“
Die Kinder lachten, und von der Tür her erklang Beifall.
„Na, so was, Shakespeare in Hogwarts“, sagte Vance lachend. „Mir scheint, du hast verborgene
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