Kuesse - drei Mal taeglich
verbrachte den Rest des Tages wie in Trance, wobei er versuchte, nicht an Cassies Neuigkeit zu denken und nicht an ihre Tränen. Es gelang ihm nicht. Zum Glück ging es heute auf der Intensivstation relativ ruhig zu, keine größeren Katastrophen und kein Neuzugang.
Als seine Schicht sich nun ihrem Ende näherte, ließen ihm seine Gedanken keine Ruhe mehr. Er eilte in den Krankenhausgarten direkt vor dem Warteraum der Intensivstation und setzte sich auf eine der Betonbänke. Er musste gründlich nachdenken, bevor er sich Cassie wieder stellte.
Außer ihm war niemand hier draußen, wahrscheinlich deshalb, weil der Himmel bewölkt war und Nebel in der Luft hing. Die düstere Atmosphäre passte zu seiner Stimmung.
Sekundenlang spielte er mit dem Gedanken, seine Eltern anzurufen. Sie waren ihm eine große Hilfe gewesen, als er sie am meisten gebraucht hatte. Aber dann verwarf er die Idee. Sie waren auf einer Reise, und die wollte er ihnen nicht verderben. Seine Eltern würden ihm wegen dem, was geschehen war, keine Vorwürfe machen, da war er sich sicher, aber das änderte nichts daran, dass er sie erneut enttäuschte. Doch die Vorstellung, Cassie zu enttäuschen, machte ihm noch mehr zu schaffen.
Und Brendan konnte nicht mehr anders, als wieder an den Tag vor dreizehn Jahren zu denken. Sein Sohn hatte nur wenige Stunden gelebt. Er war zu klein, zu schwach gewesen, um am Leben zu bleiben.
Zuerst hatte er Jill die Schuld gegeben, weil sie keine ausreichenden Voruntersuchungen hatte machen lassen. Doch dann war ihm klar geworden, dass ihn die gleiche Verantwortung traf. Obwohl er nichts von Jills Schwangerschaft gewusst hatte, fragte er sich oft, wie er reagiert hätte, wenn er davon gewusst hätte. Er hatte Jill keinen Grund gegeben, ihn ins Vertrauen zu ziehen. Er hatte die Beziehung zu ihr abgebrochen, nachdem sie ihm eines Abends gesagt hatte, dass sie ohne ihn nicht leben könne - genau in der Nacht, als sie durch seine Nachlässigkeit schwanger ge worden war.
Damals war er einfach fortgegangen. Sein einziges Interesse war gewesen, Arzt zu werden.
Außerdem hatte er mit neunzehn nicht die Mittel gehabt, eine Frau und ein Kind zu ernähren.
Das konnte er heute nicht mehr behaupten. Er musste zwar immer noch seine Studiengebühren abbezahlen, aber er verdiente genug, um eine Familie ernähren zu können, wenn es sein musste.
Er hob das Gesicht zum Himmel und genoss die kühle Luft. Wie hatte er den gleichen Fehler zwei Mal begehen können? Und diesmal war er kein grüner Junge mehr, und Cassie war nicht mit Jill zu vergleichen. Sie hatte nur versucht, ihn zu trösten, nicht, ihn an sich zu binden. Aber jetzt brauchte sie ihn für sich und das Kind.
Die Vorstellung, erneut ein Kind zu haben, lag wie ein schweres Gewicht auf seinen Schultern. Konnte er ein guter Vater sein? Würde er es überleben, wenn auch diesem Kind etwas zustieße? Konnte er seine Ängste jemals überwinden und Cassie geben, was sie brauchte?
Die Antwort auf sein Dilemma war klar. Er konnte seine alten Fehler nicht wieder gutmachen, aber er konnte sich bemühen, dieses Mal alles richtig machen. Es blieb ihm keine andere Wahl, als seine Verantwortung zu akzeptieren und gegen alle Wahrscheinlichkeit zu hoffen, dass er Cassie nicht enttäuschte.
Kurz entschlossen machte er sich auf den Weg. Er wartete nicht auf den Aufzug, sondern nahm die Treppe in den ersten Stock. Als er Cassies Büro erreichte, klopfte sein Herz heftig und er atmete schwer, weil er Angst hatte, wie Cassie auf seinen Vorschlag reagieren würde.
Er warf der erstaunten Sekretärin nur einen flüchtigen Blick zu und stieß sofort Cassies Bürotür auf. Als er sie hinter sich schloss, sah Cassie überrascht auf.
„Ich dachte, du wolltest anrufen."
„Ich muss persönlich mit dir reden."
Cassie schluckte nervös. „Okay. Dann tu's."
Brendan nahm ihre Hände und zog Cassie auf die Füße. Er nahm allen Mut zusammen und betrachtete das schöne Gesicht seiner besten Freundin und der Mutter seines noch ungeborenen Kindes.
„Heirate mich, Cassie."
4. KAPITEL
Cassies Herz schlug wie verrückt. Sie brachte kein Wort heraus nach Brendans völlig überraschendem Heiratsantrag.
Als er eben in ihr Büro gestürmt kam, hatte sie alles andere als das erwartet. Sie war, im Gegenteil, darauf gefasst gewesen, dass er ihre Beziehung beenden wollte.
Brendan hob ihr Kinn leicht an, damit Cassie ihm in die Augen sah. „Nun?"
Cassie fing sich wieder, und gleichzeitig wurde ihr klar,
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