Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens
halbe Stunde später vor der antiken römischen Stadtmauer von Pallena den Wagen auf einen Parkplatz fuhr.
Sie erinnerte sich daran, dass dies alles seine Idee gewesen war. Er mochte ihr so viele historische Stätten zeigen und so viele Luxusmittagessen auffahren, wie er wollte, sie würde nicht verkaufen.
„Dies ist eins meiner Lieblingsrestaurants“, sagte er, als sie wenig später durch einen alten Torbogen hindurch und einige Stufen hinunter zu einer schmalen Gasse, die in die Altstadt führte, gingen. „Ich hoffe, Sie mögen es.“
Wie sollte man es nicht mögen? Man betrat das Restaurant durch eine Tür in der mittelalterlichen Mauer, ging durch eine große Eingangshalle in den ersten Stock und stand dann in einem weitläufigen, belebten Raum.
„Das hier war früher einmal ein gotischer Palast“, erklärte Dario und deutete zu den hohen gemauerten Wänden und den anmutigen Schwungbögen über ihnen. Jetzt, um kurz vor zwei war das Restaurant voller Menschen – hauptsächlich Sizilianer –, die sich lebhaft unterhielten, aßen, tranken oder entspannt vor einem Glas Limoncello oder einer Tasse Espresso saßen.
Der Duft von gebratenem Fleisch und köchelnden Saucen erfüllte die Luft. Isabel hatte noch gar nicht bemerkt, wie hungrig sie wirklich war, bis sie Dario an einem kleinen Ecktisch gegenübersaß und die Menükarte vor sich hatte.
Sie hatte keine Ahnung, was sie bestellen sollte. Nahm man mittags ein vollständiges Menü, oder waren ein Salat und ein Nudelgericht angemessen? Sie war erleichtert, als er für sie beide das Essen und den Wein bestellte.
Dario war neugierig, wie Isabel den Wein finden würde, den er bestellt hatte. Es war sein persönlicher Lieblingswein. Wie er sie inzwischen kannte, würde sie ein Urteil äußern, ob er ihre Einschätzung nun teilte oder nicht.
Als der Wein serviert wurde, nahm er einen Schluck und nickte zum Zeichen seines Einverständnisses. Isabel sah das Montessori-Etikett.
„Ihr eigener Wein“, bemerkte sie. „Stört es Sie nicht, dass Sie dafür bezahlen müssen?“
„Nicht im Geringsten. Ich bin froh, dass sie ihn hier anbieten. Es ist ein 97er Benolvio, auf den mein Großvater ganz besonders stolz war.“
Ihm fiel auf, dass sie den Wein langsam trank. Aber würde sie die feinen Geschmacksnuancen ausmachen können? Wie könnte sie?
„Äußerst angenehm“, sagte Isabel. „Hat er jemals Preise gewonnen?“
„Nein, aber der Wein hätte es verdient. Am Ende könnten wir noch eine Weinkennerin aus Ihnen machen.“
Überrascht rief sie: „War das ein Kompliment?“
„Er zuckte nur die Schultern. Er hatte sie nicht hergebracht, um ihren Weingeschmack zu testen. Ihm war nicht wirklich klar, warum er das getan hatte. Nun, zum einen kannten nur wenige Touristen dieses Lokal, zum anderen hatte er das Restaurant ausgesucht, weil er oft zusammen mit Magdalena hier gegessen hatte und er nun hoffte, seine Dämonen zu vertreiben. Er wollte sich selbst beweisen, dass er das Essen und die Atmosphäre genießen konnte, ohne an seine frühere Geliebte zu denken.
Während Isabel sich im Raum umsah, betrachtete er sie. Sie war keine solche Schönheit wie Magdalena. Doch er war längst nicht der einzige Mann, der sie beobachtete. Vielleicht lag es daran, dass sie Amerikanerin war, vielleicht an ihrem Haar, das einem Aufstand der Farbe in diesem gedämpften Restaurant gleichkam. Einige Köpfe drehten sich nach ihr um, manches Augenpaar schaute hin, während sie ihren Wein trank und die Atmosphäre in sich aufsog.
Wenn er es doch nur schaffen könnte, dass sie sich entspannte und ihre Verteidigungslinien aufgab, dann wäre sie in der Lage wahrzunehmen, was jeder wusste – die Azienda war kein Ort für sie. Er rechnete es ihr hoch an, dass sie den festen Willen hatte, das Weingut in Betrieb zu nehmen. Gegen eine anständige Portion Ehrgeiz war nichts einzuwenden. Aber sie würde dort keine Woche durchhalten. Egal wie viel Mumm sie hatte, jemand würde sie vor den Fledermäusen retten müssen, die nachts in ihr Schlafzimmer geflogen kamen, und vor den Wildschweinen, die Erde aufwühlten. Und wer außer ihm kam für den Job des Retters infrage?
Vielleicht war es der Wein, oder aber es lag an dem weichen Licht der Wandleuchter, von seiner Tischseite jedenfalls sah es so aus, als wäre sie ein wenig gelöster. Ihre Schultern waren nicht mehr wie zum Appell gestrafft, ihre Wangen hatten eine gesunde Röte, und ihr Blick schweifte aufmerksam und interessiert durch
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