Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens
schmerzhaft für sie war? Oder sie war tatsächlich vom Besteck fasziniert. Was immer es gewesen sein mochte, sie fasste sich rasch wieder und schaute ihn ruhig an. „Ich könnte Sie das Gleiche fragen. Wenn Sie noch unverheiratet sind, warum? Was ist los mit den italienischen Frauen?“
Er schluckte ein bitteres Lachen hinunter. „Oh, das ist ein Thema für sich. Italienische Frauen sind laut und eigensinnig. Sie werden verstehen, wovon ich spreche, wenn Sie die erste kennenlernen. Sie haben die Macht, und sie bestimmen über die Familie. Meine Mutter kann das bestätigen. Sie und mein Vater halten sich zurzeit in Palermo auf, weil sie dort geschäftlich zu tun haben. Also hat meine Großmutter das Steuer übernommen, während mein Großvater noch rekonvaleszent ist.“
Er unterbrach seine Ausführung über Frauen, als der Kellner an den Tisch trat und ihnen ein noch brodelnd heißes Gericht aus dem Ofen servierte. Pasta alla Norma, ein Auflauf aus Auberginen, Tomaten und Ricotta.
Sie genossen das Essen, plauderten über Sizilien, und zum Abschluss bedeutete Dario dem Kellner, ihnen zwei Cannolis und Kaffee zu bringen. Er wollte, dass sie angenehme Erinnerungen an Rundreisen und köstliches Essen im Gepäck hatte, wenn sie wieder in die Vereinigten Staaten zurückflog. Und keine Erinnerungen an kalte Nächte mit Fledermäusen und erfrorenen Reben. Das war das Mindeste, was er im Tausch gegen sein Land tun konnte.
„Sind Sie sicher, dass wir dafür Zeit haben?“
„Natürlich. Jeder verdient ab und an einen freien Tag. Wenn es nötig ist, arbeiten wir hart, aber hier nimmt sich jeder immer Zeit zum Essen. Danach schauen wir uns noch einige Immobilien an, von denen ich denke, dass sie Ihnen gefallen werden.“
Sie öffnete den Mund, um zu protestieren, dann schloss sie ihn, weil sie verstand, so hoffte Dario, dass es keinen Sinn hatte zu argumentieren. Sie bestand nicht darauf, dass sie keine Verwendung für ein Haus mit einem soliden Dach und einer sauberen Küche hätte. Doch ihm war klar, dass sie darauf bestehen würde. Er wusste, dass sie stur war wie ein sizilianischer Esel und sich erst einmal gegen jede Erwägung eines anderen Anwesens sträuben würde. Aber er war genauso stur.
In der Zwischenzeit betrachtete er sie in aller Ruhe, während sie die cremige Ricottafüllung aus dem süßen Teig schleckte. Ein kleiner Teigkrümel klebte in ihrem Mundwinkel, und am liebsten hätte er sich über den Tisch gebeugt und ihn sanft weggewischt. Doch bevor eine Bewegung machen konnte, leckte sie sich über die Lippen, und er spürte, wie sein Puls sich beschleunigte. Was war los mit ihm? Vielleicht hatte seine Familie doch recht und er arbeitete wirklich zu hart. Seit Magdalena ihn vor über einem Jahr sitzen gelassen hatte, hatte er keine einzige Frau auch nur ernsthaft angeschaut, geschweige denn eine in sein Lieblingsrestaurant zum Lunch eingeladen. Das war los mit ihm.
4. KAPITEL
Auf dem Rückweg nach Villarmosa zeigte Dario Isabel einige kleine Villen, die allesamt sehr schön waren. Alle hatten intakte Dächer, hübsche Gärten oder schattige Innenhöfe.
Isabel sagte ihrem Fremdenführer äußerst höflich, doch bestimmt, dass sie an keinem der Objekte interessiert war.
„Nicht interessiert?“ Seine Stimme hörte sich ungläubig an. Offenbar glaubt er, ich sei eine grobschlächtige, ungebildete Amerikanerin, die keine Achtung vor Lebensart hat und Kultur nicht wertzuschätzen weiß, vermutete Isabel. Aber nach einigen weiteren Häusern gab er auf und fuhr sie ins Hotel zurück. Gegen ihren Willen fühlte sie sich ein wenig wie die Siegerin. Sie hatte all seinen Bemühungen widerstanden, und nun schuldete er ihr etwas.
Vor dem Hotel war er ihr noch beim Aussteigen behilflich, machte aber Anstalten, sofort loszufahren.
„Ich glaube, wir hatten einen Deal“, rief sie ihm nach. Überrascht drehte er sich zu ihr um. Hatte er ihre Abmachung wirklich vergessen? Nein, ein so ausgefuchster Geschäftsmann wie er würde einen Deal nicht vergessen. Er hatte wohl darauf gehofft, sie habe es vergessen.
„Sie sagten, wenn ich nichts finde, was mir gefällt, unterstützen Sie mich dabei, Erntehelfer zu finden.“
„Ich sehe zu, was sich tun lässt.“ Mit diesen Worten stieg er ins Auto und fuhr los.
Sollte er nicht zurückkommen, müsste sie sich auf eigene Faust auf die Suche machen, in ihrem gebrochenen Italienisch um Arbeiter betteln und obendrein Gefahr laufen, eine Bande von Dieben und Knastbrüdern
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