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Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens

Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens

Titel: Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grace
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Ich verspreche Ihnen, dass alle freundlich zu Ihnen sein werden – freundlicher jedenfalls, als ich es war. Und Sie werden erleben, was sizilianische Gastfreundschaft heißt. Jetzt muss ich aber gehen. Weintrauben und noch mehr Weintrauben. Wir haben nur eine so kurze Zeit für die Ernte.“
    Isabel stand sofort auf. Sie fühlte sich schuldig, dass sie im Schatten gesessen, gegessen, Wein getrunken und darüber beinahe ihre Probleme vergessen hatte – von denen eines jetzt gerade vor ihr stand. Ein anderes war ihr Haus, das buchstäblich um sie herum zusammenfiel. Und dann gab es ja noch die Weinstöcke und ihre Arbeiter. Aber es fühlte sich so gut an, zusammen mit dem bestaussehenden Mann von Sizilien, oder womöglich von ganz Italien, eine Pause zu machen, ihren Magen mit köstlichem Essen und ihren Geist mit Geschichten und Meinungen füllen zu lassen. Ein Reiseführer vermittelte nur nackte Fakten. Ein Sizilianer mit unglaublich blauen, strahlenden Augen, breiten Schultern und einem markanten Kinn ließ jedes Detail über das Land ihrer Wahl faszinierend und bedeutsam werden.
    Er ließ ihr das restliche Essen, den Wein und das Wasser da.
    „Sie müssen das Essen kühl stellen. Ich lasse Ihnen Eis liefern“, sagte er zum Abschied. „Wahrscheinlich wurde der alte Eisschrank seit Jahren nicht benutzt, aber für ein paar Tage wird es gehen.“
    „Danke schön.“ Warum war er so nett? Es musste die sizilianische Gastfreundschaft sein, die über seine Abneigung gegen sie siegte.
    Auf dem Weg zu seinem Auto sprach Dario noch mit ihren Arbeitern, die wieder an die Traubenernte gegangen waren. Er wollte sichergehen, dass sie Isabel nicht übervorteilten, nur weil sie Ausländerin war und nicht wusste, was sie von ihnen erwarten durfte und musste. Es beruhigte ihn, zu sehen, dass die Männer Isabel Respekt entgegenbrachten – ihre Versuche, italienisch mit ihnen zu sprechen und ihre Bereitschaft, mit ihnen gemeinsam zu arbeiten, hatten die Leute beeindruckt.
    Gegen seinen Willen empfand er ebenfalls Hochachtung. Keine Frau, die er kannte, würde selbst Weintrauben ernten, allein die Propangasflasche anschließen, einen Reifen wechseln oder in einer Ruine von Haus leben wollen. Vielleicht, nur vielleicht, würde ihr gelingen, was ihrem Onkel nicht geglückt war. Inzwischen wusste er, dass sie eine außergewöhnliche Frau war. Womöglich war es für ihn jetzt die beste Strategie, ihr mit Arbeitern, Eis, Ratschlägen und Essen unter die Arme zu greifen. Im Augenblick war es einfach nicht Erfolg versprechend, sie mit Druck zum Verkauf der Azienda zu bewegen. Während er langsam zu seinem Wagen ging, dachte er an den bevorstehenden Abend. Mit Isabel als Gast würden sich alle vorbildlich verhalten. Eigentlich freute er sich sogar darauf, seine Familie, die er so lange gemieden hatte, wiederzusehen. Er hatte seine Nichten und Neffen schon vermisst, aber die Arbeit war immer ein guter Grund gewesen, um sich so rar wie möglich zu machen.
    Die Familie liebte vergnügliche Gesellschaften. Sie würde sich freuen, Isabel kennenzulernen, und sie herzlich willkommen heißen. Schließlich bedauerte keiner zutiefst den Verlust der Azienda. Sie akzeptierten den Verkauf als Teil des Auf und Ab, das normal war im Geschäftsleben.
    Er fragte sich, was wohl geschehen wäre, wenn er heute nicht mit dem Lunch bei Isabel vorbeigeschaut hätte. Hätte sie bis zum Umfallen weitergearbeitet? So wie er sie kannte, wäre genau das passiert. Sie war so fest entschlossen, unter Beweis zu stellen, dass sie alles allein schaffte. Aber er mochte nicht einfach danebenstehen und zusehen, wie sie vor Hunger ohnmächtig wurde oder in der Hitze dehydrierte.
    Langsam machte er sich in Richtung seiner eigenen Weinpresse auf, und während er an den langen Reihen von Weinstöcken vorbeifuhr, an denen die reifen Trauben hingen, dachte er wieder an Isabel. Womöglich hatte sie diesen Besitz doch verdient. Was für ein revolutionärer Gedanke – doch er wurde ihn nicht mehr los.
    Am Ende dieses Arbeitstages war Isabels Rücken trotz der Mittagspause steif, ihre Finger waren taub, ihr Nacken und die Arme sonnenverbrannt, und sie hatte nur wenige Körbe gefüllt. Natürlich konnte sie nicht mit den erfahrenen Pflückern, die nach dem Gespräch mit Dario mehr Eifer an den Tag gelegt hatten, mithalten. Aber versuchen wollte sie es wenigstens. Sie musste ihnen zeigen, dass sie nicht die verwöhnte amerikanische Erbin war, für die sie sie hielten. Um punkt fünf

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