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Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens

Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens

Titel: Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grace
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Uhr ließen die Männer alles fallen und erwarteten ihr Geld. Sobald sie sie bezahlt hatte, sprangen alle auf die Ladefläche eines Kleinlasters, und weg waren sie, um ihren Lohn in der Stadt auszugeben.
    Als jetzt das Eis angeliefert wurde, fühlte sie eine Welle der Dankbarkeit gegenüber Dario. Er hätte das alles nicht für sie tun müssen. Sie trank noch eine Flasche Wasser im Stehen, dann fuhr sie ins Hotel zurück.
    Sie hatte keine Ahnung, wann und wo sie zum Abendessen erwartet wurde oder wer außer Dario und seiner Großmutter anwesend sein würde. Doch sie hoffte, dass es eine große Gesellschaft würde, dann wäre sie seiner Gegenwart nicht so intensiv ausgesetzt. Dass sie sich heute Mittag an einem Tisch gegenüber gesessen, getrunken und gegessen hatten, während ihre Knie von Zeit zu Zeit gegeneinanderstießen, hatte ihr für heute vollauf genügt. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart unwohl, denn sie begriff nicht, warum er ihr half, wo es doch seinen ureigenen Interessen zuwiderlief.
    Er war zu groß, zu stark, zu sizilianisch, zu selbstbewusst und natürlich viel zu gut aussehend. Wie sollte eine Frau ihm widerstehen? Er und Miss Sizilien waren wahrscheinlich ein umwerfendes Paar gewesen.
    Heute Abend wollte Isabel einen guten Eindruck machen. Nicht weil es Darios Verwandte waren, sondern einflussreiche Landbesitzer, die seit Generationen hier lebten. Und sie waren ihre Nachbarn. Aus dem Koffer zog sie das einzige Kleid, das sie dabeihatte, ein blau-grünes Baumwollkleid mit Spaghettiträgern und einem schmal geschnittenen Rock. Ob das angemessen war? Ihre Nerven gingen mit ihr durch. Das lag an der Müdigkeit, den Sorgen und – an ihm. Dafür, dass sie ihn meiden wollte, und er umgekehrt ebenso keinen Wert auf ihre Gegenwart legte, sahen sie sich viel zu häufig.
    Dario fuhr um sieben Uhr ins Hotel, um Isabel abzuholen. Die Sonne stand schon tief am Himmel, und die Luft hatte sich ein bisschen abgekühlt. An der Rezeption bat er den Portier, Signorina Morrison anzurufen und ihr auszurichten, dass Dario Montessori in der Bar auf sie wartete.
    Was hatte ihn getrieben, ihr heute das Mittagessen zu bringen? überlegte er, als er in einem Sessel Platz nahm. Nun, die Sizilianer hatten ihre Feinde noch nie hungern lassen, seien sie nun die Phönizier, die Vandalen, Normannen oder amerikanische Erbinnen.
    In diesem Augenblick schaute er auf und sah Isabel, die eben die Bar betrat. Sie sah atemberaubend aus. Das völlige Gegenteil zum Nachmittag, als er sie mit erhitztem Gesicht, feuchtem Haar und verschwitzt zwischen den Weinstöcken getroffen hatte. Heute Abend sah sie aus, als wäre sie frisch einem amerikanischen Spielfilm entstiegen. Das türkisfarbene Kleid setzte ihr feurig rotes Haar erst richtig in Szene. Niemals hatte er eine erstaunlichere Verwandlung gesehen: von der zersausten, erschöpften Arbeiterin im Weinberg zur glamourösen Dame. Ihre Blicke trafen sich und hielten einander für einen Moment fest. Die Stimmen in der Bar verstummten.
    Er hatte vorgehabt, eine größtmögliche Distanz zu ihr zu wahren und sie einzig für ihre Entschlusskraft als Unternehmerin zu bewundern, doch in diesem Augenblick lösten sich seine Vorhaben in Luft auf. Er bewunderte sie für das, was sie jetzt war – eine blendende Erscheinung in einem Raum voller attraktiver Italienerinnen. Alle Gäste in der Bar drehten sich nach ihr um.
    Er stand auf und ging zu ihr. „Fertig?“, fragte er nur, bevor er sie hinaus zu seinem Auto begleitete.
    „Der Hotelbesitzer ist sehr nett“, erzählte Isabel, als sie im Wagen saßen. „Er hat mich darüber aufgeklärt, dass ich meine Trauben segnen lassen muss. Das gehört wohl dazu.“
    „Das stimmt.“ Wenn die Trauben den Segen empfangen hätten, gab es kein Zurück mehr. Dann wäre sie Feuer und Flamme, sie würde Respekt genießen und sich ihren Platz in der Gemeinschaft erobern. Und nie mehr abreisen, egal was passierte. Vielleicht war es an der Zeit, die Tatsachen anzuerkennen und auf den Zug aufzuspringen, bevor er den Bahnhof ohne ihn verließ.
    Während er durch das Abendlicht fuhr, bemerkte er den zarten Jasminduft. Gerade wenn es am Klügsten war, Abstand von ihr zu halten, fühlte er sich von ihr angezogen. Wo früher sein Herz gewesen war, empfand er nur noch einen andauernden Schmerz. Jedes Mal, wenn er tief einatmete, jedes Mal, wenn er mitten in der Nacht erwachte und an seinen kolossalen Fehler dachte, spürte er den Schmerz in seiner Brust, und er hatte

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