Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens
auch immer noch. Ich designe auch für Sie ein neues, wenn Sie Ihre Meinung ändern.“
„Dann fangen Sie an.“
„Wirklich? Sie wollen mir eine Chance geben? Ich weiß nicht, ob Ihnen gefällt, was ich mache, aber nach allem, was Sie für mich getan haben, schulde ich es Ihnen.“
Sie hatte keine Ahnung, warum sich seine Einstellung geändert hatte, aber sie war froh, dass es so war. In ihrem Kopf begannen schon die Ideen für ein neues, verlockendes Montessori-Weinlabel zu sprühen. In ihren Finger juckte es, und sie hätte gern Bleistift und Papier gehabt.
Als sie das Städtchen hinter sich gelassen hatten, fragte sie noch einmal nach: „Versuchen Sie mir mit den Wildschweinen Angst einzujagen? Oder sind sie wirklich eine Gefahr?“
„Das sind sie wirklich. Nicht jede Nacht, nicht jeden Sommer. Aber es ist mehr als gerechtfertigt, Sie zu warnen. Die Tiere werden ziemlich groß, und sie haben keine natürlichen Feinde. Sie fressen alles, was sie finden, und besonders gern die Wurzeln der Weinstöcke.“
„Und was ist mit Menschen?“
„Sie lieben Menschen, besonders junge, frisch eingetroffene Amerikanerinnen.“
Isabel schnappte nach Luft, und er schenkte ihr ein kleines, reumütiges Lächeln. Er nahm sie auf den Arm! Das war ein gutes Zeichen. Und völlig unerwartet. Unter Umständen gehörte er doch zur menschlichen Spezies. Als sie sich vorhin in der Bar getroffen hatten, hatten die funkelnden Blicke, die er ihr zugeworfen hatte, ein heißes Gefühl auf ihrer Haut und ein Prickeln in ihrem Bauch verursacht. Sie war sich nicht sicher, wie sie diese Blicke deuten sollte.
„Sie werden es nicht glauben, aber ich beginne den Gedanken zu erwägen, dass Sie alles mitbringen, was man braucht, um es auf der Azienda zu schaffen, trotz der Wildschweine, der Fledermäuse und dem Loch im Dach.“
„Wirklich?“ Sie konnte es nicht fassen. Ein Gefühl der Wärme durchflutete ihre nackten Schultern und stieg über den Hals in ihr Gesicht auf.
„Verstehen Sie mich nicht falsch, mein Ziel ist es nach wie vor, das Land wieder im Besitz meiner Familie zu sehen. Aber ich bin bereit, sie bei der Bekämpfung der Pflanzenschädlinge zu unterstützen, denn die Pflege der Weinstöcke ist wichtig für mich. Ich sehe, dass Sie diesen Ort ebenso sehr mögen, wie ich das tue. Aber Sie brauchen unbedingt ein Telefon, damit Sie mich anrufen können, wenn etwas schiefläuft. Für den Fall, dass Ihr Handy mal nicht funktioniert.“
„Das ist sehr großzügig“, sagte sie. „Aber das kann ich nicht annehmen. Sie haben schon genug für mich getan.“
„Ich möchte, dass Sie eines wissen: Ich bin Ihnen gegenüber ehrlich gewesen, in allem, was ich gesagt habe. Ich weiß eben nicht alles. Ich dachte wirklich, dass es in dem Teich Giftschlangen gibt. Ich habe mich geirrt. Nicht das erste Mal. Schwimmen Sie also ruhig darin rum.“
„Das werde ich“, versicherte sie ihm. „Sobald ich mir einen Badeanzug gekauft habe.“ Es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass sie sich seinen Respekt erworben hatte.
„Was ist mit Ihnen? Haben Sie sich niemals geirrt?“
„Ich? Oh doch. Ich habe mit einigen Dingen sehr, sehr falsch gelegen.“ Sie presste die Lippen fest zusammen. Sie hatte den ganzen weiten Weg zurückgelegt, um von der Vergangenheit loszukommen. Warum sollte sie jetzt darüber sprechen? Doch anstatt zu schweigen, merkte sie, dass sie nicht mehr aufhören konnte, nachdem sie einmal angefangen hatte. „Ich habe jemandem vertraut, dem ich mein Vertrauen besser nicht geschenkt hätte. Nach allem, was ich in meiner Kindheit erlebt habe – die Enttäuschungen, die wechselnden Pflegefamilien, die zerstörten Hoffnungen –, habe ich mich dem Glauben hingegeben, es gäbe jemanden, der mich liebt.“ Ihre Stimme zitterte, Isabel hielt inne und holte tief Luft. Sie wünschte, sie wäre mit dem Teil über die Liebe nicht herausgeplatzt.
„Es ist jetzt nicht mehr wichtig“, behauptete sie. Das war eine Lüge. Es war immer noch von Bedeutung. Sollte es nicht sein, war es aber. „Ich habe meine Lektion gelernt. Ich werde denselben Fehler nicht noch einmal machen. Aber diese Erfahrung hat dazu geführt, dass ich hierhergekommen bin und ein neues Leben beginne. Das Erbe kam, als ich es am meisten gebraucht habe. Ein Geschenk des Himmels. Glauben Sie an Wunder?“
„Nein“, lautete Darios knappe Antwort.
„Ich auch nicht. Aber wenn das kein Wunder war, was ist dann eins?“
Dario bog jetzt von der Hauptstraße auf einen
Weitere Kostenlose Bücher