Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens
schmalen Weg ein, der von Zypressen gesäumt war und vor einem wunderschönen weiß verputzten Haus endete. Es war wie auf einem Werbeposter für Sizilienreisen, und es nahm ihr den Atem. Niemals hatte sie ein so schönes, einladendes Haus gesehen. Der Duft reich tragender Orangen- und Zitronenbäume hing in der Luft. Die Schatten der blauen Stunde tauchten alles in weiches Licht.
6. KAPITEL
Es war mehr als ein Haus. Es war ein Anwesen mit Gärten, Innenhöfen, Nebengebäuden und einem traumhaften Haupthaus. Isabel hatte geahnt, dass es ansehnlich sein würde. Sie hatte nicht geahnt, dass ein Traumhaus aus der Zeitschrift „Die schönsten italienischen Landhäuser“ sein würde und alles hatte, was eine italienische Villa haben sollte, einschließlich einem Hund und der Kinder, die jauchzten, als hätten sie ihren Onkel Dario seit Jahren nicht mehr gesehen.
Sie warfen sich auf ihn, und einen der kleinen Jungen hob er auf seine Schultern. Zwei andere ergriffen seine Beine und versuchten, daran hängen zu bleiben. Isabel starrte verblüfft diesen Mann an, dem sie jederzeit das Label ‚meidet tunlichst Kinder und Tiere‘ angeheftet hätte. Wie sehr sie sich getäuscht hatte. Sein warmes, tiefes Lachen ließ sie benommen zurück. Dario, Kinder und Haustiere.
Eine kleine, hübsche Frau in einem einfachen, aber schön gefertigten blauen Baumwollkleid und Sandaletten mit Lederriemchen unterbrach Dario und die Kinder.
„Dario“, rief sie und umarmte ihren Bruder. „Dass du gekommen bist.“ „Natürlich bin ich da“, antwortete er fröhlich. „Nonnas Befehl.“ Er drehte sich um und winkte Isabel. „Isabel Morrison. Das ist meine Schwester Lucia.“
„Willkommen auf El Encanto“, sagte Lucia.
In der Zwischenzeit waren die Bitten der Kinder lauter geworden. Dario entschuldigte sich, und er und die Kinder entfernten sich über den Rasen.
Lucia sah ihrem Bruder nach. „Ich bin froh, dass Sie die Einladung angenommen haben. Und ich kann kaum glauben, dass Dario auch gekommen ist.“
„Aber ich dachte …“
„Sie dachten, dass wir jeden Abend alle zusammen wie eine große glückliche italienische Familie zusammen essen? Manche von uns, ja, aber Dario ist den Familienzusammenkünften seit … seit Langem ferngeblieben. Wir haben Ihnen zu danken, dass Sie ihn heute mitgebracht haben.“
„Herzlichen Dank für die Einladung. Das Haus ist wunderschön.“
„Es ist schon alt und seit vielen Generationen in Familienbesitz. Kommen Sie, ich führe Sie herum. Sie müssen Dario bitte entschuldigen, meine Kinder sind so froh, dass er hier ist. In letzter Zeit haben sie nicht viel von ihrem Onkel gehabt.“
„Ich verstehe, dass die Ernte für alle viel Arbeit bedeutet.“
„Wir sind alle viel beschäftigt“, antwortete Lucia und runzelte leicht die Stirn. „Aber Zeit für die Familie sollte man trotzdem haben. Wir anderen zumindest finden diese Zeit.“
Isabel wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, doch glücklicherweise sprach Darios Schwester weiter. „Die Kinder vermissen ihn am meisten. Er war schon immer ihr Lieblingsonkel. Haben Sie Kinder?“
„Nein. Ich bin nicht verheiratet.“ Warum glaubten nur alle Italiener, eine Frau ihres Alters müsste verheiratet sein?
„Ach so. Die Kinder haben Dario zum neuen Tennisplatz entführt und werden ihn zu ein, zwei Spielen überreden wollen.“ Lucia führte Isabel durch die schwere Eingangstür aus Eichenholz ins Innere des Hauses. Durch die Halle, die mit ihrem glänzend gefliesten Boden, den komfortablen Sofas und antiken Möbelstücken einen einladenden Eindruck machte, gelangten sie in die Küche. Auf einem Fußbänkchen stehend, damit sie an den Herd heranreichte, war die alte Dame, die Isabel ja schon kannte, gerade damit beschäftigt, in einem Topf mit Sauce zu rühren. Sie schaute auf und lächelte strahlend.
„ Ciao. Benvenuto .“
„ Grazie. Danke für die Einladung“, antwortete Isabel.
Signora Montessori stieß einen Schwall italienischer Worte aus, die sie an ihre Tochter richtete, während Isabel die Küche bewunderte, die in Rot gekachelt war. Von der Decke hingen Kupferkessel und Pfannen.
„Sie sagt, sie hofft, dass Ihnen das sizilianische Essen schmecken wird.“
„Ganz gewiss wird es das. Kocht Ihre Mutter hier im Haus?“
„Oh nein, wir haben eine Köchin, die seit vielen Jahren für uns arbeitet. Aber Mutter überwacht alles in der Küche, das Füllen der Würste, das Ausrollen des Pastateigs und die
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