Küsse im Mondschein
Donnern hinter sich hörte. Es war das dumpfe Trommeln schwerer Hufe, und es kam immer näher. Ruckartig wandte sie den Kopf um, blickte über ihre Schulter zurück und entdeckte Dexters Rotschimmel mitsamt seinem ihr natürlich nur allzu bekannten Reiter. Zügig schlossen die beiden zu Amanda auf. Ein überglückliches Lächeln breitete sich über ihre Lippen - aber das konnte Martin unmöglich erkannt haben, denn dazu war er noch zu weit entfernt. Gelassen wandte Amanda sich um und schaute wieder nach vorne.
Einige Sekunden später hatte er sie endgültig eingeholt. Amanda sah ihm kühn in die Augen, begrüßte ihn mit einem sehr entspannten Lächeln und betete darum, dass sich der Triumph, den sie gerade fühlte, hoffentlich nicht auf ihrem Gesicht zeigte.
Denn die Tatsache, dass Martin sie nun doch auf ihrem morgendlichen Ausflug begleitete, bedeutete schließlich noch lange nicht, dass sie ihn damit auch schon gezähmt hätte. Außerdem war Amanda klug genug, um zu begreifen, dass er ihre Spielchen zumindest zum Teil bereits durchschaut hatte.
Nun näherten sie sich dem Ende des Reitpfades. Martin ließ sein Pferd langsamer laufen, wich dann mit Amanda auf die Grasnarbe aus und zog schließlich die Zügel an. Aufmerksam musterte er die leichte Röte, die der Wind Amandas Wangen verliehen hatte. Sie waren beide außer Atem - der Ritt war sehr scharf gewesen. Martin bemühte sich, nicht auf Amandas Brüste zu starren, die sich unter ihren keuchenden Atemzügen hastig hoben und senkten.
Jene Brüste, die auch schon seine Träume erfüllt hatten. Aber sie waren nicht bloß erotische Fantasien gewesen, die er sich vorgestellt hatte, sondern es waren auch sinnliche Sehnsüchte gewesen, das Verlangen, die Gefühle, die ihn auf dem Boot überwältigt hatten, noch einmal erleben zu dürfen. Er wollte sie noch einmal spüren dürfen und seine Sinne an dem wahren Festmahl laben, jenem opulenten, fesselnden Erlebnis von Amandas Körper, ein Erlebnis, das so viel beglückender war als alles, was er je zuvor erlebt hatte.
Martin gab dem Pferdeknecht ein Zeichen, dass dieser zum Parktor zurückkehren solle, dann nahm er abermals die Zügel seines Rotschimmels auf und deutete mit einer Kopfbewegung auf den vor ihnen liegenden, sich unter den Bäumen dahinschlängelnden Pfad. »Lass uns auf diesem Weg zurückreiten.«
Eigentlich hatte er fest vorgehabt, sich von Amanda fernzuhalten, die Verbindung zu ihr abzubrechen und sich gänzlich aus diesem Spiel zurückzuziehen. Es passte ihm also gar nicht, dass er nun trotz seiner guten Vorsätze doch wieder hier neben ihr herritt.
Er blickte in ihr Gesicht, beobachtete, wie Amanda betont gelassen die Bäume betrachtete. Ganz so, als ob sie davon ausginge, dass Martin sich einfach bloß ein bisschen zu spät aus dem Bett gerollt hätte. Doch er nahm ihr ihre vorgebliche Lässigkeit nicht ab, so dumm war er nicht. Andererseits musste er ihrer Strategie - widerwillig - auch seinen Respekt zollen. Denn Amanda ging wirklich sehr subtil vor und war ihm auf diesem speziellen Gebiet somit wahrlich eine würdige Gegnerin; eine würdigere Gegnerin als jede, die ihm jemals zuvor begegnet war.
Inzwischen waren sie tief zwischen die Bäume eingedrungen. Das Blattwerk schützte sie vor den Blicken möglicher anderer frühmorgendlicher Reiter, als Dexter plötzlich die Zügel anzog. Auch Amanda ließ ihr Pferd anhalten, sah Martin einen Moment lang nachdenklich an und hob dann fragend eine Braue.
»Was deinen Wunsch angeht, auch noch an einem der Maskenbälle in Covent Garden teilzunehmen - tja, da fürchte ich, muss ich passen. Dorthin kann ich dich nicht begleiten.«
»Oh?« Fest hielt sie den Blick auf sein Gesicht gerichtet. »Und warum nicht?«
Weil er einfach zu klug war, um Amanda nach ihrem gemeinsamen Zwischenspiel auf der Themse noch eine weitere Chance zu geben, ihn zu verführen. »Weil sich ein solcher Ausflug für eine Dame deines Standes einfach nicht schickt. Das liegt weit außerhalb all dessen, was man noch irgendwie durchgehen lassen könnte.« Er erwiderte ihren Blick und fügte dann mit entschlossener Stimme noch hinzu: »Zumal, wenn ich dein Begleiter auf diesem Maskenball wäre.«
Noch immer hielt Amanda ihren Blick eindringlich auf sein Gesicht gerichtet, und doch konnte er den Ausdruck, der in ihren kornblumenblauen Augen lag, nicht deuten. Ihre Miene verriet nur, dass sie offenbar gründlich über seine Worte nachdachte.
Mit einem schlichten Nicken nahm sie die
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