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Küsse im Morgenlicht

Küsse im Morgenlicht

Titel: Küsse im Morgenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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dummes Ding!«
    Helena verdrehte nur verächtlich die Augen. Dann schlüpfte sie in ihren Morgenmantel, eilte an die Seite ihres Neffen, spähte ebenfalls forschend in die Dunkelheit hinab - und was sie sah, ängstigte sie zutiefst. Sie legte Simon die Hand auf den Arm und befahl ihm leise: »Schweig still.«
    Doch Simon hatte es vor lauter Wut ohnehin bereits die Sprache verschlagen.
    Draußen in der Nacht versuchte die verhüllte Gestalt, taumelnd und mit wild rudernden Armen über einen der Loggiabalken zu balancieren, die von der Hauswand aus quer über die mit Steinplatten belegte Terrasse verliefen. Sollte sie das Gleichgewicht verlieren und stürzen, so wären etliche gebrochene Knochen wohl noch das geringste Übel, das ihr in diesem gefährlichen Augenblick drohte.
    Die schmale Gestalt zitterte zum Gotterbarmen. Immer wieder und wieder schwankte sie bedenklich und fuchtelte verzweifelt mit den Armen, drauf und dran, in die Tiefe zu stürzen. Doch wie durch ein Wunder schaffte sie es dann doch jedes Mal, ihr Gleichgewicht wiederzufinden, und tastete sich stetig weiter voran. Zusätzlich aber schwang ihr der schwere Umhang um die Beine und behinderte sie bei jedem Schritt … Kaum hörbar stieß Helena ein verzweifeltes Stoßgebet aus.
    »Meine Güte«, flüsterte Simon schließlich. »Ich glaube fast, sie schafft es.«
    »Sei still! Fordere das Schicksal nicht heraus.«
    Unten, fast gänzlich verborgen in den dunklen Schatten, war Martin zu erkennen, der sich dicht an die Hecke drückte, die die Ziergärten umschloss. Sugden lauerte unterdessen auf dem Pfad, der zu den Hundezwingern führte. Beide blieben stocksteif stehen, waren schweigende Zeugen der riskanten Flucht des Mädchens. Keiner gab auch nur den leisesten Laut von sich, niemand bewegte sich. Alle waren bemüht, die Diebin nicht von ihrem halsbrecherischen Unterfangen abzulenken.
    Es schien eine halbe Ewigkeit vergangen zu sein, bis die taumelnde kleine Person endlich das Ende des Tragebalkens erreicht hatte. Sie stand nun genau an dem Punkt, wo der Balken auf seinen senkrechten Stützpfeiler traf. Simon spannte unwillkürlich sämtliche Muskeln an. Helena grub die Finger in seinen Arm. »Du wirst ihr nicht folgen.«
    Simon würdigte seine Tante nicht eines einzigen Blickes. »Natürlich nicht. Dazu besteht überhaupt keine Notwendigkeit.«
    Schweigend warteten sie, während das Mädchen über den Balken tastete und sicheren Halt für die Hände suchte. Dann versuchte sie, in einer eigentümlichen Mischung aus Klettern und Springen auf den Erdboden zu gelangen, stürzte aber schließlich in einem wenig rühmlichen Wirrwarr aus flatternden Röcken, Kapuze und Umhang mit einem Plumps zu Boden.
    Sofort beugte Simon sich aus dem Fenster. »Sie liegt hinter der Loggia! Gleich vor dem Musikzimmer!«
    Sein gellender Ruf riss alle ruckartig wieder aus ihrer erschrockenen Reglosigkeit. Sogar das Mädchen sprang überraschend flink wieder auf die Füße und rannte in Richtung der Ziergärten davon.
    Dann sah sie, wie aus der gleichen Richtung Martin auf sie zueilte.
    Mit einem schrillen Schrei wirbelte sie herum und floh in die entgegengesetzte Richtung auf die Rosengärten zu, hinter denen sich wiederum der dunkle Wald erstreckte.
    Fast hatte sie ihr Ziel erreicht, war beinahe schon auf dem Pfad angelangt, über den sie in die Schatten des Gehölzes hätte fliehen können, als sie mit einem Mal regelrecht in Lucifer hineinrannte, der das Haus durch die Vordertür verlassen hatte und sofort um den Ostflügel herumgelaufen war.

    Luc hatte gehört, wie Simon zu Helenas Zimmer gerannt war. Aber wie konnte es sein, dass …? Niemand hatte sich an ihm, Luc, oder an Amelias Bruder vorbeigeschlichen. War der Dieb etwa durchs Fenster gekommen? Aber dann hätten Martin, Sugden oder Phyllida ihn doch sehen müssen … Wie war es dem Schurken bloß gelungen, unbemerkt an ihnen allen vorbeizuschlüpfen?
    Mit festen Schritten war Luc den Korridor des Westflügels entlangmarschiert. Dann hatte er gesehen, wie Simon in Helenas Zimmer geplatzt war. Unschlüssig blieb Luc stehen, überlegte hastig, was nun am besten zu tun sei. Bis er hörte, wie Simon mit irgendjemandem sprach. Verwirrt lauschte Luc. Das war eindeutig nicht das dramatische Lärmen, das er erwartet hatte. Und es gab auch nichts, was darauf hindeutete, dass Helena in Gefahr sein könnte.
    Was zum Teufel ging da drinnen denn bloß vor? Luc wollte gerade mit raschen Schritten ebenfalls in Helenas Zimmer

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