Kuesse niemals deinen Chef
zufrieden?“
Unwillkürlich legte sie eine Hand auf ihr Herz. Sein Schmerz hat nichts mit mir zu tun! sagte sie sich, doch diese Warnung ging ins Leere. Es war, als wohne in ihrem Innern noch eine andere Person, die sich ihm zuwenden und die Hände nach ihm ausstrecken wollte, um ihn zu trösten und seine Qual zu lindern.
Nachdem sie sich einen Augenblick gesammelt hatte, sah sie Lucas offen und fest in die Augen. „Deine äußerlichen Attribute fesseln mich ehrlich gesagt am wenigsten …“
„Grace …“
„Viel interessanter finde ich deine Fähigkeit, dich zu tarnen und deinem Gegenüber etwas vorzumachen. Darin könntest du Unterricht geben. Dir selbst ist es offenbar längst zur zweiten Natur geworden. Du tust es immer … auch jetzt.“
8. KAPITEL
Am nächsten Nachmittag packte Grace angespannt ihren Koffer aus und bemühte sich, ihre Habseligkeiten in dem altertümlichen Schrank des winzigen Zimmers zu verstauen, das sie gemietet hatte. Und zwar im ‚Pig’s Head‘, dem einzigen Pub in dem verschlafenen Ort Wolfestone, der direkt an der Straße lag, die zu Wolfe Manor führte.
Seit sie gestern aus Lucas’ Büro geflohen war, hatte sie noch nicht einmal richtig durchgeatmet. Und schon gar nicht mochte sie sich ausmalen, was passiert wäre, wenn Charles Winthrops schmollmündige Sekretärin ihr beklemmendes Gespräch nicht unterbrochen hätte. Glücklicherweise hatte die kesse Blondine nichts von der Spannung gespürt, die in der Luft lag, sondern richtete Mr Wolfe nur strahlend aus, dass ihr Boss ihn dringend sehen wollte.
Eigentlich hätte Grace erleichtert sein müssen, dass sie beide nicht zum ersten Mal davor bewahrt wurden, ihre Beziehung in viel zu private Bahnen zu lenken. Stattdessen jedoch verspürte sie eher so etwas wie Enttäuschung.
Wie gut, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie Lucas Wolfe samt seinem verheerenden Charme ad acta legen konnte! Und die Zeit bis zur Gala war so angefüllt mit Arbeit, dass sie gar nicht mehr zum Nachdenken kommen würde. Das war nur gut so, nachdem sie zu ihrem Entsetzen hatte feststellen müssen, dass sie in seiner Gegenwart offenbar weder ihre Zunge hüten noch ihre Hände bei sich behalten konnte!
Grace schauderte. Was wohl als Nächstes passierte?
Als es klopfte, klappte sie den Koffer rasch zu, ging zur Tür und öffnete. Anstatt des erwarteten Zimmermädchens mit den Handtüchern stand Lucas auf der Schwelle und lächelte so siegesgewiss, als wäre er auf ihre ausdrückliche Einladung hin gekommen.
Sekundenlang schauten sie einander stumm an. Ob er auch gerade an die Fotos dachte … an die junge Gracie-Belle im knappen Bikini? Grace schluckte heftig und spürte, wie sie errötete.
Nichts an ihm erinnerte mehr an den gequälten, zynischen Mann von gestern. Wie er so lässig im Türrahmen lehnte, war er ganz nonchalanter Landedelmann. Der lokale Platzhirsch auf der Suche nach lohnender Beute. Das dunkle Haar wirkte so zerzaust, als hätte er mit allen zehn Fingern darin herumgewühlt. Statt des gewohnten italienischen Designeranzugs trug er zur engen, verblichenen Jeans ein weißes T-Shirt, das über seinen Brustmuskeln spannte, und es Grace fast unmöglich machte, ihm in die Augen zu schauen.
„Willst du mich nicht hereinbitten?“ Der neckende Tonfall passte nicht ganz zu dem eindringlichen Blick, mit dem er zunächst ihre flammenden Wangen und dann ihren ganzen Körper musterte.
„Warum sollte ich das tun? Hast du etwa vor, mich zu verführen?“
Grundgütiger! Bin ich denn völlig übergeschnappt?
Sein Lächeln glich jetzt mehr dem Zähneblecken eines gefährlichen Raubtiers. „Darf ich das als Einladung auffassen?“ In ihrer Hilflosigkeit wollte Grace die Tür einfach wieder schließen, doch das ließ er nicht zu. „Entspann dich“, riet Lucas ihr kühl, „ich wollte mich nur persönlich davon überzeugen, dass mit dir alles in Ordnung ist.“
„Ich weiß nicht, was du meinst“, murmelte sie, ließ ihn einfach in der Tür stehen und kehrte zu ihrem Koffer zurück, um zu demonstrieren, wie beschäftigt sie war.
„Oh, doch, das weißt du.“ Lucas trat ein, schloss die Tür und kam ihr nach. Als sie ihn dicht hinter sich spürte, ging Grace ums Bett herum, drehte den Koffer in ihre Richtung und klappte ihn auf. So wirkte der Deckel wie ein Schutzschild. Das Zimmer schien plötzlich noch kleiner und enger zu sein als zuvor. Vielleicht bekam sie deshalb so schlecht Luft.
„Ich hatte keine Ahnung, dass du auch noch
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