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Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nelson
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des Wagens, öffnete die Tür und nahm eine Flasche vom Sitz. »Trink ihn am Eröffnungsabend«, sagte er und reichte ihr die Flasche.
    Sie betrachtete das Etikett. »Ein 1990er Solaia, wie der, den wir …«
    »Genau, den wir in Taormina getrunken haben«, beendete er den Satz.
    »Ein Antinori-Meisterwerk, wenn ich mich recht erinnere. «
    »Du musst einen guten Lehrer gehabt haben.«

    »Hatte ich«, erwiderte sie. »Danke, Gianni. Dafür«, sie hielt die Flasche in die Höhe, »und für alles andere.« Sie küsste ihn zum Abschied, erst auf beide Wangen und dann auf seine wunderbaren Lippen.
    Gianni stieg wieder ein und legte den ersten Gang ein. »Arrivederci, Georgia, und viel Glück.« Der Wagen rollte ein paar Meter und blieb stehen. Gianni beugte sich aus dem Fenster. »Georgia«, rief er.
    »Ja?«
    »Vergiss deine Freunde in San Casciano nicht, wenn du eine berühmte Restaurantbesitzerin in New York City geworden bist.«
    »Niemals«, rief sie zurück. »Euch werde ich nie vergessen. « Sie grinste, und obwohl es so gar nicht der richtige Moment dafür war, ließ sie einen ohrenbetäubenden Pfiff los.

19
    O hne Fanfaren und ohne großes Hallo betrat Georgia wieder heimischen Boden. Keine »Willkommen daheim«-Transparente, keine winkenden Freunde, kein Verlobter mit einem Blumenstrauß in der Hand. Es war, als kehrte sie von einer kurzen Geschäftsreise nach Cleveland oder Detroit zurück. Da in New York nie jemand vom Flughafen abgeholt wurde, hatte Georgia auch nicht viel erwartet. Aber sie hatte Clem und Lo trotzdem ihre Ankunftszeiten gemailt, nur für alle Fälle.
    Die Aussicht von dem mit Klebeband geflickten Rücksitz des Taxis war die gleiche wie vor fünf Monaten: schachtelförmige Gebäude entlang der Van Wyck, ein farbloser Himmel und der unvermeidliche Lufterfrischer, der am Rückspiegel baumelte. Geländewagen mit zwei Insassen, manchmal nur mit dem Fahrer, donnerten an ihrem Taxi vorbei und hupten schon beim geringsten Ansatz eines falschen Spurwechsels.
    Aus dem Autoradio plärrte indische Dudelmusik (oder war es pakistanische?), und Georgia spürte ihre Verbindung zu San Casciano — ihren Freunden, dem Restaurant, der Landschaft, den Gerüchen, dem Essen — bereits langsam abreißen. Kaum zu glauben, dass Vanessa sie erst gestern zum Flughafen gefahren und ihr vorher noch vakuumverpackte Pecorino- und Piave-Stücke in den Koffer gepackt hatte.
    Das Taxi fuhr sie bis zu ihrem Apartmenthaus, und ein Portier, den sie nicht kannte, sah seelenruhig zu, wie sie ihr
Gepäck auf dem Gehsteig abstellte, offenbar nicht gewillt, seinen gemütlichen Sessel in der Portierloge zu verlassen.
    »Sind Sie die Untermieterin von Mark und Tom?«, erkundigte er sich wichtigtuerisch, als sie bepackt wie ein Esel durch die Tür gewankt kam und keuchend ihre Wohnungsnummer verkündete.
    Georgia schaute ihn nur ausdruckslos an, denn sie konnte sich nicht an die Namen von Clems Bruder oder seinem Freund erinnern, denen sie ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit überlassen hatte.
    »Nein«, erwiderte sie immer noch atemlos. »Das ist meine Wohnung. Ich war unterwegs, und jetzt bin ich wieder zurück. Für immer, glaube ich.« Sie lächelte, obwohl ihr nicht nach Lächeln zumute war.
    »Die Jungs waren echt cool.« Er streckte sein spitzes Kinn mit dem Ziegenbart durchs Logenfenster. »Zu schade, dass sie weg sind.«
    »Ja«, meinte Georgia. »Ich nehme an, Sie wollen mir nicht mit dem Gepäck helfen?«
    Ein Lieferjunge, der eine Pizzaschachtel auf einer Hand balancierte, erschien in der Eingangstür. Der Portier schielte auf den Zettel, der an der Schachtel klebte, und dann auf Georgias Gepäck. »Sorry. Muss 15D anrufen und melden, dass ihre Pizza da ist.« Dann zuckte er mit den Schultern, drehte ihr den Rücken zu und ließ sie ihre Taschen und den Koffer allein zum Aufzug schleppen.
    In der achten Etage roch es wie in einer Kneipe vor Einführung des Rauchverbots. Eine dünne Rauchwolke hing in der Luft, und die langweilige Streifentapete, mit der man kurz vor ihrer Abreise die Flure verschönert hatte, begann bereits zu vergilben. Mit einem ersten, vorsichtigen Schritt zurück in ihr New Yorker Leben drehte sie den Schlüssel im
Schloss ihrer Wohnungstür und hielt dabei gespannt den Atem an.
    Die Wohnung war pieksauber. Vermutlich hatte Clem ihrem Bruder aufgetragen, eine Putzfrau anzuheuern, denn im Allgemeinen waren College-Jungs nicht für ihre Liebe zu Schrubbern und Scheuerlappen bekannt. Sie stellte

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