Kuessen al dente - Roman
gekostet, seit ich hier arbeite, Mr. San…, ich meine, Luca?«
»Noch nicht. Aber heute Abend werde ich mit ein paar Freunden hier speisen. Wir sind zu zehnt. Dann hören Sie unsere Meinung. Aber zuerst wollte ich Sie einfach mal kennenlernen – die berühmte Georgia, über die jeder spricht.«
»Die Georgia, über die jeder spricht«, wiederholte sie nachdenklich. »Ich bin mir nicht sicher, ob das gut ist oder schlecht.«
»Das werden Sie nach diesem Abendessen erfahren.« Lucas Handy klingelte, und die Espressotasse zerschellte auf den Terrakottafliesen. Er zuckte nicht mal mit der Wimper. » Pronto «, brüllte er ins Telefon. Dann nahm er es kurz vom Ohr und wandte sich zu Georgia um. »Entschuldigen Sie mich. Vielen Dank einstweilen, Georgia.«
Georgia sammelte ihre Mütze und die Handschuhe ein und durchquerte das Lokal so selbstbewusst, wie es ihr im Moment möglich war. Wenn Luca Santini ihr Essen nicht schmeckte, war sie geliefert, Onkel Gino hin oder her.
Pablo, der Oberkellner im Tuscan Oven, kam in die Küche und blieb vor Georgia stehen. Er war Spanier, eine elegante Erscheinung und der einzige Ober, von dem Luca sich bedienen ließ. Er musste, so wollte es die Legende des Tuscan Oven, sogar einmal seinen jährlichen Heimaturlaub in Madrid verschieben, weil Luca sich spontan in New York angesagt hatte.
»Und?«, fragte sie.
Er zupfte seine Fliege zurecht – selbst gebunden, nicht zum
Anstecken – und räusperte sich geziert. »Noch zu früh, um was zu sagen.«
Nervös lief Georgia durch die recht ungeschickt geplante Küche und versuchte dabei, keinen der anderen Köche anzurempeln. Die kalten und warmen Vorspeisen – Polenta mit Pilzen, Kichererbsensuppe und eine neapolitanische Pastete, deren Zubereitung Ewigkeiten gedauert hatte – waren abgetragen, und jetzt marschierten die Kellner hintereinander an Lucas Tisch, beladen mit Platten mit knusprig gebratenem Pollo alla Capricciosa, Schweinelendchen mit Rosmarin und Knoblauch und Seezunge mit Spinat.
Daniel, der Geschäftsführer, steckte den Kopf in die Küche. »Georgia, auf ein Wort.«
Die gesamte Küchenbrigade erstarrte. Obwohl es den Mitarbeitern wahrscheinlich ziemlich einerlei war, was mit Georgia passierte, wollten sie doch nichts verpassen.
»Ein Wort«, wiederholte Daniel. »Draußen. Mit Luca.«
»Machst du Witze?«
Daniel zuckte nur die Achseln. »Puder dir mal die Nase. Die glänzt ein bisschen.«
»Sorry, Daniel, ich schleppe meinen Schminkkoffer nicht mit in die Küche.«
»Hast du wenigstens einen Lippenstift dabei?«
Georgia angelte in ihrer Jackentasche nach dem Lipgloss und fuhr sich damit ein paarmal über die Lippen. Dann zupfte sie ihre Kochjacke zurecht, ging sich mit den Fingern durch die Haare und versuchte, die Krause von Faktor sechs auf eine tolerierbare Drei zu glätten. »Natürlich habe ich einen Lippenstift, Daniel.« Sie marschierte ins Lokal und spürte, wie sich ihr Magen in einem plötzlichen Anfall von Déjà-vu verkrampfte. Huggy Henderson hatte sie an diesem letzten Abend im Marco sprechen wollen. Am nächsten Tag hatte
Bernard sie gefeuert. Besuche am Tisch waren nicht wirklich Georgias Ding.
Luca stand auf, als er sie kommen sah. Seine Gesellschaft bestand aus einer Handvoll kurvenreicher Blondinen und zwei Männern, die aussahen wie Blaupausen ihres Gastgebers, nur stämmiger.
»Georgia«, sagte er. »Das Essen war fantastisch. Und die Timbale! So eine Pastete habe ich seit Jahren nicht mehr gegessen. Sie war genauso gut wie die meiner Nonna.« Er küsste seine Fingerspitzen und ließ ein anerkennendes Schmatzen hören.
»Freut mich, dass es Ihnen geschmeckt hat. Danke, Luca.«
Seine Gäste murmelten jetzt ebenfalls Zustimmung. Georgia hatte jedoch den Eindruck, dass sie ihnen auch Schuhsohlen hätte servieren können, und wenn Luca behauptete, dass es das beste Gericht war, das er je gegessen habe, dann hätten sie eifrig genickt, während sie sich heimlich zerkaute Lederfasern aus den teuren Porzellankronen pulten.
»Ich begleite Sie zurück in die Küche.« Er nahm ihren Ellbogen und dirigierte sie stattdessen an die Bar. »Ein Drink?«
»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee wäre. Es ist nicht sehr professionell, wenn ich während meiner Schicht an der Bar sitze und trinke.«
»Glauben Sie, dass ich Sie entlasse?«
»Nein, glaube ich nicht«, antwortete sie.
»John«, sagte Luca zu dem Barkeeper. »Zwei Gläser von dem Lafite Rothschild. Dem Zweiundachtziger, den du
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